Die Fahrt Zu Den Sternen
Ihnen kommen aus irgendeiner Hinterweltler-Sterngegend, wo anscheinend kein Mensch nach Vorschrift fliegt; laut der Pilotin machen sie sich ihre Flugregeln dort einfach selbst, ganz wie es ihnen gerade paßt.
Sie tut sich verteufelt schwer damit, meinen Anweisungen zu folgen – sie wiederholt dauernd bloß: ›Ich höre Sie‹ und macht dann doch irgend etwas völlig anderes.«
Einen kurzen Moment lang trauerte Rafik den alten Tagen des Ersten Propheten nach, als in einigen Teilen der Erde das Buch des Propheten unter anderem so ausgelegt worden war, daß es Frauen nicht erlaubt sei, Fahrzeuge zu lenken.
Als er dann endlich im Bodenhangar zum Stillstand kam, war er in solcher Eile, Delszaki Lis Privatquartier zu erreichen, und zudem viel zu besorgt um Acorna, als daß er sich noch einen Deut um die doch ziemlich eigenartige Bauweise des Schiffs geschert hätte, das den Landeablauf so sehr ins Stocken gebracht hatte. Oder gar um die pummelige kleine Frau in dem weiten, lavendelfarbenen Gewand, die aus dem Raumer kam und eine Ausstiegstreppe hinunterstieg, die viel zu steil für ihre kurzen Beine war. Statt dessen grüßte er nur flüchtig die Wachen der Mondbasis; er wurde von ihnen sogleich erkannt und daher ohne die üblichen, zeitraubenden Identifikationsformalitäten und Durchsuchungen nach Schmuggelware durchgelassen, denen sich auf Maganos einreisende Fremde unterziehen mußten. Ein alter Freund von ihm aus seiner Zeit bei der MME leitete jetzt die Erzgewinnungs- und Veredelungs-Abteilung der Mondbasis und ließ ihn eine eigentlich verbotene Abkürzung nehmen und auf einem Förderband mitfahren, das strenggenommen nur dafür gedacht war, zu Pulver zermahlenen Regolith zur Sauerstoffgewinnungsanlage zu transportieren. Dies ermöglichte Rafik, Delszaki Lis Quartier bereits kurz nach der Landung zu erreichen, gute zehn Minuten, bevor man ihn eigentlich dort erwartet hatte.
»Wo IST sie? Geht es ihr gut?« verlangte er zu wissen, kaum daß er sich durch die ovale Sichelblendentür gezwängt hatte, viel zu ungeduldig, um abzuwarten, bis die Irisglieder sich vollständig in den Schottrahmen zurückgezogen hatten.
Gill und Judit saßen im Vorraum und hielten sich an den Händen. Judit sah aus, als ob sie geweint hätte; Gill trieb die Frage eine tiefe Röte ins Gesicht.
»Es gibt keinerlei Veranlassung anzunehmen, daß Acorna in irgendwelchen Schwierigkeiten steckt«, meinte Judit.
Gill schluckte schwer. »Natürlich nicht. Acorna wird mit jedem Problem fertig, dem sie begegnen könnte, und Calum…
nun, Calum ist auch ziemlich helle, das weißt du ja, Rafik.«
»Calum«, widersprach Rafik mit Sarkasmus, »hat nicht mal soviel gesunden Menschenverstand, wie die Propheten ihn einem Kanarienvogel schenken würden. Und wenn wir tatsächlich auf ihn setzen, um Acorna aus Schwierigkeiten herauszuhalten, ist es kein Wunder, daß Onkel Hafiz sich Sorgen um sie gemacht hat! WO IST SIE?«
»Hafiz?« rief Judit verblüfft aus. »Wie hat er das denn herausgefunden?«
»Was herausgefunden?«
»Na ja…« Judit gestikulierte hilflos. »Weswegen hat er sich denn Sorgen gemacht?«
»Keine Ahnung, und im Augenblick kann ich das auch nicht in Erfahrung bringen.« Rafik berichtete von dem verstümmelten Funkspruch, den er erhalten hatte, kurz bevor ein planetenumspannender Energieschild sämtlichen Reise-und Kommunikationsverkehr nach und mit Laboue abgeschnitten hatte.
»Und du meinst, daß Acorna sich in Gefahr befinden könnte?«
»Was auch immer diese Geschichte bedeuten mag«, erklärte Rafik, »es kann jedenfalls nichts Gutes sein. Kommunikation und Handel sind das Fundament für den Wohlstand des Hauses Harakamian. Solange Laboue in dieser Weise von der Außenwelt abgeschnitten bleibt, kann Onkel Hafiz weder den aktuellen Stand seiner, ähm, interplanetaren Operationen überprüfen noch seine Konkurrenz im Auge behalten oder irgendwelche seiner anderen, ähm, gewöhnlichen Finanz- und Handelsgeschäfte wahrnehmen. Er hätte das also nicht getan, wenn nicht irgend etwas da draußen ihm eine Heidenangst eingejagt hätte.« Er ließ sich diese Feststellung noch einmal einen Moment lang durch den Kopf gehen. »Tatsächlich hätte ich nie geglaubt, daß es überhaupt etwas gibt, das Onkel Hafiz nervös genug machen könnte, um auf ein Viertelprozent Gewinn aus dem Skarrness-Staffelrennen zu verzichten… den er inzwischen verloren haben wird, weil er nicht verfügbar war, um eine Geldüberweisung zu genehmigen, bevor
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