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Die Falken und das Glück - Roman

Die Falken und das Glück - Roman

Titel: Die Falken und das Glück - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reber Sabine
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über das Otterfell. Und in Gedanken geht Granuaile abermals ihre Waffenvorräte durch: Messer, Säbel, Schwerter, Speere: blitzblank und aufs Sorgfältigste geschärft. Streitäxte. Schießpulver. Und die Bordkanone.
    Es ist alles bereit.
    Sie reibt sich die Hände, legt sich wieder ins Bett.
    Versucht, an etwas anderes als den bevorstehenden Morgen zu denken.
    Die Klügeren werden überleben, hat ihr Vater gesagt, als Granuaile ihm vom Tod ihres Mannes Donal O’Flaherty berichtete, die Klügeren, nicht die Stärkeren.
    Ich bin klug und stark, hat sie geantwortet, und ihr Vater klopfte ihr auf die Schulter, als wäre sie ein Mann.
    Und Granuaile wich keinen Millimeter zurück.
    Das Otterfell riecht nach Meer, nach ihrem Schweiß.
    Seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr benutzt sie das Fell als Seedecke; ihr Vater hat es ihr in einer kalten Atlantiknacht geschenkt, als sie ihn auf einer seiner Reisen nach Frankreich, Spanien und Portugal begleitete. In der Burg von Bunowen hat sie in Wäsche aus Seide und unter Entendaunen geschlafen, obwohl sie das Bett seit Jahren nicht mehr mit ihrem Ehemann teilte.
    Wie lange kein Mann mehr mit ihr unter dem Otterfell gelegen hat!
    Sie denkt an den jungen Geigenspieler in Bordeaux, den sie verführt hat, als ihre Karavelle dort vor Anker lag, und der ein französisches Lied für sie komponierte, das ihre Kraft und Schönheit pries und das er zu ihren Füßen kniend vortrug, bevor er zu ihr ins Bett stieg.
    Und sie denkt an ihren Vertrauten Tuathal, der nur auf eine Gelegenheit wartet, an die Stelle ihres verstorbenen Gatten Donal zu treten. Er begehrt sie schon lange, er macht sich Hoffnungen. Das erkennt sie in seinem Blick.
    Der Anstand befiehlt ihm zu warten, nichts sonst.
    Seit Donals Tod sind fünf Wochen vergangen.
    Der Bote hatte sein Pferd an der alten Eiche vor der Mauer festgebunden, war zu Fuß über den Hof gekommen, in dem Granuaile einer neuen Magd zeigte, wie sie die Wäsche aufgehängt haben wollte. Der Bote bewegte sich so langsam auf sie zu, dass die Hausherrin glaubte, der Tag halte den Atem an, um die Botschaft aufzunehmen. Die Knechte verstummten, die Magd ließ die Tücher in den Zuber klatschen, die Schweine hörten auf, im Dreck zu wühlen. Sogar die Kriegspferde im Hof erstarrten. Minutenlang bellte nicht einer von Donals abgerichteten Jagdhunden.
    An jenem Septembermorgen im Jahr 1564 war die Zeit in Bunowen für einige Minuten stillgestanden.
    Und auch Granuaile hielt den Atem an.
    Sie konnte die Nachricht im Gesicht des Boten ablesen, bevor er den Mund öffnete: Ihr Mann von seinen Feinden ermordet! Er, der kein Unrecht ungerächt ließ! Donal der Schlächter hat durch ein Schwert der Joyces den Heldentod gefunden! Er, der bei weitem nicht der schlechteste Führer der O’Flahertys gewesen ist! Der auch die Feinde seiner Freunde zu seinen Feinden machte! Nun ist er im Kampf gefallen, und wir werden ihn vermissen, werden ihn in den Kneipen und auf künftigen Schlachtfeldern schmerzlich vermissen.
    Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, überreichte der Bote der Witwe das Nickelschwert, das er dem Gefallenen vom Gürtel genommen hatte. Sie strich über das speckige, blutbefleckte Lederfutteral mit den drei eingebrannten Buchstaben F: Fortuna favet fortibus. Sie hatte den Wahlspruch der O’Flahertys stets für einen schlechten Scherz gehalten, aber Donal hatte sein Familienmotto mit Stolz gegen ihre Sticheleien verteidigt. Es waren die einzigen lateinischen Wörter, die er kannte. Nicht einmal seinen Namen konnte er buchstabieren.
    Schweigend hob Granuaile die rechte Hand. Ihre Finger umklammerten den Griff der Waffe, die sie zu Donals Lebzeiten niemals hätte anfassen dürfen. Wie viele Gegner hatte er damit getötet, hatte er damit geköpft? Sie sah vor sich, wie dies kalte Stück Metall den Hals des loyalen Walter Fada durchtrennte.
    Man hatte ihr berichtet, mit welcher Wonne Donal dem einstmals Verbündeten bei lebendigem Leib die Beine mit der Axt abhackte, bevor er ihm endlich die Kehle durchschnitt und ihn erlöste.
    Sie strich mit dem Zeigefinger über die Klinge, und ihr Blut tropfte auf das blanke Metall. Sie kippte das Schwert und ließ die Tropfen langsam über die Klinge laufen. Wartete, bis sich das rote Rinnsal erschöpfte.
    Als sie aufsah, waren alle Augen auf sie gerichtet.
    Niemand wagte es, sich zu rühren.
    Granuaile presst ihre Handflächen gegen die Mauer. Die Kälte des Steins durchfährt sie, an ihren Unterarmen stellen sich die

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