Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Herr. Margot träumt vom großen Glück, und er hat es ihr vorgegaukelt.«
»Ich hätte sie davor bewahren müssen.«
»Wie denn? Er hat doch alles getan, um sie uns zu entfremden.«
»Das ist schlimmer noch, als wenn er sie getötet hätte. Er hat sie mir geraubt, der Verführer! Welch ein Schmerz.«
»Ach Herr, sagt so etwas nicht. Margot wird sich schon wieder besinnen. Habt Ihr nicht gesehen, dass sie in Tränen aufgelöst war? Sie wird zu Euch zurückfinden.«
Traurig schüttelte er den Kopf. »Das glaube ich nicht. Sie wird mir ihr Leben lang die Schuld an ihrem Unglück geben, und recht hat sie.«
»Es ist die Verzweiflung, die aus Euch spricht. Margot muss den Sachsenheim doch nicht heiraten. Er will sie nur ihres Titels und Vermögens wegen. Es gibt doch auch andere Lösungen.«
Bischishausen schien ihr gar nicht zuzuhören. Er saß nur da und schüttelte den Kopf. »Der Herr im Himmel sei uns gnädig. Dabei wollte ich nie etwas anderes, als mein Kind vor einem schlimmen Schicksal bewahren.« Ein weiterer tiefer Schluchzer stieg aus seiner Kehle.
Margarethe trat näher und legte die Hand auf seine Schulter. Seine Haut war heiß wie im Fieber, die Kleidung nass von Schweiß. Sie klebte an seinem Körper. Der Anblick krampfte Margarethe das Herz zusammen. Sie wartete auf eine Eingebung, irgendeinen klugen Gedanken, aber ihre Sinne waren wie betäubt. »Wir müssen Geduld haben«, mahnte sie mehr sich selbst als den Truchsess.
Der schüttelte heftig den Kopf. »Was wir auch machen, es wird das Falsche sein.« Neue Tränen sammelten sich in seinen Augenwinkeln.
Margarethe ergriff mitfühlend seine Hand. Eine Weile verharrten sie so, jeder in seinem Kummer gefangen.
Schließlich brach der Truchsess das Schweigen und meinte fast nüchtern: »Lasst uns abwarten, wie es sich entwickelt. Wir werden morgen weitersehen. Derzeit ist wohl keiner von uns in der Verfassung, schwerwiegende Entscheidungen zu treffen.«
»So ist es, Herr von Bischishausen.« Margarethe zwang sich zu einem Lächeln.
Der Truchsess nickte. »In den nächsten Tagen werden wir eine kleine Ausfahrt aufs Land unternehmen, zu einer vertrauenswürdigen und schweigsamen Hebamme. Dann werden wir weitersehen. Es wäre mir lieb, wenn Ihr Margot bei diesem schweren Gang beistehen könntet. Sie wird Eure Hilfe brauchen.«
Die junge Hofdame, bei der unangenehme Erinnerungen an ihren eigenen Besuch bei der Hebamme geweckt wurden, nickte zögernd. »Wenn Ihr es wünscht, Herr.«
K APITEL 9
Die Pferde sprengten in vollem Galopp durch die Tore Stuttgarts, kaum dass das erste Sonnenlicht den Tag ankündigte. Die Insassen des mit Leder ausgeschlagenen Kastenwagens wurden unsanft durchgeschüttelt. Margot hockte blass wie ein Leichentuch in einer Ecke. Sie hatte seit dem Vorfall im Garten kein Wort mehr gesprochen und auch nichts gegessen.
Als ihr Vater sie an diesem Morgen aus ihrer Kammer geholt hatte, war ihr Haar nicht gebürstet und nur halbherzig mit einem dunklen Schleier bedeckt gewesen. Stumm und mit sorgenvoller Miene hatte Margarethe ihrer Freundin zuvor in ein einfaches Gewand aus hellbraunem Tuch geholfen. Trine sollte nicht mitbekommen, was los war. Doch die Zofe schien es zu ahnen, auch wenn sie Margarethes Erklärung, man wolle einen Ausflug aufs Land machen, scheinbar gleichmütig hingenommen hatte.
Auch Margots Vater ließ die nachlässige Aufmachung seiner Tochter unkommentiert. Ihm war anzusehen, dass er in den letzten Nächten nur wenig geschlafen hatte. Wie stets war er korrekt und sorgfältig gekleidet, aber um seine Augen lagen dunkle Ringe und die zahlreichen Falten in seinem Gesicht hatten sich tief in seine Haut gegraben. Nicht weniger wortkarg als seine Tochter, nahm er mit gequälter Miene ihr gegenüber Platz.
Die Fahrt war unbequem, und die gedrückte Stimmung lastete bleischwer auf den Mitfahrenden. Der Kutscher hielt die Pferde in rascher Gangart, und die zwei Bewaffneten, die als Geleitschutz neben ihnen ritten, mussten ihre Pferde antreiben, um nicht zurückzufallen. Sie fuhren weit ins das Württembergische Land hinein, in eine Gegend, die Margarethe vollkommen unbekannt war, obwohl sie viel mit Wic herumgekommen war. Schließlich erreichten sie ein kleines Landhaus.
Margot wankte, als sie aus dem Wagen stieg. Ihr Vater wollte den Arm um sie legen, um sie zu stützen. Unwirsch stieß ihn das Mädchen weg und tastete sich an der Wand entlang ins Innere des Gebäudes. Der Truchsess machte Margarethe ein Zeichen,
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