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Die Falken und das Glück - Roman

Die Falken und das Glück - Roman

Titel: Die Falken und das Glück - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reber Sabine
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sie von einer Schlacht zurückkamen, die Donal angezettelt hatte.
    Aber diesmal kehrte ihr Anführer mit den Füßen voran heim.
    Die Joyces sind in die Burg eingezogen, hatten die Geschlagenen mit letzter Kraft berichtet, wir haben nicht nur unseren Clanführer verloren, sie haben uns auch Cock’s Castle genommen! Die Burg, um die Donal zeitlebens gekämpft hatte wie ein Hahn! Sie tanzten um seine Leiche herum und sangen höhnische Verse! Sie verspotteten ihn sogar als Brathuhn!
    Ulick O’Flaherty baute sich neben Granuaile auf. Der junge Mann trommelte mit den Fäusten auf seine Brust und verlangte Rache: Ich werde sie aufschlitzen, die Hundesöhne, jeden einzelnen! Tuathal, der sich eine Schlacht nur ungern entgehen ließ, stimmte in das Kriegsgeheul des jüngeren Galeerenkapitäns mit ein. Granuaile schrie: Ich mache Cock’s Castle zu meinem Schloss! Und es soll fortan das Schloss des Huhns heißen!
    Donals Männer hatten an dem blutgetränkten Überhang gezupft, der die Leiche bedeckte, und die Witwe daran erinnert, dass der Kriegerkönig Brian Boru seinerzeit ganze zwölf Tage und Nächte lang aufgebahrt worden war.
    Granuaile schlug das Tuch zurück, warf einen Blick auf das wächserne Gesicht ihres toten Gatten und wandte sich ab.
    Sie wollte allein sein.
    Sie drückt ihr Gesicht in das Otterfell.
    Nein, sie kämpft nicht mit den Tränen, nicht Granuaile, die Tochter von Dubhdara, den seine Untertanen ehrfürchtig Schwarze Eiche nannten.
    Sie steht auf und legt Torf nach. Der bläuliche Rauch qualmt in den Raum, der beißende Geruch steigt ihr in die Nase. Sie schneuzt sich. Nein, sie weint nicht, sie nicht, nie.
    Eine halbe Stunde hatte sie um ihren gefallenen Mann getrauert, dann wischte sie sich mit dem wollenen Umhang über das Gesicht und machte sich an die Arbeit.
    Sie beschloss, Donal drei Tage und drei Nächte zu gewähren.
    Mehr ließe das für die Jahreszeit zu warme Wetter nicht zu.
    Mehr hatte er nicht verdient.
    Die Leiche war im Hof aufgebahrt worden. Granuaile ließ rund um die Uhr Fackeln neben dem Toten brennen, zu jeder Stunde des Kanons einen Priester die Totenglocke läuten. Sie organisierte Leichenspiele zu Ehren des Gefallenen. Sowohl in den Hallen von Bunowen wie in Donals zweiter Burg in Ballinahinch wurde je ein großer Leichenschmaus aufgetischt, und die Tafeln waren so reicht gedeckt, dass die Untertanen noch wochenlang von den Resten zehren konnten.
    Sie ließ es sich nicht nehmen, Donal mit allen Ehren eines Helden zu bestatten, obwohl er in ihrer Ehe keiner gewesen war – seine größte Leistung war es, dass er sie dreimal geschwängert hatte.
    In der Grabrede wurde sein Versagen genauso verschwiegen wie auch die Dummheit, mit der er sich in die Falle der Joyces gestürzt und prompt den Tod gefunden hatte.
    Sie hatte angeordnet, dass man ihn lobte, nichts als lobte. Wortreich besangen die Barden den Heldenmut ihres wilden und grausamen Clanführers. Lügen, dachte Granuaile und rieb sich die Hände, Lügen.
    Über ihrem Kopf trampeln die Wachen, rasseln mit den Säbeln. Es wird zwei Uhr morgens sein.
    Die Talgkerze rußt. Schwarze Fetzchen steigen in die Höhe, segeln hin, segeln her, senken sich und schweben endlich auf den Tisch hinab. Granuaile beugt sich darüber, um ihr Orakel zu lesen. Sieht zwei Königinnen, die einander Aug in Aug gegenüberstehen. Einen starken Mann, dem die beste Burg an der ganzen Westküste gehört, und sie sieht einen weiteren Sohn.
    Die vier Leibwächter ihres verstorbenen Mannes hatten den Sarg an Granuaile vorbeigetragen, und sie hatte die Augen niedergeschlagen.
    Ein Priester hielt die Grabrede, dann legte Owen, der älteste Sohn, als Zeichen der Ehrerbietung seine Streitaxt auf den Sarg. Murrough legte ein vergoldetes Messer daneben, die anderen Trauergäste warfen ihre Gaben ins Grab. Nur seine Witwe hatte Donal O’Flaherty nichts auf den letzten Weg mitzugeben.
    Versteinert stand sie am offenen Grab, hatte keinen Blick für den Sarg; sie beobachtete ihre Kinder, die ihr fremd waren. Donals sture Gesichtszüge hatten sich unverkennbar auf die Knabengesichter gelegt.
    Und von ihr hatten sie nichts geerbt?
    Wo blieb die Vernunft?
    Ihre Tochter Margret, sie wirkte für ihre vierzehn Jahre sehr weiblich, würde standesgemäß heiraten und eine tadellose Hausfrau werden. Die Gastfamilie hatte sie gut angezogen und ernährt. Sie hatte eine gesunde Gesichtsfarbe, ihr langes, schwarzes Haar glänzte. Granuaile beschloss, ihre Tochter so lange wie

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