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Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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schlagen, wie es ihr verstorbener Gatte Graf Eberhard getan hätte, und notfalls auch einmal Köpfe rollen zu lassen, zog sie sich in weibischem Gehabe nur schmollend zurück oder schob ihr Versagen auf ihre Staatsbeamten.
    Selbst der einflussreiche Hans Truchsess von Bischishausen – oberster Beamter im Ländle – hatte dies schon zu spüren bekommen und war kurzerhand seiner weitreichenden Befugnisse beschnitten worden, wovon nun Sachsenheim, seines Zeichens Hofmeister, profitierte. Allerdings war der Truchsess zu klug, sich seine Verstimmung anmerken zu lassen. Gemocht hatten sich die beiden Männer schon vorher nicht. Der Truchsess war Sachsenheim von Anfang an mürrisch und misstrauisch begegnet. Sachsenheim schob es darauf, dass er dem alten Griesgram zu jung, zu ehrgeizig und zu galant war.
    Der Hofmeister drehte sich zu seinem Gegenspieler um. Der Truchsess war ein schlanker, grauhaariger Mann, der auf seinem schweren Schlachtross noch immer eine gute Figur abgab. Aber seine Zeit war vorbei. Über kurz oder lang würde er sich auf seine Güter zurückziehen und, da er keinen männlichen Erben besaß, die Pflichten des Amts an seinen Schwiegersohn abgeben, bis ein mündiger Enkel die Erbfolge antreten konnte.
    An der Seite des Truchsessen ritt der griesgrämige Abt von Ellwangen, von dem jedermann wusste, dass er ein Spion des Pfalzgrafen Ludwig war, also des Mannes, der Henriette lieber heute als morgen die Vormundschaft für die beiden Prinzen entzogen und den Rat entmachtet gesehen hätte. Gleich hinter den beiden hielten sich zwei Frauen, die Sachsenheim noch nie zuvor bei Hofe gesehen hatte. Die eine war ein junges Ding mit dunklen Haaren und frecher Stupsnase, die andere eine rothaarige Schönheit, die einen stattlichen Falken auf dem Arm trug. Die Damen schwatzten und lachten und schienen bester Laune zu sein.
    »Dieser alte Kasten«, lamentierte Gräfin Henriette währenddessen über ihr Schloss in Stuttgart, das sie noch nie besonders gemocht hatte. Das verwunderte nicht, denn das Gemäuer war feucht und im Winter so gut wie nicht zu heizen. »Irgendwann wird er vermutlich zusammenbrechen. Ist Euch nicht auch aufgefallen, Sachsenheim, dass es schon wieder Risse im Mauerwerk gibt? Es ist mir ein Rätsel, warum die Familie meines verehrten Gatten, der mich viel zu früh mit all der Verantwortung allein gelassen hat, ihren Sitz vom Wirtemberg ausgerechnet in einen stinkenden und von Mücken verseuchten Rossstall verlegte.«
    Sachsenheim überging die Anspielung, dass das heutige Wasserschloss in früheren Zeiten ein Gestüt gewesen war. »Vielleicht hofften sie, dass irgendein Nachkomme einmal ein neues, glanzvolles Schloss errichten würde«, schmeichelte der Hofmeister.
    »Ich werde das kaum sein, mein Lieber. Woher das Gold für so etwas nehmen? Soll ich am Ende Land verkaufen wie damals die Hohenberger nach der großen Hungersnot? Württemberg ist nicht das reiche Ulm. Wir haben keine vergleichbaren Einkünfte aus Handel und Handwerk, sondern bloß die Sensen unserer armen Bauern.«
    Und die Weinberge und die Zölle, dachte Sachsenheim. Er nickte trotzdem und machte ein betrübtes Gesicht. Gelassen ertrug er Henriettes jammernde Arie, die er schon so gut kannte, dass er, ohne hinzuhören, an der passenden Stelle nicken, kummervoll seufzen oder ein trauriges Gesicht machen konnte. Trotzdem war er froh, als sie endlich das Brachland erreichten, auf dem die Jagd stattfinden sollte – eine Wiese, die von unfreien Bauern trockengelegt und für Vieh nutzbar gemacht worden war. Die Aussicht, dass nun die Pferde der hohen Herrschaften das saftige Gras zertrampeln würden, ließ sie mit finsteren Gesichtern am Wegesrand stehen, ohne ihre Regentschaft auch nur mit einem einzigen Ruf hochleben zu lassen.
    Man sollte der undankbaren Bagage die Peitsche zu schmecken geben, damit sie lernt, ihrer Herrschaft gegenüber Respekt zu zeigen, dachte Sachsenheim. Auf der Burg seines Vaters gab es solch störrisches Gehabe nicht.
    Die Treiber nahmen bereits am anderen Ende der Lichtung Aufstellung. Mit Rasseln, Stöcken und laut kläffenden Hunden begannen sie, das Wild aufzuscheuchen. Der Falkenmeister überreichte der Königin einen Vogel, den sie augenblicklich in die Höhe warf. Fast gleichzeitig flatterte ein Fasan auf. Ungeschickt versuchte er, über die Köpfe der Treiber hinweg zu entkommen.
    »Schaut, Sachsenheim!«, rief Henriette aufgeregt und wies auf den Falken, der mit weit ausgefahrenen Fängen von oben

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