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Die Falken und das Glück - Roman

Die Falken und das Glück - Roman

Titel: Die Falken und das Glück - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reber Sabine
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Haare auf. Der Turm muss ihr Kraft geben, ihr Turm.
    Hundertfünfzig O’Malleys und O’Flahertys stehen in ihren Diensten, ihr Leben hängt von Granuaile ab. Die Verantwortung über die hundert schottischen Krieger hat sie sich selber eingebrockt, die hätte sie nicht anheuern müssen. Sie hat sich zu viel auf den Teller gehäuft.
    Die Männer werden Unterkünfte für den Winter brauchen. Um die Burg herum gibt es Stein- und Lehmhütten, die mit Stroh gedeckt sind. Dort leben Fischerfamilien, die sie nicht vertreiben will.
    Einen Moment lang überlegt sie, ihren Kriegern und Ruderern das untere Stockwerk des Turms mit dem großen Kamin zu überlassen – so wie man einen Hund bei schlechtem Wetter in der Eingangshalle schlafen lässt.
    Sie will nicht, dass ihre Männer verweichlichen.
    Wenn sie in ein paar Tagen aus Galway zurückkommen, können sie sich Lehmhütten bauen, niedrige, runde Räume, in deren Mitte ein massiver Pflock aus Tannenholz steckt. Schiffsmasten lassen sich dafür hervorragend verwenden. Sobald sie ein Schiff gekapert haben, wird sie ihnen auch einen Teil der Planken überlassen, damit sie die Strohdächer darauf legen können.
    Mit aller Kraft drückt sie gegen die Wand, bis sich der Putz unter ihren Händen wärmt.
    Als sie zurücktritt, haben sich an der Wand zwei dunkle Schweißabdrücke gebildet.
    Sie holt das Schwert aus der Truhe. Zieht es aus der Scheide und kratzt damit Buchstaben und Zeichen in die Wand, bis die Klinge stumpf ist: Galway, wir kommen! Und das Datum des nächsten Tages: 7. November 1564.
    Dann spannt sie die Muskeln ihrer Oberarme und ballt die Fäuste.
    Die Zeiten, in denen Granuaile sich mit Strandgut und in Seenot geratenen Handelsschiffen begnügte, sind vorbei. Sie ist entschlossen, ihr Leben und das Schicksal ihres Clans selber in die Hand zu nehmen.
    Diesmal wird sie aufs Ganze gehen.
    Galway ist die Schaltstelle zwischen Frankreich und Spanien auf der einen und England auf der anderen Seite, der wichtigste Handelshafen der Britischen Inseln. Aber die englischen Stadtherren haben Gesetze erlassen, die es allen nicht innerhalb der Festungsmauern Ansässigen verbieten, dort Geschäfte zu treiben. Außerdem haben sie den Verkauf von Wolle verboten und den Stadtbewohnern untersagt, mit Angehörigen keltischer Clans zu verkehren.
    Granuaile schlägt mit den Fäusten in die Luft.
    Ihre Kanonenkugeln werden die Stadtmauern durchsieben!
    Sie wird die Lager am Hafen plündern, sie wird mit ihren Kriegern losmarschieren, auf Sir Walter Malbys Regierungssitz zu.
    Geld oder Kragen!
    Und die englischen Schiffe, die in Galway vor Anker liegen, kann sie auf dem Rückweg auch zerstören.
    Sie schwingt das Schwert, lässt die Klinge zischen.
    Im Morgengrauen wird sie sich erheben, stark und furchtlos.
    Und die Männer werden ihr in die Schlacht folgen.
    Granuailes Zofe hatte den Bann durchbrochen. Sie hatte geheult und sich ihrer Herrin an den Hals geworfen, um dann auf die Knie zu fallen. Die anderen Frauen im Hof stimmten in ihr Wehklagen ein. Die Männer schwangen ihre Streitäxte, klirrten mit den Schwertern, sie schworen Rache. Die Hunde heulten, die Pferde stampften.
    Aber Granuaile stand stramm wie ein Schiffsmast aus bestem Eschenholz.
    Erst als Tuathal neben sie getreten war und ihr den Arm um die Schulter gelegt hatte, war sie aus ihrer Erstarrung erwacht.
    Und hatte die Stimme erhoben.
    Nennt mir die Namen seiner Mörder, verlangte sie, und wenn die Joyces im Auftrag der Tudorkönigin gehandelt haben, werde ich den Speer eigenhändig aus der Brust meines Mannes reißen, um ihn Queen Elizabeth in ihr Herz zu stoßen!
    Sie hob Donals Schwert in den Himmel.
    Und das Geheul um sie herum schwoll an.
    Die vier Leibwächter Donals trugen die Leiche ihres Herrn auf einer Bahre aus halbverrotteten Schiffsplanken nach Bunowen, bedeckt mit einem blutgetränkten Umhang, der die O’Flaherty-Farben kaum mehr erkennen ließ. Seine vier Nichtsnutze, wie Granuaile sie insgeheim schimpfte; sie würde sie entlassen.
    Jeder hat die Leibwächter, die er verdient.
    Sie hatte ihren Mann schon seit Jahren für einen Idioten gehalten. Aber sie war klug genug gewesen, ihm das nie zu zeigen. Wenn sie etwas von ihm haben wollte, brauchte sie ihn nur an Bord zu locken.
    Donal der Schlächter hatte schlechte Seebeine gehabt.
    Die überlebenden O’Flaherty-Krieger folgten der Bahre, ein trauriger Zug zerschlissener, verletzter, hundemüder Kämpfer, die nicht anders aussahen als sonst auch, wenn

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