Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
sehr verbunden, seit er dessen Empfehlungen gewinnbringende Beziehungen nach Zwickau verdankte.
»Meine Söhne Ulrich und Jakob sind gerade im Erzgebirge, um ein neues Silbervorkommen am Schneeberg zu ergründen«, erklärte der Kaufmann beim Nachtmahl. »Wir erwarten sie jeden Tag zurück. Hoffentlich schaffen sie es noch nach Hause, bevor das Wetter es gänzlich unmöglich macht zu reisen. Die Straßen im Osten sind oft schon im November unpassierbar. Ich hoffe, Ihr wollt nicht in dieser Richtung weiterziehen, Euer Liebden.«
Albrecht schüttelte den Kopf. »Unser Ziel ist Heidelberg.«
Welser nickte wissend. Jedermann hatte von der geplanten Verlobung mit Elisabeth gehört, und es wurde überall davon gesprochen. »Auch dieser Weg ist im Spätherbst nicht ohne Tücken. Ihr müsst durch den Schwarzen Wald.«
»Da habt Ihr recht«, bestätigte Albrecht und knabberte genüsslich an den Hühnerschenkeln in Honigsauce, die ihnen gereicht wurden. Der Augsburger musste einen ausgezeichneten Koch auf der Lohnliste haben. »Ich hoffe trotzdem, bald weiterreiten zu können.«
»In der Zwischenzeit hätte ich eine angenehme Ablenkung für Euch. Es gibt in Augsburg eine Badstube mit vorzüglichem Ruf, und einen so hohen Gast wie Euch lässt der alte Bernauer bestimmt von seinem Töchterchen persönlich bedienen. Das hält er rar. Agnes ist nämlich ein Mädchen von seltener Schönheit, keusch und gottesfürchtig, das nichts mit den Reiberinnen gemein hat, die ihr Vater sonst beschäftigt.«
»Tatsächlich?« Albrecht gähnte. Eigentlich fühlte er sich müde nach dem anstrengenden Ritt, aber ein Besuch in der Badstube konnte ihm durchaus gefallen. »Dann wollen wir sie uns nachher mal ansehen, diese Agnes«, ließ er den Kaufmann wissen, »und schauen, ob das Mädchen wirklich so etwas Besonderes ist.«
»Ihr werdet nicht enttäuscht sein, hoher Herr.«
Doch es wurde nichts aus dem gemeinsamen Badegang, da noch ein weiterer Gast eintraf. Es war der Truchsess von Bischishausen, der auf dem Weg war, um seine Tochter Margot zu besuchen. Auch ihm musste Quartier bereitet werden, was keine einfache Sache war, da der Mann gebrechlich schien und sein Kammerdiener viel Aufhebens um des Herrn Wohlergehen machte. Albrecht überlegte kurz, allein zum Bernauer zu gehen, verwarf die Idee aber rasch. Lieber wollte er sich richtig ausschlafen, und vielleicht bot sich ja auf dem Rückweg Gelegenheit zu einem Besuch.
Der Truchsess von Bischishausen sank erschöpft auf sein Lager. Er hatte sich in der Nacht mehrfach heftig übergeben müssen. Nun war er so geschwächt, dass er die Hilfe seines treuen Kammerherrn Joseph benötigte, der ihm nicht von der Seite wich, seit er ihm zum ersten Mal die Waschschüssel gebracht hatte. Bischishausen musste Joseph insgeheim recht geben, der besorgt reagiert hatte, als er von seinen Reiseplänen ins Bayrische gesprochen hatte. Warum die Tochter stattdessen nicht herkommen lassen?, war sein Vorschlag gewesen.
Dem Truchsess ging es bereits seit Wochen schlecht. Er hatte nach einer Gastritis so stark abgenommen, dass ihm kein Gewand mehr passte, und selbst einem Narren musste auffallen, dass der einst stolze Herr schwer erkrankt war. Aber so kurz vor dem Winter blieb keine Zeit, sich zu schonen, denn die Ernte war eingebracht und die Einnahmen mussten überprüft werden. Der Truchsess hetzte von Ort zu Ort und nahm sich für jeden noch so lästigen Bittsteller Zeit. Hinzu kam nun noch diese weite Reise zu seiner Tochter.
Eine Nachricht von Margarethe hatte Bischishausen aufhorchen lassen. Die Hofdame machte sich Sorgen um Margot, weil Hans von Sachsenheim in München herumscharwenzelte und sie selbst einige Zeit abwesend sein würde. Bischishausen hatte von der Abreise des Hofmeisters nichts gewusst und war nun aufs Höchste beunruhigt. Er sah die Sache ähnlich wie Margarethe: Diesem Verführer Sachsenheim war es zuzutrauen, dass er Margot erneut mit Erfolg umgarnte. Das musste um jeden Preis verhindert werden. Und wenn es das Letzte war, was der Truchsess tun würde.
Während er noch seine eigene Schwäche verfluchte, wies der Truchsess Joseph an, eine Kutsche zu organisieren, damit sie das letzte Stück Weg bis nach Grünwald bequemer reisen konnten. Danach sank Bischishausen in seine Kissen und schloss die Augen.
Joseph verbeugte sich und machte sich daran, den Wunsch seines Herrn in die Tat umzusetzen. Es war zwar noch früh am Morgen, aber im Stall herrschte bereits reger Betrieb. Ein paar
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