Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
nickte, obwohl sie ihm eigentlich entgegenschreien wollte, dass sie ihn hassen würde, falls er sie geschwängert hatte.
»Ich danke dir für diese Gunst und für die Gewissheit, dass du das Kind in Liebe und Güte erziehen wirst.« Hastig stand er auf, zog sich an und verließ sie ohne ein weiteres Wort.
Margarethe presste den Kopf gegen die kalte Mauer und kämpfte gegen die Angst an, möglicherweise empfangen zu haben. Was sollte sie tun, wenn ihre nächste Blutung aussetzte? Was würde sie tun können? Natürlich gab es da die Hebammen, die Kräuterfrauen und nicht zuletzt die Engelmacherinnen. Aber sie erinnerte sich nur zu gut an jene Nacht mit Margot. Unwillkürlich begann die junge Frau zu zittern. Würde es nur diesen einen Ausweg für sie geben? Wenn sie noch lange Weidas Gefangene blieb, konnte sie davon ausgehen, denn gewiss würde er so lange ihr Lager teilen, bis sich seine Sehnsucht nach einem Sohn erfüllt hatte.
Ihr Blick fiel auf die Überreste eines zerbrochenen Kruges auf dem Boden. Lange betrachtete sie die Scherben. Irgendwo da draußen war Jan. Wenn es ihr gelang, aus der Burg zu flüchten, würde er sie auf sein Pferd ziehen und mit ihr davonreiten. Doch ob er es schaffen konnte, diese Mauern zu überwinden und den Plackerer zu besiegen, war fraglich. Dann stand ihr Entschluss fest. Nur ein einziger Mann stand zwischen ihr und der Freiheit. Ihn galt es aus dem Weg zu schaffen. Langsam beugte sie sich zu den Scherben hinunter, betastete verschiedene Bruchstücke und fand eines, dessen Kante messerscharf war.
Trine hatte sich gleich nach ihrer Ankunft in den Stall verkrochen. Jetzt lockten sie Geschrei und Gejohle auf den Hof hinaus. Die Männer hatten sich in einem Kreis aufgestellt. Jan Sedlic und sein Gegner hielten lange Holzstöcke in der Hand und standen sich in der Mitte gegenüber. Trine sah, wie man Wetten abschloss. Auf Jan setzte nur Sepi und sonst keiner. Das wunderte sie nicht, denn der andere war ein baumlanger Kerl, der den Ritter um mehr als einen Kopf überragte und vermutlich fast doppelt so viel wog. Sein Gesicht konnte sie in der Dunkelheit nicht erkennen, doch Trine hörte, dass so lange gekämpft werden sollte, bis sich einer der Kontrahenten nicht mehr vom Boden erhob. Sie stöhnte. Jan Sedlic würde eine gehörige Tracht Prügel einstecken müssen.
In Böhmen war diese Art von Ringkampf ein beliebter Zeitvertreib. Die Kinder übten sich darin, kaum dass sie laufen konnten. Dagegen war Jan als Ritter in ganz anderen Kampfesarten ausgebildet. Doch Trine hatte keine Zeit, ihn zu warnen, denn das Spektakel hatte bereits angefangen. Mit dumpfem Klang schlugen die Stöcke gegeneinander. Sie beobachtete, wie der Riese seinen Stock schwang und auf den anderen eindrosch wie auf ein Bündel Stroh. Jan hielt sich tapfer, bis sein Stock in tausend Splitter zerbarst.
Da spürte Trine eine Berührung an der Schulter. Sie zuckte zusammen und fuhr herum. Ein kleiner Mann mit Tonsur stand vor ihr und flüsterte: »Thereza, ist das möglich, oder spielen mir meine müden, alten Augen einen Streich?«
»Kenn ich dich?«, fragte Trine.
»Ja, ich bin’s doch, euer alter Schreiber. Erinnerst du dich nicht mehr an mich?«
»Ludger?«, hauchte Trine ungläubig. »Gütiger Himmel, kann das sein?«
»Und ob das sein kann.« Ungestüm packte er Trine an den Schultern und umarmte sie. »Dass ich das noch erleben darf! Unseres verehrten Herrn Hus’ liebste Schülerin und Seelenverwandte.«
Trine wurde rot. Schon damals hatte jeder gewusst, dass sie mehr gewesen war als nur Jan Hus’ Schülerin.
»Ich hätte nicht gedacht, dich jemals wiederzusehen. Damals hieß es, alle, die mit ihm nach Konstanz gegangen sind, wären umgebracht worden. Gelobt sei Jesus Christus, dass man dich verschont hat. Welchem gütigen Schicksal verdankst du das?«
»Zu dem Zeitpunkt war ich bereits auf dem Weg zurück nach Prag, da Gretchen die Stadtluft nicht vertrug. Nur so entging ich den Häschern. Doch sie setzten mir nach, verfolgten mich bis nach Prag. Um ein Haar hätten sie ihr Werk vollendet und mich und das Kind gemeuchelt. Frau Margarethe und diesem Ritter dort verdanke ich, dass die feigen Kerle flüchteten.«
Sie deutete zu Jan, der einem weiteren Schlag des Riesen auswich und ihn dann mit einem geschickten Tritt in die Kniekehlen zu Fall brachte. Die Männer johlten und warfen ihre Hüte.
»Warte, lass uns an einen ruhigeren Ort gehen.« Ludger führte sie zu einer kleinen Kapelle und
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