Die Fallen von Ibex
vibrierten, seine Lippen zitterten; mit seinen unbegreiflichen Fledermaus-Sinnen tastete er ringsumher.
Aleytys lag auf dem Rücken, starrte - die Finger hinter dem Kopf ineinandergeschoben - in den wolkenlosen Himmel. Sie wirkte müde und deprimiert. Shadith fragte sich, was sie gerade dachte - und wollte es nicht wirklich wissen; jedenfalls jetzt nicht.
Sie hatte genug mit ihren eigenen Problemen zu tun. Sie ließ ihre Armladung auf die Plastikplane fallen. „Das hier ist so ungefähr alles.”
Aleytys wandte den Kopf, stemmte sich dann zögernd hoch, bis sie mit gekreuzten Beinen und herabgesunkenen Schultern saß. Sie gähnte. „Sieht so aus, als hätte er uns ziemlich ausgenommen.”
„Sieht so aus.” Shadith ließ sich neben Aleytys nieder und begann damit, die von Wakille beim Vollstopfen seiner Satteltaschen verworfenen Kleinigkeiten durchzusehen. Ein paar Rollen Bindfaden, drei Töpfe, eine verschimmelte Scheibe getrockneter Fisch, ein aufgerissener Beutel Nußmehl. „Er hat beide Bogen mitgenommen und den Kampfstock - ja, ich weiß, aber er hat ihn nicht auf der Insel zurückgelassen, frag nicht, warum. Alle Pfeile. Den gesamten restlichen Vorrat unserer Fruchtriegel. Allen Cha, den wir noch hatten. Die Würmer mögen seine niederträchtige kleine Seele fressen!”
„Wir haben noch das hier.” Aleytys tastete unter den Decken herum und zog schließlich den taschenbesetzten Gürtel hervor; sie legte ihn zu Shadiths Ausbeute. „Er muß ihn mir bereits abgenommen haben. Schätze, du hast ihn wirklich so sehr erschreckt, daß er ihn vergessen hat.”
„Herrin.” Linfyars Stimme war sanft und schmeichlerisch.
„Hab’ Hunger.”
Shadith zuckte zusammen. In ihrer Verärgerung über Wakille hatte sie ihn ganz vergessen. Kein Ärger mehr, korrigierte sie sich; eher das Bedürfnis, die Krämerseele zu zerquetschen wie eine lästige Fliege. Sie fuhr herum, lächelte den Jungen an. „Haben wir das nicht alle? Ich sag’ dir was, Linfy. Versuch du, ob es dir nicht gelingt, ein paar Vögel zu jagen - zum Frühstück.”
Aleytys stieß einen hastigen, kleinen Laut aus, vielleicht eine Art zerbissener Protest; aber dann sagte sie nur: „Bleib von dem Fluß weg, Knirps. Wenn du da hineinfällst, kann dir keiner von uns helfen.”
Sie sahen ihm nach, wie er davontrottete. Aleytys rieb sich die Stirn. „Hast du eins von Esgards Zeichen gesehen?”
„Ziemlich unwahrscheinlich, oder?” Shadith schleuderte den Fisch in die Schatten unter den Bäumen und packte die Sachen zusammen, die sie für mitnehmenswert hielt. „Er hat sogar das Beil, verdammt! Das werden wir wirklich vermissen. - Hat er dein Messer auch?”
Aleytys gähnte. „Hm. Nein. Noch in der Lederscheide.”
„Das hilft uns schon mal.” Sie gluckste. „Das heißt, du kannst dich schon mal ans Holzsammeln machen, damit wir die Vögel grillen können, die uns Linfy präsentieren wird.” Sie ließ den Daumen über den Riß des Fischblasen-Beutels streichen. „Nadel und Zwirn?”
Aleytys gähnte wieder. „Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so müde gewesen zu sein.” Sie nahm den Gürtel auf, ließ ihn durch die Finger gleiten, bis sie die gesuchte Tasche gefunden hatte. „Hier.” Sie hielt das Miniatur-Nähset hoch und hantierte dann wieder müßig mit dem Gürtel herum.
Shadith öffnete das Set, nahm Nadel und Zwirn heraus und fädelte ihn ein. „Verdammt. Ah, ich hab’s.” Sie schnitt den Faden ab, verknotete ihn und machte sich daran, den Riß zu vernähen.
„Wohin gehen wir von hier aus?” Sie sah über die Schulter zu Aleytys hinüber.
Aleytys hatte die Karte auseinandergefaltet und auf ihren Oberschenkeln ausgebreitet. „Wir folgen dieser Straße hier nach Norden. Tasten uns herum”, sagte sie gedankenabwesend. „Suchen nach Esgards Zeichen.” Sie faltete die Karte wieder zusammen, warf das kleine Rechteck Shadith zu und streckte sich dann wieder auf der Unterleg-Plane aus. „Esgard hat das Quellgebiet dieses Flusses mit einem Kreis gekennzeichnet. Ziemlich großes Gebiet.
Weit im Norden von hier umfaßt es Tausende von Hektar.” Sie unterdrückte ein weiteres Gähnen, legte die Hand auf den Mund.
„Und genau dorthin war er unterwegs.” Sie verstummte; lag tief atmend da, halb eingeschlafen.
Shadith räusperte sich. „Bevor du es dir zu gemütlich machst, wir brauchen Holz. Es ist dein Messer.” „Mhmmm.”
„Außerdem - unterschätze Wakille nicht; besser, du paßt ein bißchen auf. Der
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