Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
und eher sterben würde, als auf der Osterburg lebendig begraben zu werden. Weida haderte mit sich, während die Nacht voranschritt. Margarethe war einfach kein verschmustes Stubenkätzchen, das sich zähmen ließ. Man konnte sie höchstens kontrollieren. Aber vielleicht ging alles besser, wenn sie erst durch eine Schwangerschaft behäbiger und nach der Geburt mütterlicher wurde. Wenn sie ihm doch nur einen Sohn schenkte …
Minuten später kämpfte sich der Vogt erneut humpelnd und stöhnend die Stufen zur Kammer im Turm hoch, öffnete die Tür und trat ein. »Es tut mir leid, Margarethe«, sagte er.
Die Rothaarige blinzelte ihn feindselig aus einem halb zugeschwollenen Auge an.
Er war wohl doch rabiater gewesen, als er beabsichtigt hatte. »Ich wollte dich nicht schlagen, meine Liebe, aber du hast mir keine andere Wahl gelassen. Sei vernünftig, und es soll nie wieder geschehen.« Er legte die Rechte auf seine Brust und zwinkerte ihr um Verzeihung heischend zu.
Sie schnaubte verächtlich.
»Ich hab einen besonders guten Tropfen dabei. Du wirst begeistert sein.« Weida stellte den Becher vor sich ab und trat einige Schritte zur Seite.
Der Anblick und der Geruch des Weins schienen sie versöhnlicher zu stimmen.
»Mich erinnert er an den Wein, den uns Königin Sophie früher reichen ließ«, schwärmte er weiter und nippte an seinem Becher. »Koste ihn doch. Du wirst ihn lieben.«
Mit verächtlichem Blick nahm sie ihm den Becher aus der Hand und setzte ihn an die Lippen. Gierig ließ sie die Flüssigkeit durch ihre Kehle rinnen, so durstig war sie.
Weida wusste, dass er nicht zu viel versprochen hatte, der Wein war tatsächlich hervorragend.
Sie sah zu ihm hinüber und räusperte sich leise. »Ihr habt recht, ein köstlicher Tropfen. Und ich glaube, jeder von uns hat so seine Blessuren abbekommen. Trotzdem werde ich es wieder versuchen, sobald sich eine Gelegenheit zur Flucht ergibt.«
Er seufzte. »Versuch dein Glück und ich meins.«
»Dann wissen wir ja jetzt beide, woran wir sind.«
Er schenkte ihr nach. »In diesem Sinne, lass uns unserer ehelichen Pflicht nachkommen. Ich habe uns eine zusätzliche Decke mitgebracht. Es ist kalt geworden. Ich könnte heute Nacht auch hierbleiben, dann könnten wir uns gegenseitig wärmen.«
»Ich nehm lieber die Decke.«
Jemand pochte gegen die Tür.
»Herr?«, ertönte Tondas Stimme dumpf. »Ich habe eine Botschaft für Euch. Mit einem Seitenblick auf Margarethe erhob sich der Vogt und ging zur Tür. Der Riegel wurde zurückgeschoben. Weida steckte den Kopf heraus, und Tonda sagte: »Er ist da. Man hat ihn gesehen, ganz in der Nähe der Klause.«
Weidas Kopf fuhr herum. Rasch huschte er aus der Kammer. Margarethe schlug das Herz bis zum Halse. Meinte Tonda Jan? Konnte es sein, dass er endlich gekommen war? So schnell sie konnte, sprang sie aus dem Bett und legte das Ohr ans Türblatt. Doch wie sie sich auch anstrengte, mehr als ein undeutliches Flüstern war nicht auszumachen. Enttäuscht schlich sie wieder zu ihrem Bett.
Keinen Tagesritt von Margarethe entfernt zechten Jan und Sepi gemeinsam mit den Hussiten, die sie zwar erstaunt, aber wohlwollend aufgenommen hatten. Die Klause bot mehr Raum, als sie von außen vermuten ließ, da sie sich im Inneren des Berges fortsetzte. Jetzt war auch klar, wozu man all das Holz benötigt hatte. Die massiven Stämme bildeten das Stützwerk weit in den Berg hineinführender Stollen. Jan vermutete, dass sich in den Tiefen des Berges Waffen und Schießpulver türmten, und hätte zu gern einmal einen Blick hineingeworfen. Finster dreinblickende Wachen ließen jedoch keinen Zweifel daran, dass er seine Neugierde zu zügeln hatte. Der Ritter bekam auch so beunruhigend viel zu Gesicht. Die Männer führten allesamt nagelneue Schießprügel mit sich, die das Siegel einer Münchner Waffenschmiede trugen. Als er Sepi darauf aufmerksam machte, zuckte der nur mit den Schultern und sagte: »Ihr habt eben die besten Büchsenmacher des Reichs. Freut Euch doch, wenn deren Geschäfte blühen. Das spült dem Herzog reichlich Geld in die Staatskasse.«
Den Ritter schüttelte es angesichts dieser Logik, und er flüsterte. »In nicht allzu ferner Zukunft könnte es passieren, dass wir selbst in die Mündungen dieser Gewehre blicken. Dann wären wir froh, wenn beim Gegner etwas weniger davon vorhanden wären.«
Der Kaufmann lächelte spitzbübisch »Wer das Kriegshandwerk erlernt, sollte Pulvergeruch nicht scheuen. Aber Ihr könnt ja darauf
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