Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Freund nicht alles. Er war immer so direkt, so geradeheraus. Albrecht wollte mit dem Kopf durch die Wand, und wenn ihm dies nicht gelang, dann rannte er so lange dagegen, bis diese nachgab. Manche Wände jedoch waren aus festem Stein, sodass man sich nach vergeblicher Anstrengung mit blutigem Kopf zurückziehen musste. Das aber durfte diesmal nicht geschehen. Schließlich ging es um Margarethes Zukunft und damit auch um Jans.
Ohne Margarethe konnte und wollte er sich ein Leben nicht vorstellen, vor allem seit der Sache in der Stadt und den bangen Minuten im Rübenkeller, als sie sich hilfesuchend an ihn geschmiegt hatte. Zu ihm war sie in ihrer Not gekommen, nicht zu Albrecht. Ganz so, als würde sie spüren, dass er derjenige war, der sie ein Leben lang beschützen wollte. Margarethe war längst nicht mehr das freche, mutige Ding vom letzten Sommer, das stets versuchte, mit den Jungen gleichzuziehen oder sie am Ende gar noch zu übertreffen. Sie war eine richtige junge Dame geworden, wunderschön anzusehen in diesem Kleid aus dunkelblauem Brokat, mit ihren Augen von der Farbe grün schimmernder italienischer Diamanten. Jan lächelte versonnen. Margarethes Bild umfing ihn wie eine warme Berührung. Einen Augenblick hielt er die Erinnerung fest, dann jedoch atmete er tief durch, drehte sich um und ging mit festem Schritt zurück in die Burg.
»Albrecht, mein Lieber, wie schön, dass du da bist«, begrüßte die Königin ihren Neffen. »Ich wollte dich ohnehin rufen lassen. Komm, setz dich zu mir.«
Die Königin klopfte mit der Hand auf einen der zierlichen Sessel in ihrem Teezimmer und winkte gleichzeitig die Damen hinaus, die ihr gerade Gesellschaft leisteten. Sie wollte allein mit dem Sohn ihres Bruders sprechen. Der Junge nahm Platz. Sophie musterte ihn aus den Augenwinkeln. Junge? Nein, das passte nicht mehr. Albrecht war ein Ritter geworden. Er würde seinem Vater später sicher einmal Freude machen. Jetzt aber bedrückte ihn etwas, denn er hatte zwar seine Hände in den Schoß gelegt, doch er knetete sie nervös, und seine Augen flackerten unruhig. Die Königin ahnte, was ihren Neffen umtrieb, und sie war auf dieses Gespräch vorbereitet.
»Nun, wie geht es dir?«, erkundigte sie sich fürsorglich.
»Danke, Euer Majestät«, begann Albrecht. Er pflegte sie stets mit ihrem offiziellen Titel anzureden, und trotz ihrer Verwandtschaft hätte sie auch selbst darauf bestanden. Es war gut, wenn die jungen Leute wussten, wo ihr Platz war. Andererseits war Albrecht gerade in einem schwierigen Alter, und er musste nun lernen, Verantwortung zu tragen. Deshalb war es am besten, ihm offen zu erklären, worum es ging. Selbst wenn er es jetzt noch nicht verstehen würde, irgendwann einmal, wenn er selbst in Amt und Würden war, würde er sich an die Worte der Königin – denn als solche würde sie zu ihm sprechen und nicht als Tante – erinnern und ihr verzeihen.
»Ich muss etwas mit dir bereden, Albrecht.« Sie senkte die Stimme, um ihren Worten mehr Gewicht zu geben.
»Du bist ein kluger Kopf und hast wache Augen, sodass dir sicher nicht entgangen ist, dass der böhmische Thron recht wackelige Beine bekommen hat. Wenzels Halbbruder Sigismund ist ein treuloser Mensch. Du weißt ja, dass er die ungarische Krone nur mit des Königs Hilfe erlangt hat. Statt sich jedoch dankbar zu zeigen …«
Albrecht nickte zustimmend, aber seine Lippen waren fest aufeinandergepresst.
»Und auch in der Sache mit dem Hus hat er seinen verräterischen Charakter bewiesen. Schließlich war es sein Versprechen des freien Geleits, das den Hus nach Konstanz lockte. Du wirst also einsehen, dass man vor diesem Menschen auf der Hut sein muss.«
»Ich verstehe nicht …«
»Warte, hab Geduld. Du musst erst die Zusammenhänge kennen. Schließlich wirst auch du in nicht allzu weiter Ferne eine Regentschaft ausüben und Entscheidungen treffen müssen, die nicht immer einfach sind. Aber für einen Souverän gilt, dass er seine persönlichen Interessen dem großen Ganzen unterzuordnen hat.«
Albrecht runzelte die Stirn, denn er ahnte dunkel, worauf seine Tante hinauswollte.
Die Königin strich sich das Kleid glatt und lächelte ihn wohlwollend an. »Sigismund stellt für uns Wittelsbacher eine große Gefahr dar. Hat er nicht bereits die Mark Brandenburg an die Hohenzollern verpfändet? Was wird sein nächster Schritt sein? Ich werd’s dir sagen, Albrecht. Mag er sich in Konstanz noch so jovial gegeben haben: Ihn dürstet nach der böhmischen
Weitere Kostenlose Bücher