Die falsche Tochter - Roman
Lächeln. Callie hatte schon erlebt, dass manche Männer dann zu hechelnden Hunden wurden, aber Dolan schien immun gegen ihren Charme zu sein.
»Was zum Teufel ist hier eigentlich los?« Anklagend richtete er den Finger auf ihre Brust, stach jedoch glücklicherweise nicht zu.
»Der Lokalsender hat mich um ein Interview gebeten, und ich versuche immer, kooperativ zu sein, Mr Dolan.« Lächelnd legte sie die Hand auf seinen Arm, als seien sie miteinander vertraut. »Sie sind ein glücklicher Mann. Weder die Archäologen noch die Anthropologen werden jemals Ihren Namen vergessen. Über Ihr Gelände werden noch die nächsten Generationen von Studenten an der Universität sprechen. Ich habe eine Kopie meines vorläufigen Berichts dabei.«
Sie streckte ihm eine Mappe entgegen. »Ich erkläre Ihnen
gerne alles, was Sie nicht verstehen. Manches ist Ihnen bestimmt zu wissenschaftlich. Hat sich schon ein Vertreter des National History Museum an der Smithsonian mit Ihnen in Verbindung gesetzt?«
»Was ?« Dolan starrte entgeistert auf den Bericht, als hielte Callie ihm eine lebende Schlange unter die Nase. »Was?«, wiederholte er.
»Ich wollte Ihnen nur die Hand schütteln« – sie ergriff Dolans Hand und drückte sie herzlich – »und Ihnen für Ihren Anteil an dieser unglaublichen Entdeckung danken.«
»Jetzt hören Sie mal zu …«
»Es wäre mir eine Freude, Sie, Ihre Frau und Ihre Familie bei der nächsten Gelegenheit zum Essen einzuladen.« Callie lächelte ihn erneut verführerisch an. »Allerdings werde ich leider in den nächsten Wochen äußerst beschäftigt sein. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich möchte gerne das Interview hinter mich bringen. Es macht mich immer ein wenig nervös, vor laufenden Kameras zu sprechen.« Sie legte die Hand auf ihr Herz und unterstrich diese Lüge mit einem atemlosen Lachen. »Falls Sie irgendwelche Fragen zu dem Bericht oder auch allgemeiner Natur haben, sprechen Sie mich oder Mr Greenbaum an. Ich werde nicht schwer zu finden sein, da ich ohnehin die meiste Zeit auf dem Gelände verbringen werde.«
Als Dolan gerade lospoltern wollte, drehte sich Callie auf dem Absatz um und trat auf das Fernsehteam zu, um sich vorzustellen.
»Gekonnt«, murmelte Lana, die die Szene beobachtet hatte. »Äußerst gekonnt.«
»Danke.« Callie hockte sich hin und musterte den kleinen Jungen. »Hi. Bist du der Reporter?«
»Nein.« Er kicherte, und seine moosgrünen Augen funkelten vor Freude. »Du kommst jetzt ins Fernsehen. Mommy hat gesagt, ich kann zugucken.«
»Tyler, das ist Dr. Dunbrook. Sie ist die Wissenschaftlerin, die ganz, ganz alte Sachen untersucht.«
»Knochen und so«, erklärte Tyler. »Wie Indiana Jones. Warum hast du nicht so eine Peitsche wie er?«
»Ich habe sie im Motel gelassen.«
»Ach so. Hast du schon mal einen Dinosaurier gesehen?« Callie vermutete, dass der Kleine einige Filme durcheinander brachte und zwinkerte ihm zu. »Ich habe ein paar Dinosaurierknochen. Aber das ist nicht meine Spezialität. Menschliche Knochen mag ich lieber.« Prüfend drückte sie seinen Arm. »Du hast bestimmt gute Knochen. Deine Mom bringt dich sicher mal mit, dann darfst du auch mal graben. Vielleicht findest du ja auch etwas.«
»Wirklich? Darf ich wirklich?« Vor Freude hüpfte Tyler auf und ab und zerrte an Lanas Hand. »Darf ich, Mom? Bitte!«
»Na klar, wenn Dr. Dunbrook es erlaubt. Das ist nett von Ihnen«, sagte Lana zu Callie.
»Ich mag Kinder«, erwiderte Callie und richtete sich auf. »Sie sind so unverdorben. Na, dann bringe ich es jetzt wohl mal besser hinter mich.« Sie fuhr Tyler mit der Hand durch die Haare. »Bis später, Ty-Rex.«
Suzanne Cullen probierte ein neues Kuchenrezept aus. Ihre Küche war für sie wissenschaftliches Labor und heimeliger Zufluchtsort zugleich. Vor langer Zeit hatte Suzanne einmal gebacken, weil sie es gerne tat und weil es zu den Pflichten einer Hausfrau gehörte. Und wenn ihr damals jemand vorgeschlagen hatte, doch eine eigene Bäckerei aufzumachen, hatte sie stets nur gelacht. Sie war Hausfrau und Mutter und hatte nie eine berufliche Karriere angestrebt.
Später hatte sie dann gebacken, um ihrem Schmerz, ihren Schuldgefühlen und Ängsten zu entfliehen. Sie verschanzte sich förmlich hinter ihren Kuchen und Keksen, und alles in allem war es eine effektivere Therapie als alle Sitzungen bei ihrem Therapeuten, alle Gebete und öffentlichen Auftritte. Und als schließlich ihre Ehe zerbrochen war, hatte Suzanne das
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