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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Themas für nicht mehr so sicher. Henning hatte kurz zuvor mit ihr telefoniert und las das Fazit der Ärztin von einem gelben Zettel ab. »Wenn sie irgendwo in Osteuropa auf dem Land aufgewachsen ist, von dort verschleppt und später befreit wurde, dann ist sie in dieser Hinsicht ungebildet. Auch wenn sie die Zwangsprostitution oder etwas Ähnliches erlebt hat, kennt sie es nicht als politisches Thema. Ein solches Erlebnis allerdings kann zu einer Traumatisierung führen, die man leicht mit Autismus verwechseln kann.«
    »Sie wusste auch nichts über Island«, fügte Sofi hinzu. »Sesselja hat doch von ihrem Interesse berichtet.«
    »Woher kann sie als rumänisches Landmädchen denn Reichsschwedisch?«, wollte Kjell wissen.
    Henning legte seinen Zettel auf den Tisch. »Wer Schwedisch als Fremdsprache lernt, lernt Reichsschwedisch.«
    Sofi griff nach dem Zettel und überflog Fridas Einschätzung noch einmal. »Zählt man alle Gespräche zusammen, die sie mit Sesselja und mit Saga geführt hat, dann hat sie nicht mehr als zehn Sätze gesagt. Die kann sie vorbereitet haben.«
    Als Nächste war Barbro an der Reihe. Dem Pressedienst war es nicht gelungen, den Roman ›Wohin man sich sehnt‹ in einem Buchgeschäft zu besorgen. Jemand hatte zum Großlager hinausfahren müssen. Weil deshalb die Zeit knapp wurde, hatte Barbro die Lektüre übernommen. Kjell war ein ausgesprochen langsamer Leser, Barbro sprach sogar von Lahmarschigkeit. Dabei las er im selben Tempo wie alle, die meist komplizierte Fachtexte lasen. Barbro hingegen flog in großer Geschwindigkeit über die Seiten. Wie es so noch Spaß machen sollte, konnte Kjell sich nicht vorstellen. Schließlich wollte man eine Romanszene nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern sie auch erleben. Einige seien eben auch beim Erleben lahmarschig, fand dagegen Barbro.
    »Der Roman bringt uns nicht viel Neues«, begann sie ihr Referat. »Er spielt in Söder und auf Långholmen in einer unbestimmten, aber ganz nahen Zukunft, wo Södermalm aufgrund mehrerer Legislaturperioden der Moderaten zu einem Slum verkommen ist. Der Staat ist privatisiert, auch die Polizei. In Söder gibt es eine Form der Zwangsprostitution, nur dass es keine entführten Russinnen mehr sind, sondern schwedische Mädchen aus der Unterschicht, zu der viele Schweden gehören. Es ist ein sehr poetisches Buch mit einer Liebesgeschichte, die sogar mich erschüttert hat.«
    »Hat sie Ähnlichkeit mit der von Aisakos und Hesperia?«, fragte Sofi.
    »Ein Mädchen aus der Oberklasse verliebt sich in ein Mädchen aus den Slums.«
    »Mädchen und Mädchen?«
    Barbro nickte. »Aber Oskar schließt es für Josefin aus.«
    »Wie kann er sich da sicher sein?«, fragte Sofi.
    »Sie ist nur wegen dieses Jungen nach Frankreich mitgefahren, von dem Rosenfeldt uns neulich erzählt hat. In ihn ist sie laut Oskar ein bisschen verliebt.«
    Clément hatten sie geprüft. Er wohnte gleich neben dem Haus der Rosenfeldts in Saint Malo. Rosenfeldt hatte angerufen, um zu erfahren, ob Clément irgendetwas von Josefin erfahren hatte. Das war aber nicht der Fall. Nur seine Mutter beschwerte sich, dass Clément seit Josefins Abreise gelangweilt in seinem Zimmer vegetierte.
    »Wie ich euch gesagt habe«, knurrte Henning. »Ihr solltet mit eurer Philologie aufhören.«
    »Na ja«, erwiderte Barbro. »Soll ich euch mal was Unheimliches erzählen? Ratet mal, wie das Buch heißt, das Ylva Karlsson vor diesem hier geschrieben hat.«
    Kjell überbrückte die von Barbro vorgegebene Ratezeit, indem er sich Kaffee nachschenkte. Sofi arbeitete an ihrem Lebensprojekt »Die längste Liste der Welt«, und Henning schielte auf die Sportergebnisse.
    »Es heißt ›Josefin, Horisontvägen 29‹.«
    Alle glotzten und schwiegen.
    »Im Ernst. Ich habe schon geschaut, ob es auf Sofis Leserliste jemanden gibt, der in diesem Haus wohnt. Das ist aber nicht der Fall.«
    »Wovon handelt das Buch?«
    »Ein junges Mädchen, viel jünger als die Figuren in unserem Drama hier, lebt mit seiner Mutter in diesem Haus und wird erwachsen. Dieses Buch hat noch weniger Bezüge, aber der Titel ist doch verwunderlich. Ich weiß auch nicht, wie man das deuten soll.«
    »Das ist doch klar«, meinte Sofi. »Nimm an, du wohnst im Horisontvägen. Wenn ein solches Buch erscheint, dann würdest du es doch lesen, oder? Wenn dir das Buch gefallen hat, dann willst du vielleicht auch das nächste von dieser Autorin lesen, auch wenn das nicht mehr in Skarpnäck spielt. Das ist aber schwer zu

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