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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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zurück.
    »Bitte nicht, Majestät«, sagte er.
    »Die Wunde muß behandelt werden«, meinte Malin Sörenstam. »Sonst wird sie sich entzünden.«
    Ohlin verzog das Gesicht. »Euch kann es doch nur recht sein, wenn ich Euch nicht mehr im Weg wäre.«
    »Sturer Esel«, zischte sie.
    »Ich hätte einen Vorschlag zu machen«, mischte sich Anneke ein. Alle Augenpaare richteten sich auf sie. »Wir werden bald die Schenke meines Dienstherrn erreichen. Dort könnten wir eine Rast einlegen und Herrn Ohlins Wunde versorgen.«
    »Unsinn«, knurrte Ohlin. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Königin muß zu Johan Adler Salvius nach Osnabrück gebracht werden. Jede Verzögerung gefährdet ihr Leben.«
    Malin Sörenstam blickte die Straße hinunter. »Wir sind nicht länger auf der Flucht. Dahlgren ist tot oder zumindest so schwer verletzt, daß er uns nicht mehr folgen kann. Warum sollen wir also keine Rast einlegen?«
    »Wir würden Osnabrück nicht mehr vor Einbruch der Dämmerung erreichen und müßten die Nacht in der Schenke verbringen«, klagte Ohlin.
    |236| »Und wenn schon«, sagte die Königin. »Ich finde, das ist eine hervorragende Idee. Anneke und ich sind es leid, den Gestank in der Kutsche zu ertragen.« Sie lächelte Ohlin an. »Ihr werdet Euch doch gewiß nicht dem Wunsch Eurer Königin widersetzen wollen.«
    Ohlin seufzte und gab sich geschlagen, äußerte aber noch letzte Bedenken. »Und der Tote? Wie sollen wir es erklären, daß wir eine Leiche mit uns führen?«
    »Sagt den Wirtsleuten, wir wären von Wegelagerern überfallen worden«, schlug Anneke vor. »Banditen oder marodierende Soldaten, die den Kutscher getötet und Euch verletzt haben, bevor wir ihnen entkommen konnten.«
    »Wird man uns das glauben?« fragte Malin Sörenstam.
    »Ich bin der Wirtin bereits begegnet«, erwiderte Ohlin. »Sie würde uns jeden Unsinn glauben, wenn wir Ihr diese Behauptungen nur großzügig genug vergüten.« Er schaute zu Christina. »Also bleibt Ihr weiterhin der Sohn des Grafen, der der schwedischen Gesandtschaft eine Nachricht überbringt.«
    »Eine Rolle, die mir inzwischen sogar gefällt«, sagte die Königin, und ihre Stimme war nun wieder so tief wie die eines Mannes. Sie schob den Hut tiefer ins Gesicht und rülpste laut. Anneke schmunzelte. Niemand, weder Seybert, Lucia, Lene oder Wendel, würde diesen ungehobelten Burschen für eine Frau halten.

    »Dort ist es. Seht Ihr die Schenke?« Anneke deutete auf die Gebäude, die hinter dem Waldhain auftauchten. Sie saß inzwischen neben Malin Sörenstam auf dem Bock, nachdem der verletzte und entkräftete Ohlin neben der Königin in der Kutsche Platz genommen hatte.
    Malin Sörenstam rümpfte die Nase. »Nicht unbedingt ein angemessenes Quartier für eine Königin.«
    »Nicht für eine Königin«, stimmte Anneke ihr zu, »aber |237| sehr wohl für einen Jüngling des Kleinadels, der sich auf der Reise nach Osnabrück befindet.«
    Als sich die Kutsche dem Hofplatz der Schenke näherte, trat Lene aus dem Stallgebäude. Auf ihrem Gesicht zeigte sich zunächst ein Staunen, dann eine große Erleichterung, als sie Anneke auf dem Kutschbock erkannte.
    Anneke lachte und winkte Lene zu, woraufhin diese sofort auf das Haus zustürzte und ausrief: »Sie ist zurück! Anneke kommt heim!«
    Noch bevor Malin Sörenstam die Pferde auf dem Hof zum Stehen brachte, hatten sich bereits Seybert und Lucia und auch Wendel vor der Schenke versammelt und verfolgten neugierig, wie Anneke vom Bock sprang und auf Lene zulief.
    »Da bist du endlich wieder«, meinte Lene und drückte Anneke an sich.
    »Bist also nicht traurig, daß du dein Bett wieder mit mir teilen mußt?« Sie nahm Lenes Kopf in ihre Hände und küßte sie auf die Stirn.
    Königin Christina und Magnus Ohlin hatten unterdessen die Kutsche verlassen. Die Königin legte einen Arm um Ohlin und stützte ihn, als er auf die Monsbachs zuhumpelte.
    »Was ist Euch geschehen?« wollte Seybert wissen.
    »Ein Überfall«, behauptete Ohlin. »Als wir eine Rast eingelegt hatten, fiel ein halbes Dutzend abgerissener Mordgesellen, das bis an die Zähne mit Messern und Pistolen bewaffnet war, über uns her. Sie haben den Kutscher erschossen und mich an der Hüfte erwischt. Zum Glück ließen sie von uns ab, nachdem sie das Gepäck unserer Begleiter gestohlen haben.«
    Anneke befand, daß Ohlin einen überzeugenden Lügner abgab. Aber würden Seybert und Lucia diese Geschichte wirklich glauben? Beide runzelten die Stirn, doch dann rief |238|

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