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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Das Gesicht war ihm nicht unbekannt. Es handelte sich um die Magd aus Oxenstiernas Haushalt. Die Frau, die ihm das Gift in den Wein gemischt hatte.
    |201| Sie schaute ihn erstaunt an. Gewiß verwunderte es sie, ihm hier zu begegnen. Der Gedanke an die Schmerzen, die er durchgestanden hatte, ließ seine Finger fester zudrücken. Die Frau jaulte auf, dann spuckte sie ihm so unvermittelt ins Gesicht, daß es Magnus nicht mehr gelang, sich schnell genug abzuwenden. Er wollte sie ohrfeigen, doch bevor er seine Hand gegen die Furie erheben konnte, rief die Königin ihnen zu: »Laßt sie auf der Stelle los!«
    Der Gardist zögerte kurz, dann folgte er dem Befehl der Königin und entließ die Frau aus seinem Griff. Diese rückte fauchend von ihm ab und neigte ihr Haupt vor Christina. »Ich danke Euch, Majestät, daß Ihr mich aus der Gewalt dieses Holzkopfes befreit habt.«
    Die Königin nickte und lächelte. »Ich freue mich, Euch hier zu sehen, Malin.«
    »Ihr kennt diese Frau?« fragte Pater Vigan, der das Geschehen bislang stumm verfolgt hatte.
    Christina faßte nach der Hand der Frau. »Sie ist ganz gewiß nicht hier eingedrungen, um mir Schaden zuzufügen. Malin Sörenstam ist eine meiner besten Agentinnen. Ich selbst habe sie bereits Wochen vor meiner Abreise nach Deutschland geschickt, denn niemand, der in meinen Diensten steht, versteht sich besser darauf, an Informationen zu gelangen, die vor meinen Augen verborgen bleiben sollen. Und ich habe sie angewiesen, mit mir an diesem Ort zusammenzutreffen.«
    Magnus wischte sein Gesicht mit einem Tuch ab. Seine Wut über die Unverschämtheit dieses Weibes kochte noch immer in ihm, doch ihr Name ließ ihn aufhorchen, und er runzelte die Stirn. »Sörenstam?« Er wandte sich zu Vigan um. »Das war der Name des Boten, der Euch die Depesche der Königin überbracht hat.«
    »Jasper Sörenstam«, bestätigte Vigan. »So hat er sich mir vorgestellt.«
    |202| »Jasper Sörenstam ist mein Bruder«, sagte die Frau. »Wo hält er sich auf? Hier im Kolleg?«
    Vigan zögerte einen Moment, bevor er antwortete: »Ich befürchte, Euer Bruder wurde auf dem Weg von Osnabrück nach Münster getötet.«
    »Was sagt Ihr da?« Malin Sörenstams Hände zitterten ein wenig, doch im nächsten Moment trat sie aufgebracht auf Vigan zu. »Ihr müßt Euch irren.«
    Vigans Augen wanderten von Magnus zu Anneke und zurück. »Herr Ohlin und dieses Mädchen haben die Leiche des Boten mit eigenen Augen gesehen. Er wurde von einem Mann ermordet, der sich unter dem Namen Sörenstam mein Vertrauen erschlichen hat.«
    Malin Sörenstams Augen verengten sich, und sie fixierte Magnus verächtlich. »Ich glaube Ohlin kein Wort«, sagte sie. »Der Verräter spielt ein falsches Spiel mit uns.« Sie baute sich vor Magnus auf. Er befürchtete schon, sie würde ihm noch einmal ins Gesicht spucken, doch statt dessen spie sie ihm nur weitere bittere Worte entgegen.
    »
Ihr
seid nach Münster gekommen, um die Königin zu töten. Ihr und Euer Mentor Ove Dahlgren. Sagt uns, habt Ihr Dahlgren bereits in das Kolleg geschafft?«
    Magnus bemerkte, daß Königin Christina, Vigan, Elisson und selbst Anneke ihn mit zweifelnden Blicken musterten. Die Anschuldigungen, die Malin Sörenstam gegen ihn vorbrachte, waren lächerlich, und doch zögerte er mit einer Erwiderung, denn ihn beschäftigte eine andere Frage.
    Wer, zum Himmel, war Ove Dahlgren?

    Die Korridore des Kolleggebäudes lagen in tiefer Dunkelheit vor ihnen. Dahlgren setzte seine Schritte sehr vorsichtig, weil er befürchtete, jeden Augenblick über eine Stufe zu stolpern oder gegen eine Wand zu stoßen. Kjell Ekholm, der ja einige Tage im Kolleg verbracht hatte und mit der |203| Umgebung vertrauter war, lief voran und leitete ihn durch das Refektorium zu der Treppe, die zum Obergeschoß führte, auf dem Königin Christina untergebracht worden war.
    Bislang hatten sie diesen Weg ohne Schwierigkeiten zurückgelegt. Während der Nacht war es im Kolleg wie ausgestorben. Niemand hatte sie bemerkt, und Dahlgren blieb zuversichtlich, daß ihnen erst dann Gefahr drohte, wenn sie auf die Leibwächter der Königin trafen.
    Als sie eine Biegung erreichten, blieb Ekholm plötzlich abrupt stehen und drängte Dahlgren zurück.
    »Eine Wache«, raunte Ekholm. Auf diesem Korridor gab es mehrere Fenster, durch die das fahle Mondlicht zumindest die Umrisse der Umgebung erkennen ließ. »Der Mann hat am Ende des Korridors seinen Posten bezogen.«
    »Bist du sicher, daß es eine Wache

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