Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
Vom Netzwerk:
abgesehen hatte? Sarah fühlte, wie ihre Wangen heiß wurden, pikiert wie ein Schulmädchen, das beim Onanieren erwischt worden war.
    »Sie haben seitdem immer noch nichts Richtiges gefrühstückt. Von wegen Trzesniewski, darf ich Sie zu einem Cheeseburger einladen?«

21
    E IN ECHT SYRISCHER T ELLAK war gerade dabei, Vera Kirchner mit einem groben Handschuh aus Ziegenhaar abzunibbeln und allerlei Geschichten zu erzählen.
    Dann plötzlich brannte eine beißende Flüssigkeit auf ihrer Haut; ursprünglich mal arsenhaltig, ein praktisches Enthaarungsmittel, mit dem arabische Frauen vor Jahrhunderten während der Schönheitspflege ihre Männer getötet haben sollen, berichtete der Meister ohne mit der Wimper zu zucken, während Vera vor Schmerz das Gesicht verzog, um sich weiter über die Vorlieben des Sultan Nuraddin und den Sinn der warmen Dämpfe, die jetzt folgen würden, aufklären zu lassen.
    Vera war noch nie in einem Hammam gewesen. Noch nicht mal in einer ganz gewöhnlichen Sauna, in der auf Schweißperlen fixierte Bleichgesichter rumsaßen und sich den Dreck aus den Poren rubbelten. Nicht im Traum wäre ihr eingefallen, sich freiwillig unter diese Leute zu begeben.
    Doch siehe da, Karl hatte recht behalten. Das orientalische Backrohr mit sich steigernden Heißluftstufen hatte sie nach und nach dann doch zu einem willenlosen Stück Fleisch gemacht, und aller Widerstand, jeder Vorbehalt gegen die Zeremonie der Waschungen löste sich nach und nach in Wohlgefallen auf.
    Zuerst lag Vera auf heißem Marmor, reglos wie eine Echse. »Damit sich die Seele erwärme«, erklärte der Tellak und ließ sie schmoren. Nach einer halben Stunde kam er wieder mit einem Glas Pfefferminztee. Vera nahm ein paar Schlucke, dann goss der Tellak heiße und kalte Schalen Wasser über sie aus.
    Schon war der Kopf so weich wie Pudding, nur ein winziger Rest von Widerwillen regte sich noch in ihrem rechten Fuß, der ihr während der Behandlung eingeschlafen war. Hin- und hergerissen zwischen Qualen und Wonnen, rechnete Vera fest mit einer Entschädigung. Auf dass sich ihr nach ausgiebiger Tortur und heiliger Reinheit nun endlich die Tore zum Paradies öffnen würden.
    Über drei Stunden verbrachte sie nun schon an diesem Ort und grübelte, ob es wohl richtig sein würde, mit der gesamten Prozedur einfach wieder von vorne zu beginnen. Doch dann war sie zu müde für diese Übertreibung, und im Halbdunkel eines tiefen Kuppelgewölbes, das den Badenden Ruhe und Abgeschlossenheit vermittelte, Sammelplatz guter Geister, wie es hieß, begann sich Vera zu entspannen.
    Arabische Musik rieselte aus unsichtbaren Lautsprechern, die Illusion war perfekt. Zwei Frauen kamen auf sie zu, beugten sich über ihren Rücken und massierten Vera mit einem zart duftenden Öl. Im Nu war sie die magische Summe dieser vier Hände. Vera schloss die Augen. Ihr Körper schaukelte, als läge sie in einer Wiege. Dann plötzlich schnipste jemand mit den Fingern, und der schöne Traum war vorbei.
    Vera blinzelte.
    Ein Mann mit einem großen Turban hatte sich neben sie gesetzt und den Streicheleinheiten ein jähes Ende bereitet. Die Frauen, zauberhafte Jeannies im Doppelpack, waren plötzlich verschwunden. Dünstende Fleischwülste rollten sich vor ihren Augen auf.
    Vera sah, dass der Dicke nicht allein gekommen war und sich mit seinem Begleiter in einer Sprache unterhielt, die sie für Russisch hielt.
    Vera war wieder hellwach. Hatte sie richtig gesehen? Das war ja genau die Gesicht-Schulter-Silhouette, der sie auf den Fersen war. Dasselbe markante Kinn, dieselbe schön geschwungene Nase und dasselbe tiefschwarze Haar.
    Dieser Fiesling, dachte sie und versuchte sich so unauffällig wie möglich zu bewegen. Ein Anspannen der Halsmuskeln verriet ihr, dass der Mann gerade im Begriff war, sich nach ihr umzudrehen.
    Nur nicht nervös werden, dachte Vera. Wahrscheinlich würde er sich gar nicht an sie erinnern können. Er sah zu ihr rüber.
    »Dimitri«, raunte der Dicke.
    Den Rest verstand sie nicht. Dann verließen die beiden den Raum. Nach ein paar Minuten nahm Vera die Verfolgung auf. Der Türgriff, den sie einen Moment umklammerte, fühlte sich schlüpfrig an. Sie würde Semir rufen müssen, und zwar sofort, aber das Handy steckte irgendwo in ihrem Bademantel. Vera ging weiter. Im nächsten Raum roch es nach Eukalyptus. Auf einem niedrigen Tisch brannte eine flackernde Kerze. Die Arme ausgestreckt wie zum Schwimmen, schluckte Vera ihren eigenen Atem. Hinter ihr hörte sie

Weitere Kostenlose Bücher