Die falsche Braut für Ewan? (German Edition)
Selbst Tessa wäre bei so viel Unschicklichkeit blass geworden.
Wenn sie schon dabei war, was hatte ihn überhaupt dazu veranlasst, sie einzuladen, seinen Mantel mit ihm zu teilen? War es nichts anderes gewesen als eine unbesonnene Eingebung, die vom Alkohol und der zweifelhaften Intimität der Dunkelheit angeregt wurde? Oder konnte mehr dahinter stecken? Und was hätte noch passieren können, wenn ihm das dumme Glas nicht aus der Hand gerutscht wäre?
Claire nahm ihren Morgenmantel ab und kroch ins Bett. Der Gedanke an Schlaf schien ferner denn je. Die Erinnerung an Ewans Kuss und daran, wie er seinen warmen Körper gegen den ihren gepresst hatte, schien sie förmlich zu verspotten. Was würde er wohl tun, wenn sie sich traute, jetzt in seine Kabine zu schleichen? Sie stellte sich vor, wie er sie vielleicht halten, küssen und berühren würde – bis ihr ganzer Körper vor Verlangen nach ihm brannte und schmerzte.
Am nächsten Morgen stand sie voller Angst davor auf, Ewan am Frühstückstisch zu begegnen. Sie musste es trotzdem hinter sich bringen. Wenn sie ihn mied, würde es nur den Verdacht wecken, dass der gescheiterte Kuss ihr mehr bedeutete, als sie zugegeben hatte. Mehr, als sie ihn je erahnen lassen wollte.
Zu ihrer Überraschung erwies sich das Frühstück als weniger unangenehm, als sie erwartet hatte, denn beide gaben sich die größte Mühe, so zu tun, als sei nichts geschehen. Offensichtlich gab es einige Peinlichkeiten, die er sich nicht unter den Teppich zu kehren scheute.
"Und", fragte sie, als er sich mit großem Appetit über seinen Porridge hermachte, "haben der Alkohol und die Seeluft Ihnen geholfen, besser zu schlafen?"
"Oh, aye." Er nickte heftig, doch seine angespannten Züge verrieten, dass dem nicht so war. Hatten ihre körperliche Nähe und der Kuss ihn in seinen Träumen möglicherweise ebenso verfolgt wie sie? Es hätte ihren Stolz ein wenig aufgerichtet, das zu glauben. "Und Ihnen?"
"Die beste Medizin." Claire beantwortete seine Lüge mit einer eigenen, in der Hoffnung, dass ihre überzeugender war, und wechselte dann zu einem unverfänglichen Thema. "Bei gutem Wind sollten wir heute Abend Strathandrew erreichen."
Ihre Ablenkung schien zu funktionieren. Die Anspannung um Ewans Augen löste sich, und er lächelte offen. "Es wird gut tun, Strathandrew wiederzusehen. Ich frage mich, ob es sich sehr verändert hat?"
Claire schüttelte den Kopf. "Die Zeit scheint da oben stillzustehen. Tessa und ich haben auf jeden Fall nichts dort verändert, seit wir es geerbt haben."
Und sie wollte auch nichts verändern. Mr. Catchpole deutete gelegentlich an, dass ein Jagdhaus in den Highlands eine finanzielle Belastung war. Obwohl sie einige Angebote für Strathandrew bekommen hatte, weigerte Claire sich, es zu verkaufen. Aber sie nutzte es auch nicht oft. Ihre wenigen Besuche dort hatten zu viele Erinnerungen aufgewühlt und sie ruhelos und melancholisch werden lassen.
"Das war immer mein liebster Teil der Reise", sagte sie Ewan, als sie sich daran erinnerte. "An all den Inseln und den Mündungen der Meeresarme vorbeizusegeln."
Und sich darauf zu freuen, ihn wiederzusehen. Um zu sehen, wie viel er über den Winter gewachsen war, wie viel breiter seine Schultern und wie viel muskulöser seine Arme geworden waren. Ihn jedes Mal immer noch um so vieles verführerischer zu finden als all die wohlerzogenen jungen Langweiler, deren Gesellschaft sie den Rest des Jahres hindurch ertragen musste.
Jeden Sommer hatte sie gehofft, dass er sie dieses Mal bemerken würde. Aber er hatte es nie getan, egal wie sehr sie ihn getriezt hatte. In Augenblicken pubertärer Verzweiflung hatte sie sich oft gefragt, ob er sich von einem Sommer zum nächsten auch nur an ihren Namen erinnerte.
"Claire?" Ihr Name auf seinen Lippen, zehn Jahre zu spät, ließ sie aus ihren bittersüßen Erinnerungen aufschrecken.
"Wie bitte?" Der Lapsus brachte sie durcheinander. Hatte er den Schatten ihres alten Verlangens noch in ihrem Gesicht gesehen?
Wenn ja, dann hatte Ewan es nicht erkannt. "Ich habe mich gefragt, ob Sie vielleicht mit mir an Deck kommen und mir die Sehenswürdigkeiten zeigen."
Konnte sie das? An den Ort zurückkehren, an dem er sie geküsst hatte, und neben ihm stehen, als wäre nichts geschehen?
"Aber natürlich." Durch ihre Ablehnung hätte sie gleichzeitig zugegeben, dass die letzte Nacht ihr mehr bedeutet hatte, als sie ihn merken ließ.
Außerdem sehnte sie sich nach seiner Gesellschaft. Es war wie in
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