Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
erscheinen. Zudem war sie weiß Gott nicht in Feierlaune. Eigentlich verspürte sie überhaupt keine Lust, auf dieses Fest zu gehen. Hätte sie es dem Truchsess nicht versprochen, würden sie keine zehn Pferde in die große Halle des Schlosses bringen.
»Wie bedauerlich und kaum vorstellbar, wo Ihr doch eine lange Zeit am Prager Hof verbracht habt.«
»Ihr seid gut informiert«, stellte Margarethe fest.
»Verurteilt mich nicht zu früh«, meinte er mit spitzbübischem Grinsen. »Als Hofmeister gehört es zu meinen Pflichten, die Wünsche und Bedürfnisse unserer Gäste zu kennen. Es wäre der Gräfin äußerst unangenehm, wenn der Eindruck entstünde, man wäre in Stuttgart provinziell.«
»Wir sind aber gar keine Gäste«, plapperte Margot. »Mein Vater ist …«
»Der Truchsess, ich weiß. Umso mehr ein Grund, dafür zu sorgen, dass die Damen sich wohlfühlen. In diesem Sinne bin ich untröstlich, dass Ihr schlechte Nachrichten aus München erhalten habt.«
Erstaunt blickte Margarethe auf. »Woher wisst Ihr das?«
»Vorhin erreichte ein Wittelsbacher Gesandter den Hof, und nun sehe ich Euch mit aufgewühltem Herzen. Es ist nicht schwer, zwei und zwei zusammenzuzählen.«
Margarethe hatte das Gefühl, dass Sachsenheim ein wenig zu viel Interesse an ihr zeigte. Hoffentlich konnte sie ihn bald wieder loswerden.
Doch leider dachte er gar nicht daran, sich zurückzuziehen. Er setzte eine ernste Miene auf und griff mitfühlend nach ihrer Hand. »Ich nehme an«, fuhr er fort, »Ihr habt Kunde davon erhalten, dass sich die Streitigkeiten zwischen Ludwig dem Gebarteten und der Koblenzer Liga zugespitzt haben.«
Margarethe nickte vorsichtig. »So ist es.«
»Nun, wenn Ihr mir die Bemerkung erlaubt: Sorgt Euch nicht um den Herzogssohn Albrecht. Sein Leben ist zu kostbar, als dass es unbedacht aufs Spiel gesetzt werden würde.«
Der Mund blieb ihr offen stehen, und dann mischte sich auch noch Margot ein: »Siehst du, das sag ich dir doch schon die ganze Zeit.«
Sie erntete einen strengen Blick von Margarethe.
Sachsenheim lächelte nachsichtig. »Ihr dürft ruhig dem Urteil von Fräulein Margot vertrauen, dir mir eine ungewöhnlich kluge junge Dame scheint.«
Langsam reichte es Margarethe. Wer war der Kerl eigentlich, dass er sich in Sachen einmischte, die ihn überhaupt nichts angingen? Schon wollte sie ihn barsch zurechtweisen. Dann fiel ihr ein, dass sie es sich mit ihm besser nicht verderben sollte. So vertraulich wie er mit Gräfin Henriette verkehrte, war er ohne Zweifel einflussreich. »Margot ist mir eine große Stütze«, stieß sie zwischen den Zähnen hervor.
»Davon bin ich überzeugt. Nun denn, meine Damen, ich freue mich auf den heutigen Abend.« Mit einer eleganten Verbeugung zog sich Hans von Sachsenheim zurück.
Margarethe atmete auf, und die Freundin ließ sich neben ihr auf der Bank nieder.
»Puh, endlich mal ein Mann, der nicht nur bunte Seifenblasen von sich gibt.« Margot seufzte und erntete einen verblüfften Blick von Margarethe. »Die andern sind ja solche Schaumschläger, aber der Sachsenheim, der ist richtig gebildet.«
»An welcher seiner Äußerungen machst du das fest?«
»Na, das merkt man doch sofort. So wie er sich gibt und wie er redet und überhaupt.«
»Du meinst, er teilt deine Leidenschaft für Hofklatsch«, rutschte es Margarethe heraus, der die Bemerkung im selben Moment auch schon wieder leidtat.
»Pfui, wie gemein du bist.« Die Kleine machte ein gekränktes Gesicht. »Man bekommt fast den Eindruck, du magst ihn nicht. Dabei hat er sich rührend um uns bemüht.«
»Ich hatte eher das Gefühl, er wollte mich aushorchen.«
»Unsinn, Margarethe, du denkst von allen Menschen immer nur das Schlechteste.«
»Das nennt man Lebenserfahrung.«
»Jetzt tust du so, als wärst du hundert Jahre alt. Warte ab. Du wirst sehen, dass er ein Mann von Ehre ist. Wie er mich angesehen hat. Ganz warm ist mir dabei geworden.«
»Na, dann hoffen wir, dass das nicht irgendwann mit einem kalten Guss endet«, beendete Margarethe das Thema und stand auf. »Lass uns zurückgehen. Es wird Zeit, dass wir uns zurechtmachen.«
K APITEL 3
Es war ein Handstreich gewesen, der ihnen überraschend leicht gelungen war. Sie hatten ihre Streitmacht geteilt: Jan war im Schutz der Dunkelheit mit einigen besonders geschickten Männern den steilen Turmhügel des Kalvarienbergs an der Ostseite hochgeklettert, hatte die völlig überraschte Torwache der Vorburg im Handumdrehen überwältigt und die
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