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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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hatte.
    Dennoch hatte das kleine Video enorme Symbolkraft. Die Polizisten
waren die Bösen, die Chaoten die Guten, die verunglückte alte Damen retteten.
    Die ein halbes Menschenleben alten Ansichtskarten aus
Indien und Pakistan würden uns möglicherweise bald Gewissheit verschaffen,
erfuhr ich von Helena, während ich meinen Morgencappuccino schlürfte. Auf der
Rückseite einer der Briefmarken hatte das DNA-Labor in Stuttgart tatsächlich
einige Kettenmoleküle isolieren können, die von der Mundschleimhaut des
Menschen stammten, der die Marke vor Jahrzehnten abgeleckt hatte. Diese wenigen
Moleküle wurden nun so lange mithilfe eines komplizierten und leider auch
zeitaufwendigen Prozesses milliardenfach kopiert, bis genügend Material für die
Erstellung des genetischen Fingerabdrucks zur Verfügung stand. In drei bis vier
Tagen würden wir das Ergebnis erfahren.
    Auch Helena schien allmählich am Ende ihrer Kräfte zu sein. Sie
verhaspelte sich in jedem dritten Satz, verlor hin und wieder plötzlich den
Faden. Noch immer hatten wir kein Wort über die vermaledeite Nacht gewechselt,
in der wir uns zu nah gekommen waren. Wir mieden das Thema, und ich hatte den
Eindruck, dass sie mir aus dem Weg ging, wann immer es möglich war.
    Am Nachmittag stand überraschend und unangemeldet Madeleine
Herrmanns vor meiner Tür, die junge Frau, mit der ich am Tag zuvor telefoniert
hatte. Sie kam in Begleitung ihres Vaters, eines gütig wirkenden und
beeindruckend umfangreichen Rechtsanwalts aus Markgröningen. Die junge Frau mit
kastanienbraunen Locken war etwas kurz geraten, im Gegensatz zu ihrem behäbigen
Begleitschutz jedoch äußerst rege. Ihr von zahlreichen Piercings mehr
verunstaltetes als geschmücktes Gesicht war herzförmig, der Mund auch ohne
Lippenstift rot und voll, der Blick hellwach. Unten die üblichen Jeans und
zitronengelbe Segeltuchschühchen, oben ein dünner rosafarbener Pulli, unter dem
sich spitze Brüste abzeichneten. Selbst die Zungenspitze hatte sie sich
durchbohren und mit einer blauen Perle verzieren lassen, weshalb sie ein wenig
lispelte.
    Â»Ich hatt’s Ihnen ja versprochen«, sagte sie tapfer, nachdem wir uns
gesetzt hatten. »Ich hatt Ihnen ja versprochen, dass ich mich melde.«
    Â»Nicht jeder hält seine Versprechen«, erwiderte ich freundlich.
    Unbehaglich rutschte sie auf ihrem Stuhl herum.
    Â»Madeleine möchte eine Aussage zu Protokoll geben«, erklärte der
Vater förmlich. »Bringen wir es hinter uns.«
    Â»Es ist wegen diesem Anruf«, begann die Tochter stockend und mit
gesenktem Blick. »Es stimmt, dass ich in der Nacht angerufen worden bin. Aber
nicht von Adi.«
    Â»Wer war es dann?«
    Â»Jonas«, erwiderte sie, nachdem sie ein letztes Mal geschluckt
hatte.
    Ich war nicht mehr wirklich überrascht, als sie den Namen nannte.
    Â»Er hat sich Adis Handy ausgeliehen. Und sein Bike auch. Hat er
öfter gemacht.«
    Â»Was wollte er von Ihnen?«
    Â»Sich auskotzen. Der ist total alle gewesen. Was genau los war, hab
ich nicht aus ihm rausgekriegt. Nur, dass es verdammt ernst war.«
    Â»Und weshalb hat er ausgerechnet Sie angerufen?«
    Â»Ich hatte ihm schon mal Geld geliehen. Wir hatten uns in den Wochen
davor ein paar Mal getroffen. Auf Feten oder so. Ich hab ihn gemocht, weil er
einen nicht gleich angebaggert hat wie die anderen Typen.«
    Ich eröffnete ihr, dass Jonas Jakoby nicht mehr am Leben war. Sie
erblasste und sank in sich zusammen.
    Â»Wenn er sich nur bei Ihnen ausgeheult hätte, dann säßen Sie jetzt
nicht hier«, warf ich ein.
    Sie nickte.
    Â»Er hätte Mist gebaut, hat er gesagt«, fuhr sie leise fort. »Großen
Mist. Er müsste verschwinden, und er hätte überhaupt keine Kohle, und irgendein
Peter wär tot, und er wär voll in der Scheiße. Ich hab nicht alles verstanden,
ehrlich gesagt. Er ist total durcheinander gewesen. Und ich war müde und auch
ein bisschen … stoned. Na ja.«
    Â»Das hätten Sie mir alles auch am Telefon sagen können …«
    Â»Ich sollt ihm Geld leihen.« Ein schneller, besorgter Seitenblick
zum Vater, der mit würdiger Miene zuhörte. »Ich hatte ihm ein paar Wochen
früher schon mal einen Fuffi geliehen und nie zurückgekriegt. Jo hat so eine
Art gehabt, man konnt ihm schlecht was abschlagen. Ich jedenfalls. Ich konnt
ihm nichts abschlagen. Die meisten von seinen

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