Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
nicht nach?« Sachsenheim zog die Augenbrauen zusammen. Normalerweise waren die Bitten der Gräfin Befehl. »Will er sie etwa für sich selbst? Er ist schon geraume Zeit Witwer.«
Die Gräfin schüttelte den Kopf, senkte die Stimme und lehnte sich zu Sachsenheim hinüber. »Albrecht von Wittelsbach hält nach wie vor seine Hand über sie. Es wird gemunkelt, dass er sie, sobald die Sache mit Ludwig dem Gebarteten aus der Welt geschafft ist, als seine Konkubine nach München holen wird.«
Sachsenheim pfiff durch die Zähne. Henriette zuckte mit den Schultern und fuhr leise fort: »Was soll man da machen? Für das Haus Württemberg ist es wichtig, sich den jungen Wittelsbacher bei Laune zu halten. Also dulden wir die Frau am Hof.«
Sie schaute hinüber zu der kleinen Elisabeth, die auf einem Jagdwagen saß und mit einem der Knappen schäkerte. Vergnügt kichernd deutete sie aufgeregt himmelwärts, wo die Falken immer noch ihre Kreise zogen. Die Tochter des Grafen Eberhard aus zweiter Ehe war für Albrecht vorgesehen. Diese Verbindung zwischen den Münchner und den Heidelberger Wittelsbachern würde beiden Familien große Vorteile bescheren. Sofort ging Sachsenheim durch den Kopf, dass er das Mädchen mit Margarethe von Waldeck zusammenbringen musste, denn diese war nicht nur an einem der besten Höfe Europas erzogen worden, sondern kannte, falls die Gerüchte stimmten, Elisabeths zukünftigen Gatten wie keine andere.
»Vielleicht wäre es von Vorteil, Euer Liebdens Konkubine ein wenig zu schmeicheln. Man könnte ihr ein unbedeutendes Amt antragen, zum Beispiel das der Gouvernante unserer kleinen Elisabeth.«
Henriette lachte. »Ich wusste schon, warum ich Euch zu meinem Hofmeister ernannte, Sachsenheim. Ihr habt eine rasche Auffassungsgabe. Das ist genau, was auch ich im Sinn hatte.«
Sachsenheim war sich sicher, dass die Gräfin bislang keinen Gedanke daran verschwendet hatte, aber er war klug genug, das für sich zu behalten.
Zufrieden tätschelte Henriette seine Hand und warf ihm einen Blick zu, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie an ihm noch ein ganz anderes Interesse hegte. »Ich werde Euch meine diesbezüglichen Absichten heute nach dem Fest in meinen Privatgemächern genauer erläutern. Zu diesem Zweck werde ich mich gegen Mitternacht zurückziehen.«
Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, um anzudeuten, dass er ihrer Bitte nur zu gern nachkam. Die Sympathie, die Henriette für ihn hegte, brachte ihm viele Vorteile. Leider wusste er im Gegensatz zu ihr, dass sie ihm nicht mehr lange von Nutzen sein würde. Im Rat, dessen Machthunger täglich wuchs, rumorte es schon seit geraumer Zeit. Man war nicht länger bereit, die Gräfin auf Eberhards verwaistem Thron zu dulden. Bald würde die Zeit ihrer Vormundschaft und damit der formellen Herrschaft zu Ende sein. Doch bis dahin sollte sie bei Laune gehalten werden, und dies war Sachsenheims Aufgabe. Als Gegenleistung war ihm nach Henriettes Sturz ein Platz im inneren Zirkel des Rats sicher, der sich dann zum Vormund der beiden Prinzen erheben und damit die Macht an sich reißen würde. In der Zeit, die blieb, bis die Prinzen für mündig erklärt wurden, wollte der Hofmeister dafür sorgen, dass ihm die beiden Knaben gewogen sein würden, wenn sie einst an die Macht kamen. Deshalb verbrachte Sachsenheim ebenso viel Zeit mit ihnen wie mit ihrer Mutter.
Er war sich sicher, dass seine Zeit als einflussreichster Beamter bei Hofe kommen würde. Wenn es ihm jetzt noch gelang, die richtige Ehe zu schließen, brauchte er sich um seine Zukunft keine Sorgen mehr zu machen. Sein Blick wanderte zurück zu Margot von Bischishausen. Die war zwar noch ein halbes Mädchen, aber das hatte den Vorteil, dass er sie nach seinem Willen formen konnte, und bis sie etwas älter war, würde er sich vielleicht mit ihrer rothaarigen Gouvernante vergnügen. Die war gewiss sehr einsam ohne ihren Herzogssohn.
Verträumt pflückte Margot von Bischishausen eine dunkelrote Rose. Vorsichtig entfernte sie die Dornen, dann steckte sie sich die Blume ins Haar.
Margarethe und sie befanden sich im Garten des Stuttgarter Schlosses, der nach italienischem Vorbild als Lustgarten mit Lauben und mit Buchsbaum gesäumten Blumenrabatten angelegt und von kleinen Wasserkanälen durchzogen war, in denen bunt gefiederte Enten gemächlich dahinschwammen. In seiner Mitte befanden sich die Orangerie und ein Grottenwerk, das nicht nur Kühlung an heißen Sommertagen, sondern auch amüsante Überraschungen
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