Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
Vom Netzwerk:
Geschehen zunächst aus der Ferne anzusehen. Erst im entscheidenden Moment würde er sich zu erkennen geben. Keuchend erreichte der alte Ritter die Zinnen, von wo aus man weit übers Land, aber auch hinüber zu Margarethe blicken konnte. Der Vogt schirmte die Augen mit der Hand ab und entdeckte Margarethes unverkennbaren roten Haarschopf. Aufrecht stand sie da, mit wehenden Flechten und ohne die geringste Furcht, ein Anblick, der ihn in früheren Jahren zu einer Ballade inspiriert hätte. Heute waren seine gichtigen Finger nicht mehr in der Lage, die Laute zu schlagen.
    Während er voller Stolz seine zukünftige Gattin betrachtete, vergaß Weida für einen Moment all seine Pläne und Intrigen. Was für eine Frau! Gerne hätte er ihr applaudiert und gesagt, wie sehr ihm die Vorstellung gefallen hatte. In diesem Moment betrat Albrecht von Wittelsbach die Plattform.
    »Ach, arme Margarethe«, seufzte der Vogt, wandte sich um und stieg vorsichtig die Wendeltreppe hinab.
    Erneut erreichte er die unbeleuchteten Wehrgänge, über die man von Turm zu Turm gelangte. Die Wände waren rußig von unzähligen Fackeln und fühlten sich speckig an. Plötzlich hörte er leise Schritte. Der Vogt blieb stehen und verbarg sich in einer Nische. Er hörte jemanden, der heftig schnaufte und sich räusperte. Als er vorsichtig aus seinem Versteck spähte, erkannte er den Falkenmeister, der mit einem Vogel auf dem Handschuh in einem der Gänge verschwand. Wie nicht anders zu erwarten, hatte er sich dezent zurückgezogen. Wo aber steckte der Sedlic? Er sollte mit eigenen Augen sehen, aus welchem Holz sein treuer Freund Albrecht geschnitzt war. Weida eilte weiter, ohne auf seine gichtigen Gelenke zu achten. Stufe für Stufe quälte er sich nun höher auf den Turm mit der Flugplattform. Als er fast oben angelangt war, drang Margarethes murmelnde Stimme zu ihm herunter. Vorsichtig schlich der alte Ritter noch ein Stück weiter.
    »Komm«, gurrte nun Albrechts Stimme.
    Du mieser kleiner Verführer!, fuhr es Weida durch den Kopf, und er knirschte mit seinen wenigen verbliebenen Zähnen. Dann lauschte er und wartete, während der Bayer weiter Süßholz raspelte.
    »Ich habe Tag und Nacht an dich gedacht und daran, wie sich meine Lippen auf deinen angefühlt haben. Ich könnte sterben, nur um es noch einmal erleben zu dürfen.«
    Weidas Hand fuhr zu seinem Messer. Dieser Wunsch lässt sich erfüllen, Mistkerl, dachte der Vogt. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Sehr vorsichtig schob er sich weiter nach oben, so weit, dass er die beiden nicht nur hören, sondern auch sehen konnte. Der Wittelsbacher hatte die Rothaarige gegen die Brüstung gedrängt, sodass sie ihm nicht mehr ausweichen konnte, selbst wenn sie gewollt hätte. Seine Hände glitten lüstern über Margarethes Röcke. Weida mahnte sich zur Ruhe. Er durfte sich nicht hinreißen lassen, sonst würde sein schöner Plan zerplatzen wie eine Seifenblase. Der Sedlic musste jeden Moment hier sein.
    »Margarethe, liebste Margarethe, bald schon sind wir für immer zusammen«, flüsterte der Wittelsbacher. Dann küsste er sie leidenschaftlich auf den Hals.
    »Wenn wir München erst erreicht haben, kann uns nichts und niemand mehr trennen«, hörte der Alte den Bayern beteuern.
    »Falsch gedacht, Freundchen«, triumphierte der Vogt leise. Am liebsten hätte er laut gelacht. Des Wittelsbachers Pläne waren dem Weida längst bekannt. Er wusste, dass dieser an seine Mutter geschrieben und sie gebeten hatte, Margarethe bei sich als Hofdame aufzunehmen. Jedoch war diese Nachricht auf dem Schreibtisch der Königin statt bei der Herzogin gelandet – der Knecht leistete wirklich vorzügliche Arbeit. Sophie war außer sich gewesen vor Empörung und hatte Albrechts Brief kurzerhand verbrannt. Weida hatte sich zufrieden die Hände gerieben, als er erfahren hatte, dass der hübsche Plan des Bayern vereitelt worden war, ohne dass dieser davon ahnte.
    Der Bursche würde noch eine Menge lernen müssen, wenn er ein halbwegs tauglicher Herzog werden wollte. Im Augenblick war er nicht viel mehr als ein unbedarfter Junge. Allerdings war dieser Jüngling gerade im Begriff, Margarethe zu verführen. Wenn der Sedlic nicht langsam aufkreuzte, würde Weida selbst einschreiten müssen. Der Vogt ballte die Hände zu Fäusten, während er beobachtete, wie Albrechts Küsse fordernder wurden. Jetzt würde sich herausstellen, ob Margarethe ein ehrbares Mädchen war oder doch die Hure, als die die Wettinerin sie hinstellte. Weida

Weitere Kostenlose Bücher