Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
hoffen, dass bis dahin ein paar Schießprügel kaputt gehen oder den Hussiten die Munition knapp wird.«
»Ich fürchte fast, die Hoffnung wäre vergebens, denn mir scheint, sie verfügen über eine gute Quelle.«
Sepi erntete einen bohrenden Blick. Mit Unschuldsmiene hob der junge Mann die Schultern. »Ich bin nur ein einfacher Kaufmann und versteck mich hinter einem großen Baum, wenn’s knallt!«
»Du hast damit nicht zufällig etwas zu tun, dass all diese Waffen ihren Weg von München hierher fanden?«
»Gottes Pfade sind verschlungen.«
»Mit dem hat das wohl eher nichts zu tun.«
»Na gut, könnte schon sein. Jetzt kennt Ihr mein kleines Geheimnis, aber ich weiß auch um Eures, Herr Sedlic, denn Eure Gefühle für Frau Margarethe, habt Ihr schon damals in Prag nicht verbergen können.«
Jan wurde rot, und das passierte ihm nicht oft. Sepi versetzte ihm einen freundschaftlichen Stoß mit dem Ellbogen. »Na, Herzensangelegenheiten sind nichts, wofür man sich zu schämen braucht, und was das andere angeht: Meines Wissens gibt es kein Gesetz, das den Handel mit Waffen verbietet.«
Jan wollte gerade mit einer Moralpredigt loslegen, als der große Kerl, in dem Jan den Anführer zu erkennen glaubte, zwei Zinnbecher vor sie hinstellte und eine klare Flüssigkeit eingoss, bei der es sich dem Geruch nach um Selbstgebrannten handelte.
»Ah, darauf hab ich gewartet«, seufzte Sepi, schloss kurz die Augen und sog genießerisch den Duft ein. »Einen vergleichbaren Borovicka bekommt Ihr nirgendwo sonst auf den Tisch gestellt, mein lieber Jan.«
Der Riese grinste zufrieden, hob seinen Becher und rief laut: »Na zdraví!«Ein vielstimmiger Chor und das Klirren zahlreicher Krüge folgten. Auch Jan und Sepi schlossen sich an. Im Nu waren die Becher leer. Der Kaufmann zog einen Stuhl herüber, und der Riese hockte sich zu ihnen. Erwartungsvoll schaute er zu Jan.
»Dafür lohnt sich die weiteste Reise«, lobte der Ritter artig.
Ein wohlwollendes Zwinkern aus den tiefschwarzen Augen war die Antwort. »Euer Freund weiß einen guten Tropfen zu schätzen, Herr Kaufmann. Und nun verratet mir, was Euch zu uns führt.«
»Ich bin hier, um dich zu warnen, Thomek. Es wurde eine Edeldame entführt, und die Spur führt genau hierher. Nun sind die Truppen des Fürstbischofs unterwegs, bereit, jeden Stein umzudrehen, bis man sie gefunden hat.«
Thomek strich sich mit der Hand den Kinnbart glatt. »Hm, das wäre gar nicht gut – für die Passauer meine ich. Kann sein, dass sie eine Ladung Blei zu schmecken bekommen, wenn sie sich zu weit in die Wälder wagen.«
Der Hussit klopfte mit der Hand an seinen gewaltigen Vorderlader. Sepi legte die Hand auf des Hussiten Arm. »So weit muss es ja nicht kommen. Es wäre ja möglich, dass wir die Dame finden. Dann könnten sich die Söldner den Weg sparen.«
»Da muss ich Euch enttäuschen. Die Weiber, die bei uns lagern, zählen bestimmt nicht zu der Sorte, die Ihr sucht, aber ich könnt mich mal umhören.«
Seine rabenschwarzen Augen glänzten. »Um wen handelt es sich denn genau? Wenn Ihr bei diesem Wetter mutterseelenallein in die Berge reitet, dann muss die Dame …«, er unterbrach sich, als würde er überlegen, wie weit er gehen konnte, »… entweder Eure Braut sein, oder es lässt sich ein hübsches Sümmchen an ihr verdienen.«
Jan saß mit steifem Rücken da und schaute grimmig drein. Sepi dagegen schob lachend seinen Becher zu Thomek herüber. Prompt wurde ihm erneut eingegossen.
»Na zdraví!«, sagte der Kaufmann und hob das Trinkgefäß. »Auf die schönen Frauen, die den Männern das Leben versüßen.«
»Na zdraví!«, antwortete der Riese. »Mal angenommen, ich wüsste, wo man diese Dame findet, was würde für uns dabei herausspringen?«
Jan wollte bereits wütend aufspringen. Seiner Meinung nach war es die Pflicht eines jeden Mannes von Ehre, eine Edeldame zu retten, ohne vorher auszuhandeln, wie viel dafür bezahlt wurde.
Doch Sepi legte ihm die Hand auf den Arm. Gemächlich lehnte sich der junge Kaufmann zurück, wobei er seine Börse vernehmlich klirren ließ. »Kommt ganz darauf an, worin genau deine Hilfe besteht und ob unser Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird. Ihr wisst selbst, ein Geschäft ist erst abgeschlossen, wenn Ware und Geld übergeben sind.«
»Wie wahr, doch ich muss Euch enttäuschen. Ich kann mich zwar umhören, aber Ihr werdet Euch selbst bemühen müssen. Und ich will Euch warnen: Die Sache wird nicht einfach werden.«
In Jan wuchs
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