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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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Reconnaissance. Patientin gesteht aus Selbstbestrafung Mord an Irene Orlinger.
    Dann stoppte sie und sah sich in ihrem Zimmer um. Das reinste Chaos. Die Pflanzen mussten gegossen werden. Ein neues Bücherregal war fällig. Sie sollte Stöße von Fachmagazinen, in die sie nicht einen einzigen Blick geworfen hatte, durchsehen, Briefe öffnen, Anfragen beantworten.
     
    Das Telefon riss sie aus den Gedanken. Es war Semir Aydin.
    »Ich komme Sie gern abholen, falls Ihr Jaguar noch kaputt ist. Wir brauchen Sie im Präsidium. Haben Sie meine Nachricht gehört?«
    Sarah brachte ein ungläubiges Ja hervor.
    »So in acht bis zehn Minuten?«
    »Einverstanden«, sagte Rosen, »ja.«
    Ihr war nicht entgangen, dass Semir das Wort Jaguar langsam und gedehnt ausgesprochen hatte. Er hielt sie also für dekadent.
    Es war jetzt zehn vor eins.
    Sarahs Frühstück hatte nur aus ein paar Schlucken Kaffee und einer Tasse Ayurveda-Tee mit Wolowiec bestanden.
    »Sie finden mich unten bei Trzesniewski«, sagte sie. »Wie man das ausspricht? Tschesnjewski, oder so ähnlich, das R ist stumm.«
    Dann schob sie eine ihrer lehrerhaften Bemerkungen hinterher. »Sie kennen den Laden nicht?«
    Pause.
    »Trze-sni-ewski, ja, richtig, die Rezeptur der Brotaufstriche ist natürlich geheim.«

20
    S ARAH R OSEN PRÜFTE IHRE F RISUR , legte hektisch Rouge auf und griff dann nach Mantel und Tasche. Seit Jahren kaum Freizeit, so gut wie keine Erholung, die nächsten Falten waren also vorprogrammiert. Nur dieses Mal noch, schwor sie sich, stürmte auf den Gang und wartete, bis der Lift seine Türen öffnete. Zuerst sah sie nur grauweiße Haarstoppeln. Dann einen großen knurrigen Katzenkopf. Der Mann, den sie fast angerempelt hätte, war Marc Sartorius.
    »Grüß Gott, Frau Dr. Rosen.«
    »Grüß Gott«, sagte sie unwirsch.
    Der Katzenkopf, immer korrekt, aber außerstande zu lächeln, klemmte in der Tür fest.
    »Ähm, … ich …«
    Sarah sah in ein Pokerface.
    » … ich hatte Ihnen doch abgesagt, oder? Leider, Sie müssen mich für heute entschuldigen«, erklärte sie schnell und wollte an ihm vorbei.
    »Wirklich?«
    Marc Sartorius sah aus, als hätte er eine Maus verschluckt.
    Die Türen vom Lift öffneten sich, er stand jetzt frei.
    »Das kann nicht sein«, sagte er aufgebracht, »davon haben Sie mir gar nichts gesagt.«
    Sitzungen mit Rosen waren für ihn wie Dates, verabredete Folterstunden, zu denen er sich regelmäßig Notizen machte. Die Enttäuschung, die sie jetzt aus seinem Gesicht las, war riesig. Sarah wusste: Unvorhersehbare Dinge machten ihn wütend wie ein Kind. Aber dieses Mal hatte sie einfach keine Zeit für das Kind.
    »Tut mir Leid, aber ich muss zu einem wichtigen Termin«, sagte Sarah Rosen. »Wir holen die Sitzung nach.«
    »Kein Problem, dann komme ich in … sagen wir zwei Stunden wieder, und ich mache inzwischen noch ein paar Besorgungen.«
    Sarah sah, wie sich sein Hosenschlitz nach vorne wölbte.
    »Besorgungen?«, fragte sie vorsichtig.
    Eindeutig. Der Mann war erregt, nur weil er seiner Analytikerin zwischen Tür und Angel begegnet war. Dann der Lift, dieser magische Kasten, in dem er immer die besten Ideen für Sex bekam, wie er erst letzte Stunde behauptet hatte. Natürlich, er würde sich inzwischen eine Hure nehmen und sich dann auf eine Stunde mit ihr freuen. Warum war sie nicht früher darauf gekommen? Sartorius war doch regelmäßig im Hotel Orient und mietete dort mit seinen Mädchen Zimmer. Sartorius und Orlinger! Er muss sie gekannt haben.
    »Warten Sie eine Sekunde«, sagte Rosen, ging zurück zur Tür und schloss die Praxis wieder auf.
    Sartorius wartete nicht, sondern kam ihr hinterher.
    »Kennen Sie die?«, fragte Rosen und zeigte ihm ein Foto von Irene Orlinger.
    »Und wenn ja?«
    Sartorius nahm einen der Ausstellungskataloge, die er auf dem Tisch liegen sah, und blieb bei einem Foto von Freuds Wohnung hängen, das Robert Long in seiner Londoner Zeit aufgenommen hatte. Selbstverständlich war Sartorius nicht nur Sexmonster, sondern gelegentlich auch für andere Dinge zu begeistern. Vor allem für Fotos. Soweit sich Sarah erinnerte, sammelte er Kameras der verschiedensten Hersteller und besaß sogar äußerst seltene Stücke aus den Anfängen der Fotografie.
    »Nicht schlecht«, sagte er.
    »Kennen Sie die Frau?«, versuchte es Sarah wieder.
    »Also gut«, sagte Sartorius. »Sie ist eine arrogante Person und sucht sich ihre Kunden gut aus. Die nimmt nicht jeden!«
    Dann sah er sie provozierend an und streckte

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