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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Beginn des Essens
von einem Termin in Stuttgart per Hubschrauber einzufliegen.
    Beide Delegationen wohnten im Tagungshotel. Dies hatte den Vorteil,
dass Fahrten quer durch die Stadt und die damit verbundenen Behinderungen und
Absperrungen weitgehend entfallen würden. Eine der vielen Bedingungen, an die
Mister Henderson sein Erscheinen geknüpft hatte, war, dass der Innenpool des
Hotels jeden Morgen von fünf bis sechs Uhr für ihn reserviert war. Der Fuß- und
Radweg zwischen Hotel und Neckar musste selbstverständlich komplett gesperrt werden.
    Für jedes Teilstück der Fahrstrecke hatten die BKA-Leute zusammen
mit Sneiders Gruppe Alternativ- und Ausweichrouten ausgearbeitet, die nun
diskutiert und akzeptiert oder verworfen wurden. Längst schon war geklärt, wo
im fraglichen Zeitraum Baustellen den Autobahnverkehr behindern würden. Die
genauen Flug- und Fahrzeiten unterlagen höchster Geheimhaltung und wurden
selbst in diesem Kreis nicht verraten.
    Nun war ich an der Reihe. Auf einem Speicherstick hatte ich einige
Folien mitgebracht, auf der die zur Verfügung stehenden Kräfte der Heidelberger
Polizeidirektion aufgelistet waren. Ich vergaß nicht zu erwähnen, dass bei uns
für die heiße Woche selbstverständlich absolute Urlaubssperre galt, was die
enorme Wichtigkeit unterstrich, die wir den Wirtschaftsgesprächen sowie den
anreisenden Gästen beimaßen. Mein kurzer Vortrag wurde wohlwollend zur Kenntnis
genommen, und dann durfte ich mich wieder setzen.
    Die einhundertachtzehn Mitarbeiter, die mir als Liebekinds Vertreter
zurzeit unterstanden, reichten natürlich hinten und vorne nicht aus, um die
Sicherheit der Politiker zu gewährleisten. Deshalb würden fast tausend
zusätzliche Polizistinnen und Polizisten aus der näheren und weiteren Umgebung
in die Kurpfalz abgeordnet werden, einige Hundertschaften der Bereitschaftspolizei
eingerechnet, während sich weitere fünfhundert Kollegen mit gepackten Koffern
in Alarmbereitschaft hielten. Die Menschen, die von dem zu erwartenden Trubel
am wenigsten mitbekommen würden, waren vermutlich die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer der Wirtschaftsgespräche.
    Keith Sneider schwieg die meiste Zeit und hörte mit halb geschlossenen
Augen zu. Nur dass er hin und wieder an den richtigen Stellen nickte, deutete
darauf hin, dass er konzentriert zuhörte. Sein Nebenmann dagegen, ein junger,
athletisch gebauter Bursche, machte sich eifrig Notizen.
    Â»Neues von der Brandstelle«, verkündete Balke, als er nach
dem Mittagessen mein Büro betrat. Er nickte Helena Guballa freundlich zu und
setzte sich mir gegenüber. »Wie es aussieht, hat es eine zweite Explosion im
Inneren des Hauses gegeben. Die Spusi hat das Türschloss, das zu einem Schrank
gehört hat, ungefähr fünf Meter entfernt vom Möbelstück selbst gefunden.
Ziemlich verbeult und verbogen.«
    An seinem linken Ohr glitzerten die Silberringe in einem Lichtstrahl,
den die Mittagssonne durchs Fenster schickte.
    Meine neue Bürogenossin war beim Wort »Explosion« aufgesprungen.
»Weiß man schon, was da explodiert ist?«, fragte sie mit hochgezogenen Brauen.
    Â»Im Moment wissen wir leider noch so gut wie gar nichts«, erwiderte
mein Untergebener liebenswürdig. »Das Labor arbeitet mit Hochdruck daran. Falls
es Sprengstoff war, dann war es in jedem Fall viel zu wenig, um ernsthaften
Schaden anzurichten. Eine größere Menge hätte die Hütte vermutlich
weggepustet.«
    Balke strahlte sie an, als würde er nicht über eine Brandkatastrophe
mit zwei Todesopfern berichten, sondern von seinem schönsten
Wochenendvergnügen.
    Alter Charmeur.
    Sie lächelte zurück.
    Ich räusperte mich und wandte mich an meine Bürogenossin. »Sie
vermuten einen Zusammenhang zu dem angeblich drohenden Terroranschlag?«
    In dem Moment, als sie mich ansah, erlosch ihr Lächeln. »Vermutungen
anzustellen fällt nicht in mein Ressort.«
    Â»Jedenfalls ein romantisches Örtchen, um einen Bombenanschlag
vorzubereiten«, meinte Balke grinsend. »So mitten im Grünen unter Bäumen,
rundrum Wiesen und Wald …«
    Â»Terroristen sind oft romantisch veranlagt«, erwiderte Helena
Guballa ernst. »Weiß man inzwischen, ob eine Frau unter den Toten ist?«
    Â»Nein.« Balke rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. Es klang, als
hätte er es bei der morgendlichen Rasur eilig

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