Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
hörte ich in der
Ferne mit großem Tatütata die Feuerwehr ausrücken. Es waren mindestens fünf
oder sechs Fahrzeuge, die Sekunden später den Römerkreis umrundeten, sich in
Richtung Innenstadt entfernten und rasch leiser wurden. Sie waren noch nicht
außer Hörweite, als unten im Hof Rufe ertönten, Autotüren knallten, Motoren
aufheulten und die nächsten Martinshörner loslegten. Gleichzeitig hörte ich Sönnchen
telefonieren. Dann flog die Tür auf.
    Â»Ein Bombenanschlag!«, rief sie. »Mitten in der Innenstadt!«
    Minuten später war ich selbst am Ort der vermeintlichen Katastrophe.
Ein Pkw war explodiert, hatte ich während der rasenden Blaulichtfahrt erfahren,
in der Nähe des Neckarufers. Die schwarze Qualmwolke war bereits aus einigen
Hundert Metern Entfernung zu sehen gewesen.
    Es stank beißend nach verbranntem Kunststoff. Rund um den qualmenden
Wagen, der ins Heck eines braunen Paketwagens von UPS gekracht war, wimmelte es
von uniformierter Polizei und Feuerwehrmännern, die offensichtlich nichts zu
tun hatten. Inzwischen war die erste Aufregung schon ein wenig abgeflaut. Von
einem Bombenanschlag konnte keine Rede sein, erfuhr ich von einem gut gelaunten
Polizeihauptmeister, der sich über die Jahrzehnte im Dienst der Heidelberger
Sicherheit ein dickes Fell zugelegt hatte.
    Ein junger Oberstudienrat aus Wilhelmsfeld war mit seinem schon
etwas betagten, silbergrauen Hyundai auf dem Weg zurück ins heimische Dorf
gewesen, als ihm an der letzten Ampel vor der Theodor-Heuss-Brücke ein
merkwürdiger Geruch auffiel. Augenblicke später war schon Qualm unter der
Motorhaube hervorgequollen, er hatte in aller Hast nach einer
Abstellmöglichkeit für seinen vermutlich in Kürze explodierenden Wagen gesucht,
zunächst jedoch keine gefunden. So war er vor der Brücke geistesgegenwärtig
rechts abgebogen, aus dem einfachen Grund, weil dort gerade Grün war, und als
der Innenraum sich rapide mit Rauch füllte, hatte der armen Mann einfach mitten
auf der Fahrbahn gehalten und seinen Wagen fluchtartig verlassen.
    Dabei hatte er jedoch leider vergessen, die Handbremse zu ziehen.
Die Straße war ein wenig abschüssig, weshalb sich der inzwischen lichterloh
brennende Hyundai selbstständig gemacht hatte. Nach etwa fünfzig Metern war er
auf den in zweiter Reihe parkenden UPS-Wagen geprallt und hatte eine
eindrucksvolle Menge Rauch, Gestank und Panik erzeugt. Nicht weniger als sieben
Rettungswagen standen nutzlos herum, neun Streifenwagen und sechs Fahrzeuge der
Berufsfeuerwehr zählte ich. Der Brand war schon gelöscht, als ich ankam, der
Schaden an dem Lieferwagen gering, der Hyundai nicht mehr zu retten.
    Noch knapp drei Wochen bis zum Beginn der Wirtschaftsgespräche, und
schon jetzt lagen die Nerven blank.
    Â»Wo steckt sie denn heute?«, fragte ich, als ich mein Vorzimmer
wieder betrat.
    Â»In einem Dorf bei Chemnitz«, wusste meine unersetzliche Sekretärin
zu berichten. »Da wohnt eine ehemalige Freundin von der Terroristin. Sie bleibt
wahrscheinlich bis morgen, soll ich Ihnen ausrichten.«
    Am Nachmittag galt es wieder einmal, eine Sitzung zu überstehen.
Liebekind hatte sich erneut gedrückt. Er schien nicht vorzuhaben, mir diese
Plage abzunehmen. Heute ging es um die Technik, welche derzeit im Palace-Hilton
installiert wurde. Unmittelbar angrenzend an die Tagungsräume wurde zurzeit ein
Lage- und Befehlszentrum eingerichtet mit allem, was das Herz neugieriger
Polizisten höher schlagen lässt. Unzählige Monitore, Computer für alles und
jedes, Kommunikationstechnik vom Allerfeinsten, Überwachungskameras an jeder
möglichen und unmöglichen Ecke des Sicherheitsbereichs. Es gab keine Stelle,
wirklich keine, die nicht von mindestens zwei Kameras beäugt wurde für den
Fall, dass eine kaputtginge oder zerstört würde. Zwanzig zusätzliche
abhörsichere Telefonleitungen nach draußen, Glasfaserdatenleitungen, wer weiß,
wohin, Satellitenschüsseln auf dem Dach für die unverzichtbaren Standleitungen
nach Washington. In einem zweiten Raum im Erdgeschoss wurde ein veritabler
Operationsraum zur Erstversorgung eventuell Verletzter eingerichtet.
    Thema waren heute außerdem die Wege innerhalb des Hotels. Welche
Toiletten würden die amerikanischen Gäste benutzen? Wie würde Henderson
unbelästigt und möglichst auch ungesehen in den Tagungsraum gelangen und

Weitere Kostenlose Bücher