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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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gewesen, wissen Sie?« Aylin ließ mich
noch einmal ihr Lächeln sehen, mit dem sie ihrem Vater vermutlich problemlos
jeden Wutausbruch wegzauberte. »Drum sind wir noch mal zurück und wollten ein
bisschen lauschen.«
    Â»Wir wollten einfach wissen, was die da machen, und vor allem, wie
lange die dableiben wollten.«
    Â»Wir haben aber wieder nichts verstehen können. Sie haben gegessen.
Der Alte ein Steak mit Brot. Der Junge nur Brot. Mit Käse und Tomaten.«
    Â»Der wird Vegetarier gewesen sein.«
    Ich bat die beiden, kurz zu warten, und verließ den Raum.
    Â»Mögt ihr was trinken?«, hörte ich Kollegin Krauss aufgeräumt
fragen, als ich die Tür hinter mir schloss. »Eine Cola oder so?«
    An meinem Schreibtisch zurück, wählte ich die Nummer von René
Pretorius. Ich hatte Glück, der Privatdetektiv war in seinem Büro.
    Â»Peterchen?«, fragte er fröhlich. »Klar habe ich Fotos von unserem
Süßen. Muss ich nur rasch raussuchen. Dauert höchstens ein Sekündchen. Peter,
Peter, Peter … Ah, hier sind sie: Peter von Arnstedt. Mail ist unterwegs.«
    Meine Vermutung war richtig gewesen. Er führte nicht den Namen der
Mutter, sondern den des leiblichen Vaters. Von Arnstedt also. Als ich die
Treppe wieder hinabstieg, den aufgeklappten Laptop auf dem Arm, wusste ich
schon, was nun gleich kommen würde.
    Â»Das ist der Typ«, sagte Aylin ohne Zögern, als sie das erste Foto
sah. Inzwischen hielten unsere beiden verliebten Zeugen silberfarbene
Red-Bull-Dosen in der Hand.
    Â»Jepp«, bestätigte ihr Freund eifrig nickend. »Gar keine Frage.«

23
    Â»Tot«, murmelte Anna-Katharina Hagenow. »Also doch.«
    Dieses Mal fand unser Gespräch in ihrem großzügigen Haus im Westen
Sandhausens statt. Das Grundstück war weitläufig und wurde am nördlichen Ende
von einer hohen Buchsbaumhecke begrenzt. Das Haus war bauhausinspiriert und mit
sachlichem Geschmack eingerichtet. Viel Sichtbeton und Glas, viel mattes
Metall, wenig Behaglichkeit.
    Ich fühlte mich unendlich dumm und elend, als ich sagte: »Es tut mir
sehr leid.«
    Â»Verbrannt, sagen Sie? Hat er …« Ihr Blick irrte ziellos umher. »Hat
er Schmerzen gehabt, bevor er starb?«
    Â»Soweit ich weiß, nein. Wir gehen davon aus, dass er bewusstlos war,
als das Feuer ausbrach.« Ich schilderte in groben Zügen, was geschehen war,
ersparte ihr jedoch Einzelheiten. Als ich die Armbanduhr mit der Gravur erwähnte,
sah sie auf.
    Â»XvA bedeutet Xaver von Arnstedt«, sagte sie. »Peters Großvater. Er
hat seine Uhr an Peters Vater vererbt, und dieser hat sie später wenige Tage
vor seinem Tod feierlich seinem Sohn vermacht. Peter hat sie immer getragen. Er
hat diese Uhr geliebt. Jeden Tag hat er sie getragen.«
    Sie starrte auf ihre Hände, die wie schockgefrostet in ihrem Schoß
lagen. Über dem kleinen Sessel, auf dem sie saß, hing ein großformatiges
abstraktes Gemälde, das ich ungewöhnlich hässlich fand. Es duftete nach Blumen,
die nirgendwo zu entdecken waren.
    Â»Verstehen Sie, Peter hat seinen Vater … Er hat sie immer getragen,
diese Uhr. Einmal, da war er vielleicht vierzehn, sagte er zu mir, er werde die
Uhr eines Tages an seinen ältesten Sohn weitergeben.«
    Ich räusperte mich. Was nun kam, fiel mir fast noch schwerer als der
erste Teil.
    Â»Frau Hagenow, ich muss Ihnen diese Frage leider stellen: Halten Sie
es für möglich, dass Ihr Sohn an den Vorbereitungen eines Terroranschlags
beteiligt gewesen sein könnte?«
    Sie wirkte nicht im Geringsten überrascht. Mit schwimmenden Augen
sah sie mir ins Gesicht.
    Â»Ich hatte … Wir hatten schon so etwas befürchtet. Ja.«
    Â»Aber warum haben Sie …?«
    Â»Befürchtet heißt nicht vermutet. Ich hatte so gehofft, es sei nur
eine übertriebene Sorge meinerseits. Peter war in den letzten Monaten so …
radikal geworden in seinen Ansichten, so … völlig unzugänglich. Mit Burkhard,
nun ja, das war immer schon schwierig gewesen. Aber mit mir … Wir waren … Wir
hatten ein so gutes Verhältnis. Früher. Später, natürlich, da … Aber er war
doch immer noch mein Sohn. Es gab da etwas, was es nur zwischen einer Mutter
und ihrem Kind geben kann. Und dann … Ich denke, es begann etwa ein halbes Jahr
vor seinem Verschwinden, da ist dieses Band gerissen. Plötzlich … Er hat

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