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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Kohleklumpen
herauspräparieren können.«
    Er grunzte noch etwas, was nach »Scheißjob« klang, und wünschte mir
gute Besserung.
    Â»Frau Guballa ist heut in Tübingen«, erfuhr ich von Sönnchen,
als sie mir irgendwann einen Becher dampfenden Kamillentee hinstellte. »Sie
besucht eine ehemalige Englischlehrerin ihrer Terroristin.«
    Â»Wenn’s ihr Spaß macht …«, sagte ich und nieste.
    Â»Morgen ist sie wieder da, soll ich Ihnen ausrichten.«
    Â»Morgen ist Samstag.«
    Sönnchen schnaufte. »Ich weiß überhaupt nicht, was Sie gegen die
Frau haben. Sie ist ruhig. Sie ist höflich.«
    Â»Nichts«, erwiderte ich und blätterte in irgendwelchen Papieren, um
ihr zu zeigen, wie viel ich zu tun hatte. »Wie kommen Sie darauf, dass ich was
gegen sie hätte?«
    Â»Hoffentlich sind Sie bald wieder gesund«, seufzte sie mit Blick zur
Decke. Als sie die Tür hinter sich schloss, meinte ich etwas wie »kranke Männer …« zu hören.

13
    Der Name der jungen Mutter war Swantje Börndorff, erfuhr
ich am frühen Nachmittag. Sie war Apothekenhelferin. Dieses Mal war das Glück
ausnahmsweise auf unserer Seite gewesen. Den Zug durch die Kindergärten hatten
die Ludwigshafener Kollegen sich sparen können, da eine Polizeiobermeisterin
die Frau auf den ersten Blick erkannt hatte. Die beiden waren Nachbarn.
    Â»Börndorff hier, ja?«, meldete sich eine fast noch kindliche Stimme
unter der Nummer, die Evalina Krauss mir gemailt hatte.
    Â»Es geht um eine Castor-Demonstration im letzten November«, begann
ich. »Eine Sitzblockade auf der Bahnstrecke zwischen Lauterbourg und Berg.«
    Â»Und was ist damit?«, fragte sie plötzlich zögernd. »Sie sind von
der Polizei, sagten Sie? Kriminalpolizei? Ich verstehe nicht …«
    Â»Es geht um jemanden, den Sie dort vielleicht kennengelernt haben.«
    Im Hintergrund hörte ich Kinderplappern. Ein Löffel klimperte zu
Boden. »Ich habe leider wenig Zeit. Mareike und ich müssen gleich zum
Mutter-und-Kind-Turnen.«
    Â»Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Sie haben bei der Blockade
neben einem älteren Mann gesessen. Er hatte einen Cowboyhut auf dem Kopf.«
    Das gab sie nach kurzem Überlegen zu.
    Â»Hat er Ihnen irgendwas über sich erzählt? Wo er herkommt? Wie er
heißt? Ob er allein dort war oder mit einer Gruppe?«
    Â»Weshalb wollen Sie das denn wissen?«
    Ich erklärte ihr in wenigen Worten den Grund für meine seltsamen
Fragen. Sie schwieg lange. Das Kind plapperte fröhlich, klopfte mit dem Löffel,
den die Mutter inzwischen offenbar aufgehoben hatte, auf etwas Hartes.
    Â»Ãœber das schreckliche Wetter haben wir gesprochen«, sagte die junge
Frau schließlich. »Und dass sie diese Transporte absichtlich im November
machen, weil es da ungemütlich ist und kalt und nicht so viele zu den Demos
kommen.«
    Im Hintergrund begleitete Mareike ihr Schlagzeugsolo inzwischen mit
Gesang: »Und meine Frau, die Wuliwisch, die schwimmt im Wasser wie ein Fisch.«
    Â»Ich habe gesagt, wie toll es ist, dass trotz des Regens doch so
viele gekommen sind«, fuhr Swantje Börndoff fort. »Und dass ich mir einen Tag
freigenommen habe und ganz schön fahren musste. Ich besitze kein Auto, und mit
der Bahn, das war ja eine halbe Weltreise, und am Ende musste ich mir sogar
noch eine Taxe nehmen. Und dass ich Mareike mitgenommen habe, weil ein Kind
nicht früh genug lernen kann, dass man Rechte hat, dass man sich wehren darf
und manchmal sogar muss. Da hat er gesagt, dass er es nicht so weit hatte. Und
sich auch nicht freinehmen musste.«
    Erneute Funkstille. Mareike war zum Summen übergegangen und gönnte
ihrem Schlagwerkzeug eine Pause.
    Â»Hat er auch gesagt, warum?«
    Â»Nein. Ich habe ihn aber so verstanden, dass er schon im Ruhestand
ist. Obwohl er so alt eigentlich gar nicht wirkte. Ich hatte die stille
Hoffnung, er würde mich später vielleicht zum nächsten Bahnhof mitnehmen. Ich
wusste überhaupt nicht, wie ich da wieder wegkommen sollte, mitten in der
Wildnis. Ein Handy habe ich nämlich auch nicht. Wegen Mareike, die Strahlen und
so. Aber er hat sich taub gestellt. Dabei war ich sicher, er war mit dem Wagen
da.«
    Mareike begann unüberhörbar, sich zu langweilen.
    Â»Sein Wagen …«, sagte die Mutter mit plötzlich veränderter Stimme.
»Damit war etwas. Ich komme

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