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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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hockte ein rostiger, alter Küstenfrachter quer auf der Mauer…
    durch diese zwei Meter dicke Betonwand getrieben. Soweit ich das feststellen konnte, war nirgends auch nur ein Gebäude unversehrt geblieben.
    Die zweite Hälfte des Sturmes habe ich im Keller des Erhabenenhauses durchgestanden, und ich sage dir, ich habe zu allen Göttern gebetet… zu allen, an die ich mich erinnern konnte. Ich hab’
    darum gebetet, daß das Haus nicht über mir zusammenfällt. Das Rumoren und Toben des Sturmes war ungeheuerlich, aber ich konnte trotzdem hören, wie es auseinanderplatzte… Aber genaugenommen hatte ich sowieso keine Wahl. Das Haus verlassen -und davongeblasen und ersäuft werden, oder hier im Keller sitzen und verschüttet und gefangen werden… Hier konnte ich notfalls wenigstens darauf hoffen, daß irgendwann Schweinegesicht kam -um des lieben Safes willen. Ich habe eine Münze geworfen: Kopf, und ich gehe ‘raus, Zahl, und ich bleibe im Keller. Es kam die Zahl. Deshalb blieb ich im Keller und hoffte, daß meine Glückssträhne anhalten würde. Das tat sie. Die zweite Welle des Sturmes hat das Haus in einen Schutthaufen verwandelt, aber der Ausgang aus dem Keller wurde nicht ganz verschüttet.
    Ich kam ‘raus, und ich kam auch aus Merzin ‘raus - auf einem Boot, zusammen mit einem Haufen Plünderer. Sie hatten das Ding irgendwo aufgegabelt, bevor die Polizei und die Kirchenkärnpfer zurückkamen; aber die hatten noch eine Menge zu tun - weil der Sturm die Küste entlang weitergezogen ist. Mußte einigen Köpfen erst Manieren einhämmern, aber das ist eine andere Geschichte.
    Jedenfalls, Lee - wenn der Sturm, der uns hier bevorsteht, ein solcher Sturm ist, wie ich meine, und wenn er uns dann noch voll erwischt, dann ist unsere Überlebenschance in etwa so groß wie die eines Wurmes vor einer Stampede. Du solltest die Sache wirklich ernst nehmen - wir müssen auf alles gefaßt sein; und wir müssen uns überlegen, ob wir nicht irgend etwas dagegen tun können. Wir haben noch ein wenig Zeit. Mein Hinterkopf kribbelt, aber er spielt noch nicht verrückt.”
    Aleytys schaute im Liegen zu dem klaren, blauen Himmel hinauf; unter sich fühlte sie die Insel sacht schaukeln. Sie wandte den Kopf. Shadiths Augen waren geschlossen, sie schien halb eingeschlafen zu sein, als habe sie die Dringlichkeit ihrer Warnung, die sie gerade noch angestachelt hatte, übergangslos vergessen. „Gute Geschichte”, lobte sie. „Wo steckt Wakille?”
    Shadiths Nasenflügel zuckten; sie machte einen tiefen Atemzug, ließ die Luft mit einem stöhnenden Gähnen wieder herausfließen.
    „Nun, wenn es zu ermüdend ist…”
    „Sarkasmus paßt nicht zu dir, Lee. Er ist irgendwo hinten auf der Insel; angelt. Du hättest ihn sehen müssen, als du hinter Linfy hergejagt bist.” Sie gähnte wieder. „Anzunehmen, daß er da noch ist. Hör mal, ich meine es ernst… Du solltest dir diesen Sturm wirklich ansehen.”
    Aleytys streckte die Arme aus. „Wie? Kein Vogel weit und breit in Sicht.”
    „Hast du schon mal daran gedacht, Geistreiter zu sein auf einem Fisch?”
    „Nein. Es sind zu viele in meinem Bauch verschwunden, um das zu einem angenehmen Gedanken zu machen.”
    „Stimmt. Vielleicht hätte ich nicht Fisch sagen sollen. Ich hab’
    ein größeres Lebewesen gemeint, gute Augen, ziemlich komplexes Gehirn. Einen Wal oder etwas Ähnliches.”
    „Mhmmm.” Aleytys lächelte, streckte sich auf dem Gras. „Ich geb’s ungern zu, Shadi, aber das ist eine gute Idee.” Sie drehte sich auf den Bauch, ließ ihre Stirn auf den Unterarmen ruhen; hob den Kopf noch einmal an. „Halt die anderen von mir fern.”
    Sie tauchte tief hinab, tief und weit; eine bizarre Suche nach Augen und einem genügend komplexen Gehirn, das ihr als Medium dienen konnte. Tief und weit; zahllose Berührungen… zahllose Lebensformen , jedoch zu klein, zu beschränkt auf gewissen Tiefenbereiche des Meeres; Ganglienbündel, keine Gehirne; Augen, die so schlecht sahen, daß sie ihren Besitzern nutzlos sein mußten- es sei denn, ein vages Sehvermögen war besser als gar keines. Wie nahm Linfyar die Welt wahr?
    Kollektivintelligenz - vorausgesetzt, man konnte hier von Intelligenz sprechen; Gruppengefühl; Fischschulen. Winzige Dinge, möglicherweise vereinzelte Zellen einer gigantischen amorphen Existenz. Der Ozean wimmelte von Leben; wo vor Tausenden von Jahren Leben ausgerottet worden war, wo nach einer Zerstörung der Ozonschicht von einer mörderischen Sonnenstrahlung

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