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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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Schritte. Die Tür knarrte. Ein Ellenbogen streifte sie. Vera ging über zwei flache Stufen nach unten und beobachtete, wie sich die beiden Männer auf eine Couch fallen ließen.
    Der mit dem Turban wirkte selbstgefällig, machte Gesten wie ein Pascha, der andere lächelte schweinisch.
    Genug gesehen, dachte Vera und drehte sich um.
    Ein ausgefranster Halbmond stand am Himmel, als Vera, nur mit einem weißen Bademantel bekleidet, in der Tür zum Hammam wartete und leise mit Semir telefonierte.
    Nebel verwischte die Konturen der alten Steintreppe, die nach dem Regen einer Rutschbahn glich. Niemand, der herumtrödelte, niemand, der mit Einkaufstaschen vorbeikam oder auch nur seinen Hund Gassi führte.
    Vera bog zitternd ihre tiefgefrorenen Zehen nach oben. Was, wenn die zwei Männer längst über alle Berge waren? Über den Hinterausgang oder durch eine geheime Tür geflüchtet, wie in einem Schwarzweißfilm von Hitchcock?
    Plötzlich fiel Licht auf sie.
    Ein Wagen war direkt vor ihr zum Stehen gekommen. Türen klappten.
    »Na endlich!«, rief Vera.
    Das Licht ging wieder aus. Zwei Polizeibeamte in dicken Winteruniformen kamen auf sie zu.
    »Frau Kirchner?«, fragte der eine.
    »Ja, Kirchner.«
    Dann legte sie los.
    »Was soll die Verkleidung? In voller Montur in die Sauna?«
    »Das lassen Sie mal unsere Sorge sein«, knurrte der Kleinere von beiden, schob die Tür auf und blieb vor dem Tresen mit fernöstlichen Vorspeisen stehen.
    »Hhm, Kichererbsenpüree und Mango Chutney«, sagte er.
    Der andere gab sich fachmännisch und knöpfte seine Jacke auf.
    »Kein Personal hier?«
    Vera Kirchner kochte vor Wut, zupfte den Kleinen am Ärmel und lief so lange vor, bis ihnen die Wärme ins Gesicht schlug.
    »Der Mann ist im Dampfbad. Wahrscheinlich Russe, jung, dunkelhaarig und gut durchtrainiert. Nennt sich Dimitri. Also was ist jetzt?«
    Der Bulle hatte endlich die Tür aufgerissen und polterte, gefolgt von seinem Mitläufer, durch die Nasszelle.
    Elefanten im Porzellanladen, dachte Vera und lief hinterher. Das würde ihr kein Leser dieser Welt glauben. Abgesehen vom alten Tichat, der Sensationen liebte. Vera klopfte dem Polizisten, dem schon der Schweiß auf der Stirn stand, auf die Schulter.
    »He, Mann. Hier ist niemand. Weiter!«
    Draußen, im Ruheraum, zwischen Seidenkissen, sahen sie ihn schlafend liegen.
    »Ist er das?«
    Sie nickte.
    »Stehen Sie auf«, sagte der Polizist. Dimitri rührte sich nicht. Vera fasste den Mann bei beiden Schultern und schüttelte ihn.
    »Wachen Sie auf, Mensch.«
    Dann schüttelte sie fester.
    Nichts.
    »Polizei, hören Sie mich?«
    Dimitri öffnete ein Auge. Vera sah einen stechend weißen Schimmer. Seine Lippen öffneten sich, aber dann klappte er das Kinn runter.
    Vera ließ los. Sie war sich sicher, dass er verstanden hatte, und dachte im selben Moment, dass er eigentlich besser aussah, wenn er wach und gemein war.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte sie.
    Die drei blickten sich ratlos an. Vera rieb sich mit dem Handrücken die Nase. Ihr Elan hatte erheblich nachgelassen. Blöde Bullen! Was standen die so doof rum? Dann hatte sie eine Idee und deutete mit dem Kopf in Richtung Dusche.
    Der Polizist, der am dichtesten dran war, verkniff sich ein Lächeln.
    Da kam der Fette mit dem Turban angelaufen, er hielt das ganze wohl für einen Notfall, fiel sofort auf die Knie, legte sein Schweineohr auf die Brust des Schlafenden und jammerte, als würde sich das Leben seines Kumpels dem Ende zuneigen.
    Erst als er die Personalmarke des Kriminalbeamten vor seiner Nase baumeln sah, hörte er auf mit der Litanei und kam endlich wieder auf die Beine.
    »Ihrem Freund wird Drogenhandel zur Last gelegt. Außerdem steht er unter Mordverdacht an Irene Orlinger. Schon mal gehört?«
    Der Fette schüttelte den Kopf. Seine Backen schlabberten und sahen aus wie herunterhängende Lefzen.
    »Entweder sorgen Sie jetzt dafür, dass er die Augen aufmacht, oder …«
    »Wir dachten an eine Abkühlung da drüben im Tauchbecken«, sagte Vera.
    Der Polizeibeamte warf ihr jetzt einen verächtlichen Blick zu.
    »Gehen Sie, Frau Kirchner. Sie haben heute schon genug riskiert.«
    Dann fuchtelte er wie blöd mit der Pistole rum. Der Russe ließ sich anstandslos abführen.

22
    W ÄHREND V ERA Ü BERSCHRIFTEN über Verdächtige im türkischen Dampfbad erfand, saß Dr. Sarah Rosen im Konzert und rief sich alle Einzelheiten ihrer Leidenschaft zurück. Über ihr das glänzende Gold des Musikvereins. Ein Ort für erlesene Musik,

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