Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
ihm reichlich weitgereiste Säumer herumtrieben. Alles in allem schien es der geeignete Ort, um Erkundigungen einzuziehen. Bei einem Humpen Bier würde der eine oder andere schon redselig werden. Zudem bildete die Freilassung des Vogtes von Weida für eine solch erkleckliche Summe bestimmt Gesprächsstoff.
Hoffnungsvoll lenkte der junge Kaufmann seinen kleinen Trupp zum Gasthof, von dessen kupfernem Schild dicke Wassertropfen zu Boden prasselten. Er gab seinem Quartiermeister Anweisung, bevor er den Schankraum betrat. Der Gasthof war gerammelt voll, und der Geruch nach feuchter Wolle, Leder und Hammeleintopf drang Sepi in die Nase. Er schien nicht der Einzige, der sich nach einer warmen Mahlzeit und einem Krug Starkbier sehnte. Sich auf die Zehenspitzen stellend hielt er nach einem freien Platz Ausschau. Schließlich entdeckte er in einer Ecke einen kleinen Tisch, an dem zu seiner Verwunderung noch niemand saß. Sofort steuerte er darauf zu und ließ sich erleichtert nieder.
»He, schleich dich, Bursche!«, wurde er augenblicklich angepöbelt.
Der junge Kaufmann hob feindselig den Blick, um zu sehen, welch Bauernlümmel es wagen wollte, einen Patrizier zu vertreiben. Er musste jedoch feststellen, dass es sich um Ritter handelte. Die Wecken am Schulterwappen wiesen sie als Bayern aus, Männer von Herzog Ernst. Auch die beiden Ritter schienen inzwischen erkannt zu haben, dass sie es mit keinem Gemeinen zu tun hatten, und entschuldigten sich für ihre harschen Worte. Sepi stellte sich kurz vor, vertrieb einen benachbarten Zecher von seinem Hocker und bestellte einen Krug Bier für sich und die Münchner. Weniger später hockte ein jeder von ihnen vor einem dampfenden Teller Eintopf und einem Becher dunklem Bier.
Sepi hob seinen Humpen. »Auf Herzog Ernst und seinen Sohn Albrecht!«, brachte er einen Trinkspruch aus.
»Auf den Herzog und Euer Liebden!« Die beiden Ritter hoben ihrerseits die Becher.
»Seid Ihr nicht dieser Posener Kaufmann, der im Sommer zu Gast in Grünwald war?«, wollte der Kräftigere von beiden wissen.
»Genau der bin ich«, bestätigte Sepi. »Ich habe gerade meine letzten Geschäfte getätigt und will jetzt über den Goldenen Steig nach Hause«, flunkerte er. Schließlich ging es niemanden etwas an, dass er in einer ganz anderen Angelegenheit unterwegs war.
»Da werdet Ihr Pech haben. Wir hatten ebenfalls vor, diese Route zu nehmen, doch sie soll unpassierbar sein. Angeblich ein Erdrutsch.«
»Wie? Das kann ich mir kaum vorstellen. Wo kämen denn all die Säumer her?« Er packte einen Mann im typischen grün-rot-braunen Gewand am Ärmel und fragte ihn: »He, hast du von einem Erdrutsch gehört, der den Weg nach Freyung versperrt?«
Der Mann schaute ihn erstaunt an. »Gewiss nicht, Herr. Ich komme gerade von dort. In die Richtung dürftet Ihr trotz des schlechten Wetters bis zum Sicklinger Berg-Hammer keine Probleme haben.«
»Da seht Ihr’s. Man hat Euch falsch informiert. Der Weg ist frei.«
Die beiden Ritter schauten sich verwirrt an. »Aber dann hätten wir ja gar nicht diesen Umweg zu machen brauchen. Sollten wir gar einem Schlepper aufgesessen sein?«
»Was ist passiert?«, fragte der Kaufmann gespannt, während er sich von dem herrlich duftenden Eintopf auftat.
»Wir ritten unter dem Kommando von Euer Liebden Albrechts Hofmeister Jan Sedlic als Geleitschutz einer Edeldame.«
Sepi legte den Löffel hin »Doch nicht gar Margarethe von Waldeck? Und sie wollte doch nicht etwa Lösegeld für den Vogt von Weida überbringen?«
Die beiden jungen Ritter schauten ihn entgeistert an. Dann schüttelten sie die Köpfe. »Wie könnt Ihr das bloß wissen?«
»Später! Sagt mir erst, wie es kommt, dass ich Euch nun alleine antreffe?«
»Wir wurden keinen Tagesritt von hier überfallen, und die Dame wurde verschleppt.«
Sepi stöhnte auf. Er kam zu spät. »Ich hab’s befürchtet. Dieser verfluchte Mistkerl. Das Lösegeld, müsst Ihr wissen, wurde bereits beglichen. Der Vogt von Weida ist frei. Ich erfuhr es von Reisenden aus Böhmen. Das war alles ein abgekartetes Spiel.«
Nun hielt es die beiden Ritter nicht mehr an ihren Plätzen. »So ist unser Herzog betrogen worden?«, fragte der eine.
»Nicht nur er«, seufzte der junge Kaufmann und dachte an Margarethe, die sich fraglos in einer verzweifelten Lage befand. In den nächsten Minuten erfuhr Sepi alles über die Geschehnisse im Gasthof. Danach ließ er sich zu Trine bringen, um dasselbe noch einmal aus ihrem Mund zu hören. Von ihr
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