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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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ihr. Der Wind hatte sich in dichtem Gestrüpp verfangen; die Sonne brannte heiß auf ihr Gesicht herab. Sie streckte sich auf dem Bauch aus und lauschte Shadiths Pfiffen und dem leisen, angenehmen Summen um sich her. Shadith hatte recht
    - sie mußte aufhören mit diesem Besitzdenken, sonst würde sie alles kaputtmachen. Sie verfiel in einen unruhigen Halbschlaf, während bruchstückhafte Bilder durch ihre Gedanken wirbelten, trieb in einer Art traumlosen Trance dahin - bis sich die Gestrüppschatten über ihr Gesicht bewegten, bis sie unvermittelt merkte, daß viel zuviel Zeit vergangen war, und daß allein die Stimmen des Waldes noch zu hören waren.
    Sie rollte herum und stemmte sich hoch, rieb sich (sitzend) die Schläfen und blinzelte zur Sonne hinauf. Ihre Augen weiteten sich, als sie sah, daß mindestens eine Stunde vergangen war, seit sich Shadith auf die Suche nach Linfyar gemacht hatte. Sie sprang auf und sandte einen Geistfühler in den Wald aus. Berührte eine große Lebensform. Ein Gyr. Nahe. Ihr eigenes Reittier.
    Sie sondierte weiter. Nichts. Ein jäher Impuls, den zu hinterfragen sie sich nicht die Zeit nahm, veranlaßte sie, die Stiefel auszuziehen; sie schleuderte sie achtlos beiseite, war im nächsten Moment bereits unterwegs. Sie ging die Straße zurück, ihre Schritte lautlos auf dem Pflaster, die Sonne, die durch das Blätterdach brannte, heiß auf Kopf und Schultern; Schattenmuster der vom Wind geneckten Blätter tanzten vor ihr her. Noch immer nichts. Sie blieb stehen. Linfyar hatte die Straße bestimmt verlassen - wenn er auf der Jagd gewesen war. Sinnlos, einfach aufs Geratewohl weiterzugehen. Sie dehnte ihre Sinne in einem weiten, zarten Gespinst aus, verließ die Straße, tauchte vorsichtig sondierend in den Wald ein, halb krank von der Erkenntnis, daß sie kriminell sorglos gewesen war, daß sie sich von der ruhigen Gleichheit der Tage in einen Traum von Sicherheit hatte wiegen lassen. Wakille - sie wußte es, sie wußte es, ohne auch nur einen Beweis außer der Stille ringsumher zu haben.
    Sie näherte sich wachsam einem der riesigen, alten Bäume, den scharfen, holzigen Rindengeruch intensiv in der Nase, normalerweise ein recht angenehmer Geruch, doch jetzt war er zu stark beunruhigend stark. Sie kauerte sich zwischen dem knorrigen Wurzelwerk zusammen, versuchte den Schmerz unter ihren Rippen zu ignorieren, ließ die empfindliche Sonde weiterhin sorgfältig von Nord nach Süd gleiten, entfernte sie von der Straße, ließ sie weit nach Süden hin vorstoßen und wieder zu sich zurückkehren.
    Nichts. Sie rieb sich die Stirn. Wakille war stark. Er versteckte sie.
    Aber es mußte einen Hinweis geben. Sie waren die Köder in seiner Falle. Sie wußte, daß er ihr Suchen spürte. Er wartete nur darauf, daß sie weiterging, daß sie tiefer in den Wald hinein vorstieß. Sie ließ ihre Geistfühler noch einmal umhertasten, langsamer diesmal.
    Wieder nichts.
    Doch an einer ganz bestimmten Stelle kam es ihr so vor, als gebe es hier das Nichts im Übermaß; ein Fehlen jeglicher Lebensfeuer, das in etwa so normal war wie die Entdeckung eines Planeten allein dadurch, daß man nach jenen Sternen Ausschau hielt, die er verdeckte. Sie konzentrierte sich auf diese Stelle. Noch immer da, diese Leere. Hitze begann eine zunehmende Wut in ihr zu kochen; daß er es wagte, ihre Gefährten, ihre Freunde anzugreifen!
    Sie ging energisch dagegen an, sie hatte soviel Angst davor, wie sie um Shadith Angst hatte. Harskari, flüsterte sie in die rote Dunkelheit ihres Bewußtseins hinein. Es passiert wieder.
    Keine Antwort. Im Grunde genommen hatte sie auch nicht damit gerechnet. Sie blockte ihrerseits ab. Zumindest darin war sie ihm ebenbürtig.
    Ein Schatten unter Schatten, näherte sie sich der Leere; nicht auf direktem Weg, sondern in einer lockeren, ungleichmäßig verlaufenden Spirale. Sie wich hierhin und dorthin aus, umrundete Brombeergestrüppe und tote Pflanzen, morsche Zweige und abgestorbenes Gras; alles, was auch nur das geringste Geräusch verursachen konnte. Übung, viel Übung im Jagen in der Wildnis. Mit Grey. Im Jagen mit der Schlinge und mit Steinen. Wichtig, daß man so nahe wie irgend möglich herankam an das Wild. Eine Fertigkeit, über die sie jetzt sehr glücklich war; das Wild, an das sie sich hier anpirschte, war gefährlich - viel gefährlicher als die Raubtiere auf Wolf f. Und es wußte, daß sie kam.
    Sie schlug einen letzten Bogen, näherte sich der Stille… und konnte Wakille jetzt

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