Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
ihr zu folgen. Er selbst aber blieb im Hof, während der Kutscher die verschwitzten Pferde ausspannte und abrieb. Es würde eine längere Pause werden.
Ein altes, zahnloses Weib winkte die beiden Frauen in eine abgetrennte Kammer, musterte Margot und brummte dann: »Du also.«
Das Mädchen starrte die runzlige Alte an, dann Margarethe. Man hatte der jungen Frau nicht gesagt, was auf sie zukam. Jetzt zeichnete sich auf ihrem Gesicht Entsetzen ab. Widerstrebend hob sie die Hände. »Nein, das könnt ihr von mir nicht verlangen«, stieß sie hervor.
So sanft sie konnte, antwortete Margarethe: »Dein Vater besteht darauf, Margot.«
Erneut schüttelte diese den Kopf. Tränen liefen ihr über die Wangen. Am liebsten hätte Margarethe die Freundin bei der Hand genommen und wäre mit ihr fortgelaufen. Nur zu gut erinnerte sie sich daran, wie es ihr einst ergangen war. Die Untersuchung war so beschämend, so demütigend gewesen.
»Aber ich habe doch schon alles zugegeben«, piepste das Mädchen verzweifelt.
»Er will es eben genau wissen.«
»Seid beruhigt, junges Fräulein, Schmerzen werde ich Euch nicht bereiten«, mischte sich nun die Alte ein. »Meine Hände sind behutsamer als die eines jeden Mannes.«
Als Margarethe einige Zeit später das Landhaus verließ, war sie kaum weniger blass als Margot, die weinend auf der Bettstatt in der fensterlosen Kammer lag.
Der Truchsess wartete draußen und nahm die Hofdame am Arm. »Lasst uns ein Stückchen gehen, Margarethe«, meinte er mit scheinbar gleichmütiger Stimme.
Seite an Seite wanderten sie zu einer alten Linde, um deren Stamm man eine runde Bank gezimmert hatte. Eine Weile saßen sie schweigend da und beobachteten eine Lerche, die mit aufgeregtem Flügelschlag ihr Lied sang.
»Nun, dann ist es also wahr«, hob der Truchsess mit starrem Blick an.
Margarethe nickte bekümmert. Dann brach sie in Tränen aus. »Und nicht nur das. Es ist noch viel schlimmer.« Sie barg das Gesicht in den Händen und schluchzte.
»Sagt jetzt nicht, dass sie schwanger ist«, flüsterte der Truchsess totenblass. Margarethes Schluchzen war ihm Antwort genug. »O mein Gott, dafür werden wir alle in der Hölle schmoren.«
Margarethe blinzelte die Tränen weg. »Wie meint Ihr das?«
Der Truchsess schwieg mit zusammengekniffenen Lippen und starrte vor sich hin. Seine Schultern bebten. »Das wird mir Sachsenheim büßen«, krächzte er dann tonlos.
»Wollt Ihr ihn zur Ehe mit Margot zwingen?«, flüsterte Margarethe, doch allein die Frage ließ sie erschaudern.
»Um Gottes willen nein!«, gab er heftig zurück. Er knetete seine Finger und raufte sich dann die Haare.
Margarethe schluckte. Einerseits war sie erleichtert, dass der Truchsess seine Tochter offenbar nicht zu einer Ehe zwingen wollte, die nur im Unglück enden konnte, andererseits fragte sie sich, was nun geschehen sollte. »Aber das Kind? Was soll jetzt werden?«
Die Miene des Truchsessen wurde hart und unnachgiebig. »Es wurde in Sünde gezeugt und ist Zeugnis von Sünde. Niemals darf es das Licht der Welt erblicken. Ich werde mit der Alten sprechen.«
Margarethe zuckte zusammen. Sie hatte verstanden, was der Truchsess meinte. »Aber ist diese Hebamme denn auch eine Engelmacherin?«
»Sie wird wissen, was zu tun ist. Das muss genügen.«
»Es ist gottlos«, warnte die Rothaarige. »Mag dieses Kind auch in Unehre gezeugt worden sein, so ist es doch Euer Enkel.«
»Schweigt, Margarethe!«, gab der Truchsess ungewohnt grob zurück. »Sprecht nicht von Dingen, die Ihr nicht versteht. Dieses Kind existiert nicht. Margot war nie schwanger. Punktum. Schwört mir, dass Ihr Stillschweigen bewahren werdet.«
Niedergeschlagen senkte Margarethe den Kopf. »Man kann eine Sünde nicht mit einer anderen wegwaschen«, versuchte sie es noch einmal.
»Schwört es mir, hier und jetzt.«
»Ich bitte Euch, überschlaft es noch einmal.«
»Es würde nichts an meiner Entscheidung ändern.«
»So ein Eingriff ist gefährlich. Margot könnte dabei sterben.«
»Das hätte sie sich früher überlegen müssen.«
»Sie wurde verführt. Gegen einen Mann wie den Sachsenheim hat ein unerfahrenes Mädchen keine Chance. Das wissen wir doch beide.«
»Nun ist es aber genug! Es geht nicht nur um Margots, sondern auch um meine Ehre.«
»Dann schickt sie in ein Kloster, wo sie in aller Abgeschiedenheit niederkommen kann. Gegen eine großzügige Spende werden die Nonnen das Wurm zu einem gottesfürchtigen Menschen erziehen.«
Erbost sprang der
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