Die falsche Frau
gerade in finanziellen Turbulenzen
steckte, und wurde umbenannt in HBC, Henderson Building and Construction.
Weitere zwei Jahre später wurde die HBC zur Aktiengesellschaft, woraufhin Ron
Henderson im Alter von siebenundzwanzig Jahren mehrfacher Millionär und CEO
eines Unternehmens mit nahezu achttausend Mitarbeitern war. Zusammen mit der inzwischen
völlig in ihrer Religiosität versunkenen Mutter â der Vater war nach einem
zweiten Hirnschlag verstorben â und dem jüngsten Bruder Pete bezog Ron eine
standesgemäÃe Villa, die gewiss nicht zufällig unweit des weitläufigen Anwesens
der Bushs lag. Darüber, was aus den anderen beiden Geschwistern wurde, schwieg
sich das Internet aus.
George W. Bush war zu jener Zeit zum Chef der familieneigenen Bush
Exploration aufgestiegen, die ihr Geld im Erdölgeschäft verdiente. Anfang der
Achtzigerjahre kam die Firma ins Trudeln, da der Ãlpreis einbrach. Ron
Henderson schien bei der Rettung eine nicht unwesentliche Rolle gespielt zu
haben.
Als George W. Bush einige Jahre später Gouverneur von Texas wurde,
betrug der Börsenwert von HBC bereits zweieinhalb Milliarden Dollar, und das
Unternehmen war zum Global Player aufgestiegen. Einundfünfzig Prozent der
Aktien hielt Ron, fünfzehn Prozent Pete, weitere fünfzehn Prozent die Mutter,
der Rest war in Streubesitz. Dass sein Busenfreund George nun plötzlich in der
Politik Karriere machte, bescherte der HBC einen weiteren Wachstumsschub. Die
Zahl der öffentlichen Aufträge stieg drastisch an, und auch wenn irgendwo in
der Welt eine neue Erdölquelle erschlossen wurde, gab es immer reichlich Beton
zu verbauen. Anfang fünfundneunzig berief der frisch gebackene Gouverneur
seinen alten Freund Ron in seinen Beraterstab, und seither sah man ihn immer
häufiger auch öffentlich in Bushs Nähe.
Zweitausendeins wurde Bush mit der dünnstmöglichen Mehrheit â manche
behaupten bis heute, nur durch Wahlfälschung in Florida, dessen Gouverneur
damals praktischerweise sein Bruder Jeb war â zum Präsidenten der Vereinigten
Staaten von Amerika gewählt. Dass Ron Henderson einen beträchtlichen Teil des
Wahlkampfs finanziert hatte, war kein Geheimnis. Gut investiertes Geld, wie
sich in den folgenden Jahren zeigen sollte.
Die HBC wuchs und gedieh. Die Klatschpresse berichtete hin und
wieder von Alkoholexzessen Hendersons. Sein Lieblingsgetränk war angeblich
schottischer Single-Cask-Whisky.
Zweitausenddrei begann der zweite Irakkrieg, um dem Nahen Osten
endlich die Freiheit zu bringen, Bushs »Geschenk Gottes an die Menschheit«,
welches Millionen Tod, Not und Verzweiflung bescheren sollte. Henderson war
jetzt Stabschef im WeiÃen Haus und einer der engsten Ratgeber Bushs. Schon im
Vorfeld des Krieges war angeblich beschlossene Sache gewesen, dass die HBC
später den Löwenanteil der notwendigen Wiederaufbauarbeiten abwickeln würde.
Der Aktienwert des Unternehmens stieg in den drei Jahren nach Beginn des
Feldzugs gegen die Achse des Bösen auf über sieben Milliarden. Der Wert der â
allesamt nicht öffentlich ausgeschriebenen â Regierungsaufträge lag Gerüchten
zufolge bei über drei Milliarden, und die erzielte Umsatzrendite schätzten
fachkundige Lästermäuler auf mindestens fünfzig Prozent.
Zweitausendsieben überfuhr Henderson am helllichten Nachmittag eine
junge Mutter, die mit ihrem Kinderwagen eine ruhige VorstadtstraÃe Houstons
überquerte. Das Baby war sofort tot, die Mutter schwer verletzt und heute
querschnittsgelähmt. Alle Spatzen des Internets pfiffen von den virtuellen
Dächern, dass Henderson an jenem Nachmittag betrunken gewesen sei. Es kam zur
Anklage. Zwei Tage vor Beginn des Prozesses zog die Mutter plötzlich ihre
Aussagen zurück und behauptete, sich aufgrund des posttraumatischen Schocks an
nichts mehr erinnern zu können. Der einzige unbeteiligte Zeuge, ein
stadtbekannter Alkoholiker, war bereits in den Tagen nach dem Unfall auf
geheimnisvolle Weise verschwunden. Im Prozess selbst verhedderte sich die arme
Frau immer mehr in Widersprüche, wurde von Hendersons Anwälten zerpflückt und
gedemütigt. Dass der Kinderwagen von Hendersons Hummer gerammt wurde, lieà sich
natürlich beweisen. Dass er selbst am Steuer saÃ, nicht. Nach einem mehrtätigen
Prozess wurde Henderson vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Und
irgendwie verlief am
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