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Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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alten Beine zuließen, wackelte die Alte zu ihrem Maultier, zog sich hinauf und trieb es energisch mit den Hacken an.
    Margarethe sah sich nach Margots Vater um, doch auch der war verschwunden. Langsam ging sie zurück zu Margots Zimmer. Das Mädchen hatte sich unter seine Decke verkrochen. Leise schloss Margarethe die Tür und schlich sich zu einem hölzernen Stuhl. Auf dem Hof war das Klirren beschlagener Hufe zu hören, und dann schienen Reiter im Galopp davonzustieben.
    Eine Weile sagte keiner ein Wort. Schließlich lugte Margot unter der Decke vor. »Danke, dass du vorhin bei mir geblieben bist, als die alte Hexe mich untersucht hat«, meinte sie kleinlaut. »Das war sehr nett.«
    »Das war doch selbstverständlich«, entgegnete die Rothaarige.
    »Mein Vater ist wohl ziemlich wütend«, stellte Margot fest.
    »Das kann man sagen.«
    »Jetzt werde ich den Sachsenheim wohl ehelichen müssen , oder?«
    Einen Augenblick zögerte die Rothaarige. Sie nahm an, dass die Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang ihrer Liebschaft Margot über die nächsten, schweren Stunden helfen würde. Das Mädchen brauchte allen Lebensmut, um nicht selbst an dem Gift zu sterben, das seinem Kind den Tod bringen sollte. »Vielleicht«, antwortete Margarethe ausweichend.
    Margot richtete sich auf. »Ich bin so dumm gewesen, und ich habe alles falsch gemacht. Geschieht mir ganz recht, eine Sachsenheim zu werden.«
    »Willst du ihn etwa nicht mehr?«, erkundigte sich Margarethe verwundert.
    »Ich hab Angst vor ihm«, hauchte das Mädchen.
    Margarethe runzelte die Stirn und fragte sich, was genau im Garten vorgefallen sein mochte. Doch jetzt war weder Zeit noch der rechte Ort, um Margot auszufragen. »So musst du ihn auch nicht heiraten«, beruhigte sie Margot.
    »Dann ist’s ja gut.« Margot gähnte und schloss die Augen. So entgingen ihr Margarethes Tränen, die diese verstohlen mit dem Handrücken abwischte. »Ich hoffe, es wird ein Junge«, murmelte das Mädchen leise. »Ein Stammhalter für das Haus Bischishausen, das wäre gut.«
    Dann schlief Margot ein, und Margarethe konnte in Ruhe weinen, bis die Erschöpfung auch sie übermannte und sie nach allen Strapazen einnickte.
    Ein Schrei ließ Margarethe hochschrecken. Für einen Moment wusste sie nicht, wo sie sich befand, zumal die Dämmerung inzwischen hereingebrochen war. Ein weiterer Angstschrei hallte durch die Kammer, und schlagartig wusste sie wieder, was passiert war. Mit zwei Schritten war sie bei ihrer Freundin, deren Augen vor Angst geweitet waren.
    »Ich bin hier, Margot, hier bei dir.« Sie griff nach Margots Hand, doch die riss sich sofort wieder los.
    »Meine Glieder, sie brennen!«, keuchte das Mädchen schreckerfüllt. »Das Feuer der Hölle.«
    »Ruhig, Kleines, ganz ruhig. Ich hole dir Wasser. Das wird den Schmerz lindern.«
    »Ja, Wasser«, stöhnte Margot, doch dann rief sie: »Nein, nein, lass mich nicht allein, das Feuer, es frisst sich in meinen Leib. O mein Gott, es ist Satan, der mich straft!«
    Noch nie war sich Margarethe so hilflos vorgekommen. Sie griff nach dem Krug mit dem klaren Brunnenwasser und füllte einen Becher. Behutsam richtete sie den Körper des Mädchens auf und setzte ihm den Becher an die Lippen.
    Margot trank gierig, musste sich aber gleich wieder übergeben. Stöhnend lag sie in den Armen der Freundin. Ihr Körper war in kaltem Schweiß gebadet. »Was ist mit mir?«, wimmerte sie, und dann leuchteten ihre Augen qualvoll auf. »Gift«, murmelte sie. »Die Hexe hat es mir gegeben, und mein Vater … er hat’s ihr aufgetragen.« Ein weiterer Krampf schüttelte ihren Körper. Die Krämpfe kamen nun rasch hintereinander, und Margot krümmte sich. »Mein Kind, ich, es, es verlässt mich«, stammelte sie.
    Mit letzter Kraft riss sie sich los und sprang aus dem Bett, doch nur, um davor zusammenzusacken. Margarethe sah, dass Margots Hemd sich an den Beinen dunkelrot gefärbt hatte. Nun konnte auch sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie hockte sich neben das Mädchen, barg seinen Kopf in ihrem Schoß und wiegte es wie einen Säugling.
    »Warum?«, flüsterte Margot.
    Dann verlor sie das Bewusstsein, und Margarethe dachte: Wenn ich das bloß wüsste.
    Für beide wurde es die längste Nacht ihres Lebens. Margarethe war es, die Margot hochhob und zurück auf ihr Lager brachte, sie bettete, ihr neue Sachen anzog und ihr den Schweiß von der Stirn tupfte.
    Als der Morgen anbrach, war das Mädchen dem Tod noch immer näher als dem Leben. Eine

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