Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Möglichstes, sich und die Seinen durch die Sümpfe der höfischen Kommunikation zu manövrieren. Er war sehr geschickt darin, einem jeden zu schmeicheln, ohne kriecherisch zu wirken, und wenn man ihn um seine Meinung bat, diese zu sagen, ohne wirklich Stellung zu beziehen. Margarethe kam nicht umhin, Bischishausen zu bewundern. Er würde an jedem Hof eine gute Figur abgeben.
Sie wollte gerade eine entsprechende Bemerkung machen, als ihr ein hoch aufgeschossener junger Mann auffiel, der ihr irgendwie bekannt vorkam. Auch er schaute zu ihnen herüber und zwinkerte ihr vertraulich zu. Mit einer knappen Verbeugung verabschiedete er sich von seinem Gesprächspartner und kam zu ihnen herüber. Über das ganze Gesicht strahlend rief er fröhlich: »Margarethe von Waldeck, welch Freude, Euch hier anzutreffen.« Dann wandte er sich schelmisch grinsend an Margot. »Fräulein von Bischishausen, darf ich meine Bewunderung aussprechen. Wie Eure Wangen leuchten – ich nehme an, das hat mit Eurer Wiedersehensfreude zu tun und ist nicht etwa auf verschwenderischen Gebrauch des venezianischen Rotholzpulvers zurückzuführen?«
Margot schnappte nach Luft, während sie empört nach Worten rang. Margarethe stand für einen Moment sprachlos da und starrte den kecken Burschen an. Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. War es möglich? Konnte dieser schlaksige, teuer gekleidete Kerl etwa jener pausbäckige Lausbub sein, dem sie in Prag diverse Male die Ohren hatte langziehen müssen? Dieselben wachen, hellgrauen Augen, dieselben Grübchen, und genau wie früher trat er ein wenig verlegen von einem Bein aufs andere. Kein Zweifel. Margarethe schüttelte amüsiert den Kopf. »Immer noch dasselbe freche Mundwerk, was?«
Der junge Mann grinste. »Es gab keinen Grund, es abzulegen.«
»Immerhin, du bist …«
»… groß geworden, ich weiß«, unterbrach er sie. »Ist ja auch ein paar Jahre her, seit wir unter Eurer Fuchtel standen.«
»Hat nicht viel geholfen, wie mir scheint?«
»Ich fürchte es fast.« Der junge Mann grinste. »Aber wir hatten jede einzelne Abreibung verdient.«
»Richtig. Du und Mihai, ihr wart wahrhaftig eine Plage.«
»Du bist doch nicht etwa Sepi?«, mischte sich nun Margot ein und blinzelte ungläubig.
»Richtig.« Der junge Mann strahlte. »Also meinen Namen habt Ihr immerhin behalten.«
»Der wurde so oft genannt, dass man ihn schwerlich vergisst – allerdings nicht gerade, weil du dich durch ritterliche Tugenden hervorgetan hättest. Mir dünkt, der Schliff im Umgang mit Damen geht dir noch immer ab.«
Margarethe verkniff sich das Lachen. Auch ihre Freundin konnte gut austeilen. Doch Sepi wirkte alles andere als gekränkt. Er grinste belustigt.
»Ich fürchte, bei mir ist Hopfen und Malz verloren. Mich zu ändern, bräuchte es schon eine sehr geduldige Minneherrin.«
Margot deutete auf ihre Freundin. »Jemanden wie Margarethe.«
»Nun verzeiht, Frau von Waldeck«, Sepi machte eine Verbeugung in deren Richtung, »aber Ihr seid mir zu alt. Das Fräulein Bischishausen allerdings würde mir schon gut gefallen, doch ich fürchte, es ist nicht anders als damals in Prag: Sie scheint an jedem Finger fünf edle Ritter als Verehrer zu haben, sodass für einen einfachen Kaufmannssohn wie mich höchstens die Brotkrumen abfallen. Ich bin dazu verdammt, im stillen Kämmerlein schmachtende Verse zu verfassen und von dem Fräulein Margot lediglich zu träumen.«
»Erinnern kann ich mich an so manches, Sepi, aber poetische Reime waren nicht dabei«, lachte Margarethe. »Ich sah dich nur einmal mit einem Tintenfass in der Hand, und das war, als du gemeinsam mit Mihai die Zöpfe seiner kleinen Schwester darin eingetunkt hast. Was ist übrigens aus ihm geworden? Verwaltet er mittlerweile seine Güter als Herr von Wettin?«
Das fröhliche Blitzen in Sepis Augen erlosch. »Er ist gefallen. Kurz nachdem Sigismund die böhmische Krone auf dem Kopf trug, nahm er sich ›der hussitischen Plage‹ an, wie er es nannte, und rief seine Lehnsleute zu den Waffen. Ob er dem Haus Wettin nicht verziehen hat, dass es bis zum Schluss Wenzel die Stange hielt, oder ob es Zufall war, in jedem Fall wurde Mihai einer der Einheiten unterstellt, die von Žižka aufgerieben wurden.«
Margarethe war ehrlich bestürzt. Dieses Schicksal hätte sie dem ungestümen Mihai gewiss nicht gewünscht. »Das tut mir sehr leid. Und du? Ich sehe, du hast das Schwert gegen den Abakus getauscht und bist in die Fußstapfen deines Vaters
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