Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
sich warten. Noch vor dem Nachtmahl ließ die Königin nach Margarethe rufen. Mit gesenktem Blick kniete diese vor ihrer Herrin, die sie kaum eines Blickes würdigte.
»Du hast mich sehr enttäuscht!« Königin Sophie war ihre Wut deutlich anzumerken. »Ich hab dich für dankbar und vertrauenswürdig gehalten.«
Die junge Hofdame biss sich auf die Lippen und versuchte, das Donnerwetter an sich abprallen zu lassen.
»Tu nicht so reumütig«, zischte die Monarchin sie an. »Glaubst du etwa, ich wüsste nicht über dich Bescheid?«
»Herrin, ich …«
»Schweig! Lange genug hab ich diese Sache mit Albrecht geduldet und mehr als einmal ein Auge zugedrückt, aber dass du so weit gehst, das schlägt dem Fass wahrhaft den Boden aus!«
Margarethe öffnete den Mund, doch die Königin wollte nichts hören. »Wage es nicht zu leugnen! Ich weiß alles!«
Die zahlreichen Briefe und Notizen, die sie Albrecht geschrieben hatte, fielen vor Margarethe auf den Boden. Unwillkürlich wollte die junge Frau sie aufsammeln, doch die Königin trat mit den Füßen darauf, als wären sie Ungeziefer.
»Ich hab dich hier aufgenommen, als wärst du mein eigenes Kind, und du dankst es mir so«, redete sich die Königin weiter in Rage. Sie wedelte mit den Händen, als müsse sie einen üblen Geruch vertreiben. »Fällst mir in den Rücken und treibst es mit meinem Neffen, du undankbares Ding. Glaubst wohl, ein Vogt sei nicht genug für dich! Du kannst dich glücklich schätzen, Margarethe, dass der Weida nach all dem immer noch zu seinem Wort steht.«
Die junge Frau sog vernehmlich die Luft ein. »Ich will ihn aber nicht heiraten«, entgegnete sie schließlich leise und mit Tränen in den Augen.
»Ach ja?«, zischte die Königin. »Was hast du denn mit deinem jungen Leben vor? Willst du eine Wittelsbach’sche Hure werden?«
Margarethe zuckte zusammen. »Albrecht liebt mich«, verteidigte sie sich.
Auf dem Gesicht der Königin zeichnete sich ein spöttisches Lächeln ab. »Tut er das? Tatsächlich? Du bist so dumm, kleine Margarethe. Vielleicht magst du dem Sohn des Herzogs den Kopf verdreht haben, aber für den Vater zählt nur das Blut, und deins ist ihm bei Weitem nicht gut genug. Für die Rolle der Schlaffrau magst du eine Weile taugen, eine Herzogin wirst du nie.«
Margarethe, die noch immer kniete, rollten die Tränen über die Wangen, während der Geruch der polierten Bodenbretter in ihre Nase drang. Am liebsten wäre sie im Boden versunken. Wie konnte die Königin sie nur als Dirne beschimpfen und gleichzeitig von ihr verlangen, sich in Weidas Bett zu legen.
»Überdies werdet ihr kaum noch Gelegenheit für heimliche Treffen haben«, fuhr Sophie fort. »Bis zu seiner Abreise wird Albrecht in seinen Gemächern bleiben. Er muss ohnehin schnellstmöglich nach München zurück. Es gibt Zwistigkeiten zu regeln, Ärger mit Ludwig dem Gebarteten. So wie es aussieht, kann mein Neffe sein Mütchen bald im Krieg kühlen. Das wird ihm die Flausen schon austreiben.«
Die Worte der Königin ergossen sich wie ein Eisregen über Margarethe und ließen sie erzittern. Albrecht sollte in den Kampf ziehen? Was, wenn ihm etwas geschah und er niemals wiederkehrte? Margarethe kauerte am Boden. Obwohl sie es nicht wollte, begannen ihre Schultern zu beben.
Minutenlang schwieg die Königin, dann sagte sie etwas milder: »Kind, es gibt Dinge im Leben, mit denen muss man sich abfinden.«
Im nächsten Moment brach Margarethe zusammen. Tiefe Schluchzer stiegen aus ihrer Kehle. Die Königin schien dies als Zeichen der Einsicht zu deuten. Ihre Stimme klang nun versöhnlich. »Ich erwarte, dass du morgen diesen Ausflug mit dem Weida unternimmst und dass du am Sonntag als seine Gattin zurückkehrst. Ich halte es nicht länger für klug, eine große Hochzeitsfeier auszurichten. Geh jetzt.«
Mit zitternden Beinen kam Margarethe der Aufforderung nach. Gesenkten Hauptes wollte sie sich zurückziehen. Als sie die Tür erreicht hatte, richtete die Königin noch einmal das Wort an sie: »Und, Margarethe, versuch gar nicht erst wegzulaufen.«
Jan drückte einem Stallburschen das von Schweiß triefende Pferd in die Hand und stürzte sich in seine Arbeit an der Ostmauer. Plötzlich gingen ihm die Bauarbeiten nicht mehr schnell genug voran. Barsch stauchte der junge Ritter ein paar Maurer zusammen, die scheinbar müßig herumstanden. Als sie ihm sagten, dass ihnen die behauenen Steine ausgegangen waren, brüllte er auf die Steinmetze ein, dass dem halben Bautrupp
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