Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Burgmannen entwaffnet. Auf sein Zeichen hin war Albrecht mit seinen Reitern durchs Dorf gesprengt. Weisungsgemäß hatten sie die Bewohner zusammengetrieben und Feuer gelegt.
Mit finsterem Gesichtsausdruck umrundete Albrecht die Gefangenen, die man angewiesen hatte, sich auf den Boden zu setzen, als ein Stück entfernt von ihm Tumult ausbrach. Eine Frau widersetzte sich kreischend einigen Rittern, die sie zu Boden zerrten. Wütend trieb Albrecht seinen Braunen vorwärts. Hatte er nicht deutlich zu verstehen gegeben, dass den Dörflern nichts geschehen sollte? Sie waren gestraft genug, dass ihnen die Vorräte für den Winter verbrannten.
»Lasst mir augenblicklich das Weib los!«, herrschte er die Männer an.
»Aber wir haben doch nur …«, versuchte der eine, sich zu rechtfertigen.
»Was ihr tun wolltet, hab ich gesehen.«
»Ihr irrt Euch, Herr!«
In diesem Moment warf sich ihm das Weib mit zerschundenem Gesicht und wirrem Haar vor die Füße. »Gnade Herr, lasst mich zurück ins Dorf.«
»Dorthin kannst du nicht mehr. Es steht in Flammen.«
»Aber ich muss zurück, muss unbedingt!«, jammerte die Frau. »Mein Kind, mein Lukas!«
»Ist er etwa noch dort?«
»Er versteckte sich im Keller, als Eure Männer kamen.«
Albrecht erschrak. Der Gedanke, dass ein Kind allein in diesem Inferno zurückgeblieben war, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. »Um Himmels willen«, murmelte er und riss seinen Braunen herum.
»Herr, wohin wollt Ihr?«, rief ihm einer seiner Männer nach.
Dann hörte er Jans Stimme. »Albrecht, nicht. Das ist Wahnsinn!«
Die Flammen schlugen bereits hoch in den Nachthimmel und verliehen den Umrissen der Häuser eine trügerische Lebendigkeit. Albrechts Brauner begann, ängstlich zu schnauben. Allein die Sporen seines Reiters trieben ihn voran. Beißender Rauch stieg dem Herzogssohn in die Nase, als er die ersten Gebäude erreichte. Die einfachen Holzhütten mit ihren strohgedeckten Dächern brannten wie Zunder. Weiter hinten hörte er das Bersten von Dachbalken und dann tatsächlich das hohe Kreischen eines Kindes. Ich kann den Jungen noch retten!, fuhr es Albrecht durch den Kopf.
Auf einmal war Jan an seiner Seite.
»Er ist dort, im Haus!«, rief der Herzogssohn ihm zu. »Ich werde ihn holen. Halt du die Pferde.«
Jan machte ein erschrockenes Gesicht. Das Gebäude, auf das Albrecht gezeigt hatte, stand bereits bis zum Dach in Flammen. Es konnte jederzeit einstürzen. Er packte Albrecht am Arm und hielt ihn fest. »Auf keinen Fall! Ich gehe.«
In diesem Moment gab das Gebälk ein ächzendes Geräusch von sich. Der Giebel neigte sich. Das Kind brüllte wie am Spieß.
»Wir dürfen keine Zeit verlieren!«, schrie Albrecht und versuchte, sich Jans Griff zu entwinden.
Der jedoch hielt ihn mit eiserner Hand fest. »Zu spät.«
»Lass mich!«, protestierte Albrecht heftig. »Wir müssen den Kleinen da rausholen!«
»Wir können nichts mehr tun.«
Das Schreien des Kindes wurde leiser, bis es schließlich ganz verstummte. Albrechts Gesicht war verzerrt, als würde er die Hitze des Feuers am eigenen Leib spüren.
»Komm, Albrecht!«, drängte Jan. »Steig auf!« Schließlich hob er den Freund fast aufs Ross.
Der Braune trug Albrecht eiligen Schrittes davon, während er glaubte, die gellenden Schreie des Kindes noch immer zu hören. Mit starrer Miene gab er Befehl, die Dörfler laufen zu lassen und gen München zurückzukehren. Die Ritter sahen sich mürrisch an, weil sie gehofft hatten, das Vieh und allerlei Wertgegenstände unter sich aufteilen zu können.
Trine bürstete hingebungsvoll Margarethes Locken. Die Zofe war der Rothaarigen mittlerweile so vertraut, dass sie Trines Anwesenheit zuweilen fast vergaß. Glücklicherweise hatte diese sich in jeder Hinsicht als vertrauenswürdig erwiesen. Keinen Moment hatte Margarethe bereut, sie in ihre Dienste genommen zu haben. Trine war anständig, arbeitsam und ihrer Herrin treu ergeben. Nur manchmal erschien sie melancholisch, ganz so, als hielte eine schwere Last ihre Seele gefangen.
Seit letztem Monat war auch ihre Tochter Grete als Küchenhilfe in Stellung. Obwohl das Mädchen von zarter Gestalt war und Margarethe sich nur schwer einen Kochlöffel in seiner Hand vorstellen konnte, hörte man keine Klagen. Über Gretes Vater schwieg sich Trine weiterhin aus, doch Margarethe hatte das Gefühl, dass Trines zeitweilige Schwermut viel mit ihm zu tun hatte. Gerne hätte sie ihr geholfen, aber das wollte die Zofe ganz offensichtlich
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