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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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dachte Aleytys. Die dünnen Lippen waren vorgeschoben und zitterten, die großen Ohren befanden sich unablässig in Bewegungen.
    „Nimm meine Hand”, sagte Aleytys und hielt sich mit der Linken am Sattelpolster fest; mit der Rechten wedelte sie in Richtung des kleinen Jungen und hoffte, daß er dies wahrnehmen konnte.
    Sein Mund dehnte sich kurz zu einem breiten Lächeln, das jedoch gleich darauf wieder erstarb. Das Zittern kehrte zurück. Die beiden kleinen Hände schlossen sich fest um ihre Hand, der zerbrechliche Körper schnellte sich hoch und war rasch vor ihr auf den Gyr-Rücken gesetzt. Entweder hatte er ihre Geste oder die Worte oder aber beides verstanden.
    „Üblicherweise verläuft meine Handelsroute da hinüber”, erklärte Wakille.
    Aleytys musterte ihn aufmerksam. „Zu schade”, sagte sie und streichelte über die schmalen Schultern, die sich an ihre Rippen preßten. Im Nacken war die Haut des Kindes von einem weichen Fell bedeckt, ein helles Beige, gesprenkelt mit vage dunkleren Tupfern. Als der Junge ihre Berührung wahrnahm, wandte er den Kopf. Seine seltsam spärliche Miene drückte Neugier aus. „Wie heißt du, Kind?’” fragte sie und hoffte, daß er ihre Worte auch wirklich verstehen konnte - das würde so vieles erleichtern.
    „Linfyar, Herrin.”
    Aleytys dämpfte ihre verblüffte Reaktion auf die außergewöhnliche Melodik in der Stimme des Jungen. Er verstand sie wahrhaftig-nur das allein war jetzt wichtig. „Das ist ein hübscher Name.”
    Er reagierte nicht auf das Kompliment, und Aleytys begriff, daß er viel zu sehr damit beschäftigt war. sie auf seine Art und Weise zu betrachten; das Zittern der Lippen … Pfeiftöne knapp außerhalb des menschlichen Hörvermögens. Fledermaus-Sehen … Eine Art Ultraschall…
    „Nimmst du mich mit?” Kleine Hände schlossen sich schmerzhaft fest um ihren Arm. „Ich singe für dich.”
    „Meinst du nicht, daß du bei deiner Familie besser aufgehoben wärst? Gut. vielleicht bist du jetzt gerade böse auf sie. aber wenn die Nacht kommt, wirst du sie ganz bestimmt vermissen.”
    ..Wenn ich zurückgehe, schneidet mir der Großermann die Füße ab. Außerdem, ich hab’ keine Familie.”
    „Dafür bist du aber recht jung.”
    „Alt genug zum Kastriertwerden, damit meine Stimme so bleibt.” Linfyar sprach jetzt beinahe unbarmherzig hart und sachlich, ohne jede Betonung, ohne Gefühlsregung, und das war überzeugender als jeder zornige Protest.
    „Deshalb bist du weggelaufen?”
    „Deshalb und wegen dem Alten Kus. Der mag Jungen. Meine Mam, die ist vor einer Woch’ gestorben. War lange Zeit Köchin von Großermann, drum hat sie mich behalten dürfen.” Die Ohren des Jungen zuckten, dann lehnte er sich zurück, schmiegte sich an sie, warm und weich und klein, und das Gewirrseiner braungoldenen Locken kräuselte sich gegen das Rotbraun ihrer Wildleder jakke…Sie is’ an was gestorben, weiß nich’ was. Großermann der haben mich singen lassen für sich, lange Zeit. Jetzt sagt er mir. will er mich verkaufen an den Alten Kus, der mich beschneiden wird, wegen der Stimme, soll sich nicht ändern. Wir Kradj, wir wissen mehr Dinge, als große Leute denken. Viele Geschichten über den Alten Kus. und Sachen, die er tut. Meine Mam, ihr würd’ keine davon gefallen, mir auch nich`, also denk’ ich mir, is es besser, ich hau ab, gut. auch wenn Ausgestoßene mich vielleicht fressen, aber das’s schnell vorbei, aber das Schneiden, das is’ für immer.” Aleytys spürte, wie er zitterte, und wie er schließlich vor Wohlbehagen seufzte und sich noch fester gegen sie preßte, als wolle er ganz sicher gehen, daß er hier bei ihr war und daß sie ihn auch weiterhin festhielt. „Die bewachen mich, nachdem Großermann das zu mir gesagt hat. der is” kein Schwachkopf nicht. Aber Klian, die die neue Köchin is’. meiner Mam ihre Blutsverwandte, die hat den Wachen Getränke gebracht, hartes Zeug. Das Trinken hat sie schlafen gemacht. Sie hat mich gefragt, will ich bleiben oder abhauen, und ich sag, oh. ja, abhauen, und dann hat sie mir das hier gegeben zum Tragen.” Er tätschelte die aus grobem Stoff gefertigten halblangen Hosen, auf das in stumpfem Braun gefärbte ärmellose Oberteil. „Unśie hat mich zu den Feld-Kradj `rausgebracht. die Unkraut jäten müssen. Die sagen nichts, und die kümmern sich um nichts, die machen nur ihre Arbeit und essen etwas, wenn sie es heimlich nehmen können, und auf die Peitsche von dem Aufseher, da passen die

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