Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Bereich dahinter zu betreten. Wenn man sie dort erwischte, würde sie nicht einmal ihre Herrin vor einer Bestrafung bewahren können. Mit klopfendem Herzen und angehaltenem Atem legte Trine ihr Ohr an das raue Holz. Sie wusste, dass die Pforte nicht verschlossen war und jeden Augenblick aufgestoßen werden konnte. Ängstlich lauschte sie. Sie konnte Stimmen hören. Ein Stöhnen oder vielmehr ein Wimmern und leises Weinen. Trine erschrak und drückte ihr Ohr noch fester an das Holz. Dabei schwang die gut geölte Tür einen Spaltbreit auf. Trine zuckte zurück. Schon glaubte sie, im nächsten Moment einem der Adelsherren gegenüberzustehen, der sie mit barscher Stimme anraunzte, was sie denn hier zu suchen habe. Was sollte sie dann bloß antworten? Dann hörte sie hinter sich Margarethe von Waldecks Stimme. Erleichtert atmete Trine auf. Die Hofdame würde wissen, was zu tun war, da war sie sich sicher. Sie rannte auf ihre Herrin zu. Viel zu spät erkannte sie, dass diese nicht allein war.
An ihrer Seite ging Hans von Bischishausen, der Trine augenblicklich erkannte und ansprach: »Was machst du denn hier?«
Verlegen knickste die Zofe. »Guten Abend, hoher Herr.«
»Ich habe dich etwas gefragt.«
Mit schlechtem Gewissen äugte Trine zu ihrer Herrin, die mit den Augen rollte. Hatte sie Trine nicht ausdrücklich gesagt, dass man sie nicht entdecken dürfte, und nun lief die Zofe ausgerechnet Margots Vater in die Arme.
»Nun, was ist?«, insistierte der. »Hier hast du nichts zu suchen, es sei denn, deine Herrin gab dir einen Auftrag.«
Fragend schaute er Margarethe an. Die spielte nervös mit ihrem Gürtel und versuchte, in Trines Gesicht zu lesen. Schließlich räusperte sie sich. »So ist es auch. Ich habe Trine hierhergeschickt.«
Die Zofe hoffte, dass sie damit entlassen war, und wollte schon davonhuschen, doch der Truchsess verstellte ihr den Weg. »Zu welchem Zweck?« Seine Stimme hatte einen ungewohnt scharfen Unterton. Er hatte die Frage an beide Frauen zugleich gerichtet.
Margarethe machte ein gequältes Gesicht. »Ich beauftragte Trine, die kleine Pforte zum gräflichen Garten im Auge zu behalten«, antwortete sie wahrheitsgemäß.
»Und was hast du herausgefunden?«
»Nichts, hoher Herr, gar nichts«, log die Zofe. Margarethe atmete erleichtert auf.
Bischishausen nickte, aber in seinem Blick lag etwas, was Trine erbeben ließ. Dieser Mann hatte schon zu viele Menschen als Richter vor sich stehen gehabt, um eine Lüge nicht zu erkennen. »Gut, dann gehen wir jetzt hin und schauen nach.«
In diesem Moment wusste Trine, dass es eine Katastrophe geben würde. Am liebsten wäre sie davongerannt und hätte sich irgendwo verkrochen, doch das ging nicht. Ohne ein weiteres Wort drängte sie der Truchsess den Weg zurück, den sie gekommen war. Sie fanden alles so vor, wie Trine es verlassen hatte.
»Die Tür ist unverschlossen«, stellte der Truchsess fest und schaute Margarethe an, die wiederum Trine einen verzweifelten Blick zuwarf. »Wie kann das sein, Margarethe? Was wisst Ihr darüber?«
Er bekam lediglich ein Schulterzucken als Antwort. Entschlossen legte Bischishausen die Hand an die Pforte, um selbst nachzusehen.
In einem letzten Akt der Verzweiflung, warf Trine sich ihm vor die Füße. »Herr, ich bitte Euch, geht nicht weiter. Ich flehe Euch an!«
»Was zum Teufel ist da los?«, fragte er mit zorniger Stimme. Er drängte sich an der Zofe vorbei in den Garten.
Margarethe beugte sich zu Trine herab, um ihr aufzuhelfen, wobei sie ihr ins Ohr zischte: »Wen um Himmels willen wird er finden?«
»Fräulein Margot«, wisperte Trine verzweifelt. »Ich hab sie weinen hören und wollte gerade zu Euch.«
Für eine Sekunde schloss ihre Herrin die Augen. »Ahnte ich es doch …« Dann lief sie auch schon hinter dem Truchsess her.
Trine folgte ihnen zögerlich zu einer Laube gut zwanzig Schritte entfernt. »Heilige Jungfrau Maria, was ist passiert?«, hörte sie Margarethe fragen.
Der Truchsess schwieg zunächst, aber er konnte zwei und zwei zusammenzählen. »Du hast mir dein Wort gegeben, Margot. Das Wort einer Bischishausen ist wie ein Schwur.«
Seine Tochter weinte hemmungslos. »Ja, steck mich ins Kloster. Jetzt ist eh schon alles egal.«
»Was willst du damit sagen?« Der Truchsess ballte die Fäuste. Erst sah es aus, als würde er die Fassung verlieren, doch dann beugte er sich zu Margot hinunter und flüsterte mit tonloser Stimme: »Sag, dass das nicht wahr ist. Bitte sag mir, dass dich Hans
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