Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
sah ich im Traum unseren Sohn. Er hatte deine Haare, einen Schopf, lockig und buschig wie ein Fuchs. Mit ausgebreiteten Armen lief er auf mich zu, und er lachte und strahlte, als ich ihn aufs Pferd hob. Ja, Margarethe, wären wir damals schon zusammengekommen, wäre er schon fast dem Windelalter entwachsen.« Sein Atem ging nun schwer und keuchend.
Margarethe wusste nicht, was sie erwidern sollte. Fast tat ihr dieser Mann leid. Der Wunsch nach einem Kind schien all seine Gedanken und Gefühle zu beherrschen.
»Das ist der letzte Traum, den ich noch habe. Dieses Kind zum Knappen, ja vielleicht sogar zum Ritter heranreifen zu sehen. Ist das denn so verwerflich?« Er berührte ihre Wange, und Margarethe hatte das Gefühl zu verbrennen. »Dass deine Liebe einem anderen gehört, das hab ich damals schnell gemerkt. Aber irgendetwas muss dir doch an mir liegen, sonst hättest du den Wittelsbacher damals nicht zurückgehalten, als er mich töten wollte.« Plötzlich versuchte er, sie zu umarmen und zu küssen.
Erschrocken über seinen unerwarteten Vorstoß, ließ sie den Becher fallen. Scheppernd ging er zu Boden. »Nein, aufhören!«, protestierte sie und wand sich unter seinen Händen. »Ich will das nicht.«
Er ließ von ihr ab. »Verzeih mir, bitte. Ich dachte nur, dass es dir vielleicht möglich ist, nur ein wenig Zärtlichkeit … es wäre so wunderbar, aber nein, ich habe verstanden«, stammelte er durcheinander.
In Margarethe keimte Hoffnung auf. Vielleicht ließ er sich ja doch noch ein wenig hinhalten. Ein paar Tage. Als sie jedoch in Weidas Augen sah, wusste sie, dass ihre Zeit abgelaufen war.
»Dann möchte ich dich einfach bitten, dich auf den Rücken zu legen und, na ja, du weißt es selbst.«
Margarethe wurde schlecht. Die Aussicht, der Willkür dieses Mannes ausgeliefert zu sein, schien ihr fast schlimmer als der Tod. Vergebens versuchte sie, gegen das Gefühl der Panik anzukämpfen. »Bitte, tut mir das nicht an, Herr Weida«, flüsterte sie. »Ich flehe Euch an.«
»Schließ einfach die Augen, und stell dir vor, er wäre es«, sagte ihr Gemahl fast traurig, als er sich zu ihr legte.
Sie glaubte, jeden Moment die Besinnung zu verlieren, und blieb doch hellwach. Immerhin hielt er Wort und verursachte ihr keine Schmerzen. Als er sich von ihr abwandte, fühlte sie sich entehrt, aber sie weinte nicht.
»Ich danke dir für diese Gunst«, sagte er, leicht außer Atem, und erhob sich.
Zornig richtete Margarethe das Wort an ihn. »Ihr verdankt meiner Fürbitte Euer Leben, und Ihr, was ist Euer Dank?«
»Ich rettete deines.«
»Um mir nichts anderes anzutun als jener ehrlose Vagabund!«
Er nahm ihre Hand, die sie ihm jedoch entriss. »Nicht der Plackerer ist dein schlimmster Feind, Margarethe, es gibt einen anderen, weitaus mächtigeren Mann, dem du im Weg stehst.«
»Hans von Sachsenheim.«
Weida staunte. »Ich habe fast vergessen, was für ein kluges Köpfchen du hast. Nun, genauso ist es.«
»Und was, wenn ich fragen darf, habt Ihr mit diesem Kerl zu schaffen?«
»Ich stehe in seiner Schuld, denn er war es, der das Lösegeld für mich bezahlte. Nachdem ich freigelassen worden war, reiste ich nach Hauzenberg, um meinem Wohltäter zu danken. Ich traf ihn und wollte ihm einen Schuldschein übergeben. Er jedoch meinte, meine Schuld sei beglichen, sobald die Nachricht von deinem Tod an sein Ohr dringt. Er nahm wohl fälschlich an, dass ich einen übermächtigen Groll gegen dich hege, und wunderte sich, dass meine Zuneigung zu dir ungebrochen ist. Es gelang mir, ihn von seinem ursprünglichen Plan, dich bei einem Unfall umkommen zu lassen, abzubringen, aber ich musste versprechen, dafür zu sorgen, dass du nie wieder bayrischen Boden betrittst. Daraufhin schrieb ich jenen Brief, der dich von Grünwald weglockte. Ich hab’s für dich getan, Margarethe. Glaub mir, du wärst dort nicht mehr sicher gewesen. Sachsenheim hat einen Spion im Jagdschlösschen. Er war über jeden deiner Schritte informiert.«
Margarethe stockte der Atem. Das waren ungeheuerliche Nachrichten. Ein Verräter auf Grünwald. Sie tippte sofort auf den Burgpfleger. Der Mann hatte sich vom ersten Moment an merkwürdig benommen.
»Und den Plackerer, wer hat den beauftragt?«
»Das war ich.«
»Und meine Gefährten?«
»Denen sollte, wenn möglich, nichts passieren.«
Neue Hoffnung keimte in Margarethe auf. Es bestand also eine gute Chance, dass Jan und Trine noch am Leben waren.
»Und wo wir gerade bei dem Thema sind: Wir
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