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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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schläfriges, ziemlich liebenswertes Raubtier zu sein - liebenswert zumindest jetzt, da sein Bauch gefüllt und das Wasser ringsum warm war und ihn trug, wohin es wollte, ohne daß es sich selbst hätte anstrengen müssen. Er hatte ein großes, komplexes Gehirn; es mußte groß sein, sollte es mit dieser Informationsvielfalt fertig werden, die seine unzähligen Empfindungsnerven unablässig erbrachten, es mußte groß sein.
    um die wechselnden Mechanismen in Einklang halten zu können, die den riesigen Körper lenkten. Aleytys bezweifelte nicht mehr, daß er riesig war, denn der Krakenwal - Walkrake? - vermittelte ihr auch ein Gefühl von Masse. Sie schmunzelte in sich hinein.
    Nennen wir ihn Walkrake. Jedenfalls - das Massegefühl des Walkraken konnte von der tatsächlichen Masse nicht allzuweit entfernt sein. Ein Teil des Gehirns war ständig damit beschäftigt, eine Art automatische Kontrolle, fast ein Computer; hier wurden Empfindungsdaten empfangen und ausgewertet, während ein anderer Bereich des Gehirns schlummerte-schnarchte, konnte man beinahe sagen-; den ganzen, langen, ereignislosen Vormittag lang. Aleytys ließ sich Zeit, dieses Gehirn kennenzulernen, ein Gefühl dafür zu bekommen. Für den Walkraken mußte sie ein ziemlich guter Geistreiter sein - wenn sie ihn nicht gefährden wollte. Sie kicherte leise über das Wort Walkrake, und ihre Belustigung lenkte sie ein wenig ab.
    Sie ermunterte ihn vorsichtig, ein wenig eigene Mühe in seine Fortbewegung zu investieren, und so kam er an der Insel vorbei, eine mühelose Anstrengung, noch immer träumend - und doch war seine Geschwindigkeit bereits verdoppelt. Der schlummernde Teil seines Gehirns war nicht geweckt worden. Er passierte die Insel, nicht neugierig und nicht hungrig, eine Kombination zweier Wesenszüge, die stets gemeinsam auftraten, wie Aleytys belustigt feststellte, und schließlich gelang es ihr, eines seiner großen Augenlider aufzustemmen. Sie sah das Gewirr von Wurzeln, das von der Unterseite der Insel herabwucherte. Der Walkrake zog weiter.
    und der Schädel tauchte aus dem Inselschatten hinaus, noch bevor die langen, flaumigen Enden seiner tatenlos wogenden Arme in diesen Schatten eintauchten. Länger als die Insel, über eineinhalb Kilometer lang. Sie geriet ein wenig aus der Fassung; Ehrfurcht kam. Und dann stellte sie fest, daß die gewaltige Masse des Walkraken auf der der Insel abgewandten Seite gut und gerne auf zwei Kilometer verteilt war. Seine Augen waren so groß wie ihr Kopf, helle, intelligente Augen; er sah seine Umgebung gestochen scharf und farbig- so detailgetreu, wie die meisten Raubtiere sahen, ganz gleich, wo sie auch jagten.
    Behutsam ging sie daran, ihre Manifestation in diesem Gehirn zu verstärken.
    Shadith stemmte sich aus dem Gras hoch und sah die Milbkriecher von den Halmen herankrabbeln; einige hatten sie bereits erreicht und wimmelten jetzt an den unmöglichsten Stellen herum.
    Sie sprang hoch, klopfte sich ab, schob die Finger heftig durch ihre Haare und zuckte zusammen, als sie an verknoteten Strähnen zerrte; ein Regen aus kleinen Zweigen, Blattstücken und tausend anderen Dingen, die hier im Gras lagen, ergoß sich aus ihrer dichten Mähne. „Im Besitz eines eigenen Körpers zu sein, wird doch stark überbewertet”, murmelte sie. Ihre Haare fühlten sich strähnig und fettig an. Kein Wunder, daß ich all dieses Zeug anziehe.
    Wird Zeit, daß ich euch wasche. „Yukk!” brummte sie. Dann sah sie zum Himmel hinauf - zu einer Anhäufung bleicher Wolkenstreifen - und schließlich auf Aleytys’ zuckenden Körper. „Wüßte zu gern, was das bedeutet.” Sie setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm, zog die Beine an, ließ die Arme über die Knie hängen und starrte die gedrungenen Bäume rings um die Lichtung an, ohne sie wirklich zu sehen. Die Gyori anbinden, dachte sie; sie davor bewahren, weggespült zu werden. Irgend etwas zu tun zu haben, um das Eis, das sich unter ihren Rippen eigenistet hatte, wegzuschmelzen. Angst. Hilflosigkeit. Kälter, dachte sie mit einem Lächeln, viel kälter als ein Winter auf Jaydu-gar. Es würde sie erwischen, oder es würde sie verfehlen, oder es würde sie streifen, dieses Ding, das sich da heranwälzte, dieser Moloch. Es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Wahrscheinlich gab es auch nichts, was Aleytys dagegen tun konnte. Energie. Wenn man nicht zu sehr daran herumgrübelte, war es lächerlich. Aleytys kontrollierte eine gewaltige Macht, und manchmal setzte sie sie

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