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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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zwischen ihnen beiden würde zu seinem Nachteil enden. Langsam, zögernd, kroch er auf sie zu - und zuckte heftig zusammen, als sie ihn berührte.
    Sie spürte es, und es tat ihr beinahe weh - aber es gab wenig, was sie dagegen tun konnte, und sie war sich nicht einmal sicher, ob sie es überhaupt versuchen wollte. Sie konzentrierte sich auf den dunklen Strom, verlieh seinem kleinen Körper Kraft, sich selbst zu heilen; es dauerte nur wenige Minuten, dann nahm sie ihre Hand weg und erhob sich.
    Shadith hatte sich bereits aufgerichtet und starrte auf das Feuer hinaus; der Westwind trieb die Flammen davon. Sie lächelte nervös; ein Zähnefletschen, mehr nicht. „Ich hoffe nur, daß du meinetwegen nie so wütend wirst.”
    Aleytys zuckte mit den Schulter, wandte sich ab. Über die Schulter zurück sagte sie: „Verschwinden wir.” Sie zog Linfyar hoch, nahm ihn auf die Arme und ging los - Richtung Straße und Fluß-, ohne auf die von Glutstücken verursachten Schmerzen in ihren Füßen zu achten; die toten und schwelenden Bäume entsetzten sie, die vereinzelt noch lodernden Feuer schreckten sie ab.
    Harskari hielt ihnen nach wie vor Hitze und Rauch vom Leib, schob Feuerzungen beiseite. Das Schwarz dehnte sich immer weiter vor ihnen aus, dann verebbte es; bald darauf gab es bereits wieder einen Grasteppich und Brombeergestrüppe, allesamt welk von der großen Hitze, ansonsten jedoch unversehrt. Sie hastete weiter, bis sie die Straße erreichte, hielt dann an und hüpfte von einem Fuß auf den anderen. Der Schmerz war riesengroß.
    Harskari zog sich zurück, stieß einen Laut aus, der unvorstellbare Erschöpfung verriet. Die Energieblase brach in sich zusammen.
    Heiße Luft schwappte auf Aleytys herunter, fast wie ein Ausbruch von Gelächter. Wakilles Gelächter. Sie setzte Linfyar ab, winkelte ein Bein an und wischte verkohlte Zweigstückchen und Ascheflokken von der Fußsohle, zuckte zusammen, als sie über die wunden Stellen fuhr. Abrupt setzte sie sich; abrupt fühlte sie sich eigenartig schwach, als habe sie von den eigenen Reserven gezehrt, statt nach jener Kraft zu greifen, die sie als von außen kommend betrachtete. Sie war nur jene, die sie anzapfte, kanalisierte; die sie formte. Sie atmete tief durch und schloß die Augen, aber ihre Füße waren zu wund, um länger ignoriert werden zu können, daher griff sie abermals nach dem heilenden Energiestrom hinaus.
    Als sie die Lider wieder hob, als die wunden Stellen mit neuer Haut überzogen waren (die noch eine ganze Zeit sehr empfindlich sein würde), sah sie Shadith finster dreinblickend die Straße entlangkommen. Als das Mädchen sie erreicht hatte, blieb es stehen.
    „Die Gyori sind weg”, eröffnete sie ihr. Beiläufig warf sie Aleytys die zurückgelassenen Stiefel zu. „Dachte mir, daß du die hier vielleicht haben möchtest. Keine Geist-Witterung von den Tieren, weit und breit nicht.”
    „Feuer”, sagte Aleytys. „Verdammt!”
    „Ja, und höchstwahrscheinlich laufen sie vor ihm her. Kilometerweit. Mit jeder Minute unerreichbarer. Was machen wir jetzt?”
    „Wakille!”
    „Ja, ich weiß. Die Würmer mögen ihn fressen!” Shadith ließ sich neben Aleytys ins Gras fallen. „Also?”
    „Wir setzen unsere Reise fort. Zu Fuß. Und wenn wir in dem Gebiet, das Esgard auf der Karte gekennzeichnet hat, nicht fündig werden, dann suchen wir uns eine andere Insel.”
    Shadith stöhnte. „Noch einmal drei Monate oder mehr oder Gott weiß wie lange auf so einer verdammten Insel…”
    „Drück die Daumen, daß wir Sil Evareen finden.”
    „Sieht ganz so aus, als sei es nur Schall und Rauch. Und Esgard ist möglicherweise längst den Weg alles Irdischen gegangen. Vielleicht wächst ihm schon Gras aus den Augen.”
    „Wahrscheinlich hast du recht. Ach, Shadi, warum bringe ich uns immer wieder in solch schlimme Situationen?”
    „Hah! Frag mich nicht. Die Antwort würde dir bestimmt nicht gefallen.”
    4
    Sie wanderten nach Osten und hielten sich dabei in der Nähe des Flusses. Die Ufer waren kreidige Steilabhänge, wie sie sie aus jenen Tagen kannten, da sie der Flußstraße gefolgt waren. Die Hitze des Feuers war noch stark. Hin und wieder leckten sogar noch Flammenzungen nach ihnen, doch größtenteils wütete das Feuer vor ihnen und eilte, von einem hitzebrodelnden Wind vorangetrieben, weiter nach Osten. Eine schwelende, rauchende Totenwelt legte Zeugnis davon ab. Aleytys trottete am Flußufer entlang und war müde und deprimiert; sie schwitzte und war

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