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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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seiner Frau befriedigte. Seither war
unsere Beziehung leichter geworden, fröhlicher, vertrauter. Früher hatte es immer
ein Geheimnis gegeben zwischen uns, etwas Unausgesprochenes, das für Spannung
und Prickeln in der Luft sorgte, diese jedoch manchmal auch vergiftete. Obwohl
es jetzt eigentlich keinen Grund mehr gab für Heimlichtuerei, hatten wir aus
lieb gewonnener Gewohnheit an unseren beiden Abenden festgehalten. Hin und
wieder trafen wir uns jedoch auch außer der Reihe, was früher fast unmöglich
gewesen war.
    Aber noch war nicht Abend, noch war nicht einmal der Vormittag zu
Ende, und auf meinem Schreibtisch stapelte sich schon wieder der verhasste
Papierkram, für dessen unerschöpflichen Nachschub Sönnchen mit Unterstützung
irgendwelcher finsterer Mächte sorgte. Das Einfachste war wie immer die
Unterschriftenmappe. Aufklappen, unterschreiben, umblättern, unterschreiben,
umblättern, unterschreiben – bis nichts mehr kam.
    Als Nächstes befasste ich mich mit mehr oder weniger kunstvoll
formulierten Amtshilfeersuchen anderer Polizeidienststellen. Auch das war
leicht, da ich an den oberen Rand lediglich den Namen dessen schreiben musste,
der das Pech hatte, mir gerade einzufallen. Ziemlich oft traf es Rolf Runkel,
da er zu wichtigeren Tätigkeiten nicht gut zu gebrauchen war. Der war
allerdings zurzeit in Urlaub.
    Im Stapel folgte ein dicker, wichtig aussehender Brief vom Innenministerium.
Alle paar Tage kam dicke, wichtige Post vom Innenministerium mit irgendwelchen
geänderten Richtlinien, neuen, angeblich viel effizienteren Verwaltungsanweisungen.
Den hob ich mir für später auf. Schließlich eine Einladung zu einem Symposium
in Hamburg zum Thema Internetkriminalität. Nein, ich wollte dort keinen Vortrag
halten.
    In einem großen Umschlag steckte eine funkelnagelneue und vermutlich
sündteure Broschüre aus Stuttgart, die mit gewalttätigen Männern geplagten
Frauen Mut machen wollte, diese anzuzeigen. Ich schrieb auf das beiliegende
Bestellfax die Zahl Hundert und legte es zur Seite, damit Sönnchen es später
erledigen konnte. Nebenbei füllte sich allmählich mein Papierkorb.
    Als die Post erledigt war, kamen die E-Mails an die Reihe, diese
elfte biblische Plage, die erst mit einer Verzögerung von drei Jahrtausenden
über die Menschheit gekommen war. Neunmal hatte ich in einer spanischen
Lotterie gewonnen. Elf Damen machten mir offenherzige Angebote, die mit einem
Link versehen waren, den ich lieber nicht anklickte. Diverse promovierte
Menschen machten sich seit Neuestem ernste Sorgen um meine Potenz. Geschäftsleute
aus aller Welt baten mich dringend um meine Kontonummer, um irgendwie übrig
gebliebene Millionenbeträge in Sicherheit zu bringen, von denen ich dann als
Dank für meine großherzige Hilfe einen beträchtlichen Teil würde behalten
dürfen. Was am Ende übrig blieb, war neue Arbeit. Heute hatte ich Glück:
Nachdem der Spam gelöscht war, blieben lediglich drei Mails übrig, die überdies
durch Weiterleiten an irgendjemanden rasch erledigt waren.
    Gerade als mein Posteingang – was lange nicht mehr vorgekommen war –
für einige Sekunden vollkommen leer und jungfräulich war, meldete sich Balke
vom Brandort zurück.
    Â»Die Leichen sind auf dem Weg in die Gerichtsmedizin. Sie wollen
versuchen, aus den Oberschenkelknochen ein bisschen DNA zu isolieren. Bisher
kann man nicht mal sagen, ob es Männlein oder Weiblein waren.«
    Â»Wie weit ist die Spurensicherung?«
    Â»Die arbeiten noch. Viel gibt’s da ja nicht zu sichern. Falls es
außerhalb vom Haus Fußspuren gegeben hat, dann sind die von der Feuerwehr
vernichtet worden. Auf dem Grundstück haben sie tausend Sächelchen gefunden.
Zigarettenkippen, einen Kugelschreiber, ein paar Kassenbons. Aber bisher war
nichts dabei, was irgendwie interessant wäre. Der Sachverständige geht übrigens
inzwischen von Brandbeschleunigern aus.
    Â»Also möglicherweise Mord?«
    Â»Wenn, dann Doppelmord.« Balke wirkte niedergeschlagen. Sein Blick
war müde.
    Â»Die Geschichte setzt Ihnen zu?«, fragte ich.
    Er betrachtete seine Hände, an denen sich hie und da noch Rußspuren
befanden. »Man hat ja schon manches gesehen. Aber das da haut einem schon ein
bisschen die Füße weg.«
    Â»Was halten Sie davon, wenn wir zusammen essen gehen?«
    Â»Kein Hunger.« Er schüttelte den Kopf.

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