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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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»Wir hapen sie ja immer nur von
hinten kesehen.«
    Â»Um die dreißig, würd ich schätzen.« Herr Bach erntete einen zweiten
irritierten Blick. »Höchstens fünfunddreißig.«
    Â»Wie war sie angezogen?«
    Â»Immer sehr kurze Kleidchen. Immer sehr hohe Schuhe«, berichtete die
Frau.
    Â»Hohe Schuhe, ja«, bestätigte ihr Mann. »Und verdammt lange Beine.«
    Helena Guballa tippte weiter.
    Â»Sie ist immer zu Fuß gekommen?«
    Â»Möglich, dass sie irgendwo ein Auto stehen gehabt hat.«
    Â»Wir kehen mit den Hunten abends immer gegen zehn zum letzten Mal
raus«, erklärte die Frau streng. »Es sind große Hunte, und sie brauchen viel
Pewegung. Deshalb kehen wir meist ungefähr eine Stunde mit ihnen. Wenn wir die
Frau kesehen haben, dann immer auf dem Rückweg.«
    Â»Das heißt, sie ist immer erst gegen elf Uhr abends gekommen.«
    Würdiges Nicken.
    Â»Hatten Sie den Eindruck, dass es ihr unangenehm war, gesehen zu
werden?«
    Â»O ja«, erwiderte Herr Bach mit überraschender Lebhaftigkeit. »Den
Eindruck hatten wir allerdings. Drum sind wir ja hier.«
    Â»Und den Nachbarn von Herrn Prochnik ist die Frau nie aufgefallen?«
    Â»Nebuscheits kehen Punkt halp elf zu Pett. Immer.«
    Â»Aus dem Viertel ist sie jedenfalls nicht«, sagte Herr Bach bestimmt.
»Wir wohnen da jetzt seit achtunddreißig Jahren. Aus dem Viertel ist sie
nicht.«
    Â»Nun lass uns kehen, Jürken.« Frau Bach sprang mit für ihr Alter
verblüffender Behändigkeit auf. »Wir hapen unsere Pflicht getan.«
    Der Mann nickte erst mir, dann dem Rücken meiner Bürogenossin
freundlich zu und folgte seiner zügig ausschreitenden Frau mit gebeugtem
Rücken.
    Â»An der Börse hat er sein Geld nicht gemacht«, berichtete
Sven Balke bei einer improvisierten Fallbesprechung am Nachmittag. »Ich habe
den größten Teil der Unterlagen durchgeackert, die mir seine Bank geschickt
hat. Prochnik ist auch vor fünf Jahren schon Millionär gewesen. Zwischendurch
hat er hin und wieder ein bisschen an der Börse gezockt. Aber er hat kein
Talent gehabt. Deshalb hat er bald wieder damit aufgehört und seine Kohle
lieber in Bundesanleihen und Immobilienfonds angelegt. Das könnte vielleicht
seinen Hass auf die Amis erklären: Als die Immobilienblase in den Staaten
geplatzt ist, hat es ihn ziemlich übel erwischt.«
    Â»Aber was hätte ausgerechnet der Wirtschaftsminister damit zu tun?«
    Balke sah mich erstaunt an. »Sie wissen schon, dass Henderson bis
vor acht Monaten CEO der Henderson Building and Construction war?«
    Â»Natürlich weiß ich das.«
    Â»Der Typ hat sich am Boom vor dem großen Crash dumm und dämlich
verdient. Zigtausend Einfamilienhäuser hat seine Firma hochgezogen, billige
Kisten aus Holz und Pappe, und anschließend Leuten angedreht, die sie sich
nicht leisten konnten.«
    Â»Neuigkeiten wegen der Banküberfälle?«
    Mein Untergebener schüttelte den Kopf. »Die beiden waren ganz schön
clever. Das Einzige, was wir haben, sind ein paar unscharfe Videos in
Schwarzweiß.«
    Er fummelte an seinem Smartphone herum, und kurze Zeit später konnte
ich eines dieser Videos in Miniaturformat sehen. Es war in der Tat kaum etwas
zu erkennen, außer wie zwei vermummte Menschen durch eine Glastür stürmten, mit
Waffen herumfuchtelten, die Anwesenden zwangen, sich mit den Gesichtern nach
unten auf den Boden zu legen. Während der kleinere der beiden Räuber die am
Boden Liegenden in Schach hielt, bedrohte der größere das Personal, händigte
der weißhaarigen Kassiererin eine Plastiktragetasche aus, und eine Minute
später war der Spuk schon vorbei und das Filmchen zu Ende.
    Â»Die zwei waren definitiv keine Loser, die dringend Geld brauchten«,
meinte Balke. »Die wussten ganz genau, was sie taten. Zum Beispiel haben sie
nur Filialen ausgewählt, wo die Sicherheitseinrichtungen nicht auf dem neuesten
Stand waren.«
    Â»Für mich ist das die Handschrift der RAF«, mischte sich Kollegin
Guballa ein. »Nach diesem Muster haben sie sich damals mit Geld versorgt. Als
Verstecke haben sie oft Erddepots angelegt. Meist im Ausland. Für Geld, aber
auch für Waffen. Manche wurden später durch Zufall gefunden. Die meisten
vermutlich bis heute nicht.«
    Â»Wir haben keinen Beweis dafür, dass Prochnik tatsächlich mit der
RAF zu tun

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