Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
versprach. Jetzt im Sommer blühten die Rosen, von denen es viele verschiedene Sorten gab. Manche mit betörendem Duft, andere mit samtroten Blüten, die so groß und schwer waren, dass die Stiele sie kaum zu tragen vermochten.
Lächelnd blinzelte Margot zu Margarethe hinüber, auf deren Hand das Falkenweibchen Wic saß, sichtlich satt und zufrieden nach dem Jagdausflug vom Vormittag. Die Falknerin strich nachdenklich über das hellbraune Federkleid des Vogels und musterte ihrerseits Margot. Ihr ehemaliger Zögling war zu einer bezaubernden jungen Frau herangewachsen. Der Tod der Mutter hatte Margot zwar getroffen, doch es war das Privileg der Jugend, stetig nach vorne zu blicken und dabei so manchen Verlust zu verwinden.
Zwei Jahre lang hatte Margot versucht, ihrem Vater auf dessen Schloss nach außen hin die Gattin zu ersetzen, doch geglückt war es ihr nicht. So sehr der Truchsess seine Tochter auch liebte, konnte sie doch nicht die Lücke schließen, die seine Frau hinterlassen hatte. Sie war einfach zu jung und zu unerfahren, um einem so großen Hausstand vorzustehen. Schließlich hatte Margot aufgegeben, und ihr Vater war klug genug gewesen, sich stattdessen jemand anderen für diese Aufgabe zu suchen. Seitdem genoss es seine Tochter, einfach wieder ein unbeschwertes junges Mädchen sein zu können, das seinen Vater mit ihrer stets fröhlichen Art aufmunterte. Nach langem Zögern hatte er sogar Margots Bitte nachgegeben, sie von ihrer Stammburg nach Stuttgart umziehen zu lassen. Letztlich hatte Margarethes Argument den Ausschlag gegeben, dass ein so hübsches und lebenshungriges Mädchen wie Margot Abwechslung brauche. Besser, sie amüsierte sich in angemessener Weise bei Hofe.
Der Truchsess war bei diesen offenen Worten zusammengezuckt. »Aber sie ist so ein behütetes Kind«, hatte er mit väterlicher Fürsorge eingewendet.
»Sie hat sich am Prager Hof blendend zurechtgefunden, warum also nicht in Stuttgart?«
»Nun ja, die Württemberger sind zuweilen recht ungehobelt, und der Stuttgarter Hof ist nicht einfach. Ich möchte nicht, dass sie verschreckt wird.«
Diese Bemerkung hatte bei Margarethe für große Heiterkeit gesorgt, und auch Margot war lauthals herausgeplatzt, als die Freundin ihr die Worte des Vaters später wiederholte.
»Diese Sorge ist gewiss unberechtigt«, hatte die Rothaarige mit Überzeugung gesagt. »Eure Tochter, hoher Herr, steht mit beiden Beinen auf dem Boden.«
Widerwillig hatte der Truchsess nachgegeben und die Abreise vorbereiten lassen.
Inzwischen hatten sich die beiden jungen Damen in ihren Kammern auf dem Wasserschloss eingerichtet, und Margot hatte – wie es schon in Prag ihre Art gewesen war – augenblicklich den Schlossklatsch wie ein Schwamm aufgesaugt. In kürzester Zeit wusste sie über jeden ledigen Ritter genauestens Bescheid und plauderte mit den entzückten Jünglingen, als wäre sie hier bei Hofe aufgewachsen. Wie nicht anders zu erwarten, lagen ihr die Adelsherren schon nach dem ersten Abend zu Füßen. Sie dankte es ihren Verehrern mit Komplimenten und konnte sich vor Einladungen und Geschenken kaum retten.
Hinter vorgehaltener Hand amüsierte sich Margot mit Margarethe über die ungeschickten Tändeleien. »Im Vergleich zu Prag sind das doch alles kleine, tapsige Tanzbären«, meinte sie und schüttelte vergnügt ihre dunkelbraunen Haare. »Der Caspar von Klingenberg wäre beinahe vom Pferd gefallen, als Wic im Sturzflug an ihm vorbeirauschte und sein Reittier einen Satz zur Seite machte. Kannst du dir so etwas in Prag vorstellen?«
Margarethe schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Dort lernen die Buben reiten, bevor sie laufen können.«
»… und der Rechberger Hans«, fuhr Margot fort, ohne auch nur Atem zu holen, »dieser Geck hat sich die Fasanenfeder ganz schief an das Chaperon gesteckt. Das sah vielleicht ulkig aus.«
»Er lief damit herum, stolz wie ein Pfau, dass es zum Lachen war«, pflichtete Margarethe bei. Es tat auch ihr gut, sich nicht mehr in der Eintönigkeit der Bischishausener Burg zu langweilen, obwohl sie das schlechte Gewissen plagte, weil sie sich hier amüsierte, während Albrecht und Jan zur gleichen Zeit womöglich Leib und Leben riskierten.
Bisher hatten sich die Münchner Bayern geschickt aus den meisten Scharmützeln herausgehalten. Soweit Margarethe wusste, hatten die Schwerter der Freunde noch kein Blut zu schmecken bekommen. Immer wieder betonte der Herzogssohn in seinen Briefen, dass sich Margarethe keine Sorgen zu machen
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