Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
machten. Bei denen man nichts denken
musste und wenig schiefgehen konnte. Am Sonntagnachmittag hatte ich in
Begleitung meiner Töchter und eines großen Blumenstraußes Klara Vangelis im
Sankt-Elisabeth-Krankenhaus besucht, um den kleinen Konstantin zu besichtigen,
dessen Winzigkeit in krassem Gegensatz zum großen Vornamen stand. Ein Name zum
Hineinwachsen, sozusagen. Meine Töchter waren beim Anblick des Babys völlig
durchgedreht und hatten unverzüglich begonnen, Überlegungen zum Thema
Familienplanung anzustellen. Sarah wollte mindestens vier Kinder haben,
vielleicht auch fünf oder sechs, Louise fand zwei genug, wenn man die viele
Arbeit bedachte und den ganzen Ärger, den Kinder nun mal mit sich brachten.
    Meine sonst so toughe Erste Kriminalhauptkommissarin war ein wenig
blass und erschöpft gewesen. Die Geburt hatte sie mehr mitgenommen, als sie
sich eingestehen mochte. Abgesehen davon war sie so glücklich, wie es sich für
eine junge Mutter gehört. Ein klein wenig trauerte sie schon jetzt ihrer Arbeit
nach. Als wir uns nach einer halben Stunde verabschiedeten, waren die Zwillinge
zum Schluss gekommen, drei Kinder seien ideal. Zwei Töchter und ein Sohn für
Louise, zwei Söhne und ein Mädchen für Sarah. Was aktuell noch gesucht wurde,
waren die Väter dazu.
    Evalina Krauss räusperte sich ein letztes Mal. Es ging weiter.
    Â»Ich mach’s mal in der Reihenfolge, in der die Leute angerufen
haben. Der erste ist Versicherungsvertreter. Der joggt jeden Abend so gegen
acht, halb neun an dem Haus vorbei. Er sagt, seit ein paar Wochen sei es auf
einmal wieder bewohnt gewesen. Einmal hat er gesehen, wie Rauch aus dem Kamin
gekommen ist. Manchmal war innen Licht, aber nicht immer. Er hat sich nichts
groß dabei gedacht. Nur, dass da halt jetzt wieder wer wohnt.«
    Â»Hat er einen der Bewohner gesehen?«
    Â»Nein. Nie. Die nächste ist eine Frau, die auch regelmäßig durch die
Felder joggt. Die sagt im Großen und Ganzen das Gleiche wie der erste Zeuge.
Einmal hätte sie ein Fahrrad gesehen, das neben der Haustür lehnte. Und wie sie
später zurückgekommen ist, war das Fahrrad weg.«
    Sie blätterte um.
    Â»Der Dritte ist ein Rentner. Er ist fast achtzig und führt in den
Feldern regelmäßig seine drei Rottweiler aus. Der will an einem Fenster mal
einen Mann gesehen haben. So zwischen fünfzig und sechzig, meint er. Und das
Fahrrad ist ihm auch aufgefallen. Sogar zwei oder drei Mal. Er ist sich sicher,
dass es immer das gleiche Rad gewesen ist. Ein älteres Damenrad. Blau.«
    Â»Dasselbe«, warf Balke ein.
    Â»Was?«, fragte Krauss mit gerunzelter Stirn.
    Â»Dasselbe Rad, nicht das gleiche.«
    Ihre Miene verriet, dass die ungebetene Fortbildung in deutscher
Grammatik nicht willkommen war. Es wird bei Paaren oft vom verflixten siebten
Jahr gesprochen. Gab es auch einen verflixten siebten Monat?
    Â»Und dann ist da noch ein Jogger, ein junger Professor für alte
Geschichte, hier an der Uni. Der ist in meinen Augen der Interessanteste. Er
hat sich erst gestern Abend gemeldet und sagt, er hätte bei dem Haus mal einen
Mann gesehen, wie der grad um die Ecke gekommen ist. Er – also der Professor –
hat sich ein bisschen gewundert, warum der andere so erschrocken ist. Er hätte
gleich das Gesicht weggedreht und auch gar nicht gegrüßt.«
    Ich setzte mich aufrecht hin und nahm die Brille ab. »Was kann er
über diesen Mann sagen?«
    Â»Alter so zwischen fünfundfünfzig und fünfundsechzig«, las Krauss
aus ihren Notizen vor. »Statur eher schlank, eins fünfundsiebzig bis eins
fünfundachtzig groß. Gesicht hager, tief liegende Augen. Haare noch ziemlich
voll, aber schon ganz grau. Und der Typ hat einen dunkelblauen Jeansanzug
angehabt. Außerdem sagt der Zeuge, der Mann hätte leise was gerufen, nach
hinten, über die Schulter.«
    Â»Wie kann man denn leise rufen?«, fragte Balke grinsend.
    Â»Nerv nicht, Mann!«, fauchte Krauss, ohne den Kopf zu wenden. Sie
sammelte sich kurz und fuhr fort: »Jedenfalls, der Zeuge meint, da wäre
vermutlich noch wer hinter der Hausecke gewesen.«
    Â»Diese zweite Person hat er aber nicht gesehen?«
    Kollegin Kraus schüttelte den Kopf mit den aschblonden Fransen.
    Â»Alle sagen, das Haus hätte jahrelang leer gestanden, und erst seit
ein paar Wochen wäre da wieder manchmal Licht gewesen. Anscheinend haben

Weitere Kostenlose Bücher