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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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besser.«
    Bo nickte zufrieden. Gegen die Ducados war nichts zu sagen. Er drehte sich ein wenig zur Sonne und legte die Füße aufs Geländer.
    »Ja, ich habe letzte Woche Schluss gemacht. Das ist wie mit dem Frosch im Märchen. Du musst ihn küssen, ohne zu wissen, dass ein Prinz daraus wird, sonst funktioniert es nicht. So ist es auch mit dem Leben. Du musst Schluss machen, bevor etwas Neues in Sicht ist. Sonst machst du doch immer nur das Alte in neuem Gewand. Das habe ich letzte Woche begriffen und gekündigt.«
    »Du weißt also nicht, was du tun wirst.«
    Bo schüttelte grinsend den Kopf. Er hatte nicht die leiseste Ahnung. »Ich konnte einfach nicht mehr«, begann er.
    Bo Isaksson hatte zehn Jahre lang in einer von Schwedens führenden Werbeagenturen gearbeitet. Als vor fünf Jahren die große Kündigungswelle ausgebrochen war, hatte sie Bo zwar verschont, aber der verringerte Personalbestand hatte zu einer Umverteilung der Aufgaben geführt.
    »Ich habe das lange nicht gemerkt. Damals war ich noch verheiratet und froh, den Job zu haben. Von Projekt zu Projekt fiel immer mehr von der Druckvorstufe in meine Hände. In den letzten drei Jahren habe ich nur noch Layoutdateien für die Druckerei vorbereitet und dabei keine Nacht mehr schlafen können.«
    Henning wollte wissen, was es damit auf sich hatte. Bo erzählte, dass er dafür verantwortlich gewesen war, dass das Blau, das Gott dem achtundzwanzigjährigen Artdirektor für die Präsentation des neuen Mobiltelefons eingegeben hatte, auf Plakaten und in Anzeigen genau so aussah wie im Kopf des Artdirektors. Anscheinend war das sehr kompliziert. Bo berichtete, dass man keine Nacht mehr ruhig schlafen konnte, wenn irgendwo in Osteuropa ein Drucketat von einer halben Million durch die Pressen lief. Henning wusste nicht, ob Color-Management wirklich komplizierter und nervenaufreibender als Gehirnchirurgie und Quantenmechanik war, aber Bo war in Worten und Gesten sehr mitreißend.
    Sie rauchten jeder noch zwei von den Ducados. Dann wurde Henning dienstlich. Zuerst ging er mit Bo noch einmal die Minuten durch, als er unter der Dusche gestanden hatte. Da wusste man nie, ob sich nicht doch eine Kluft auftat, wenn man alles noch einmal nachprüfte.
    »Hier habe ich ein Bild.«
    Bo nahm den Ausdruck und hielt ihn interessiert in die Luft. »Ist das eine Phantomzeichnung?«
    »Etwas Ähnliches.«
    Es war eine Röntgen-Extrapolation des Toten aus dem Park. Anhand der Röntgenaufnahmen hatte der Computer berechnet, wie der Schädel vor dem Aufprall ausgesehen haben musste. Über dieses Gerüst wurden dann Fotos der Leiche gelegt. Der Computer passte diese Fotos in Form und Farbe an. Er ließ das Blut wieder durch die Kapillargefäße fließen und gab dem Toten auf dem Bild die Gesichtsfarbe, die er zu Lebzeiten gehabt hatte.
    Bo betrachtete den südeuropäisch wirkenden Mann. Henning bedauerte, dass der Tote unter der Folie völlig entkleidet gewesen war. So war es nicht möglich, näher einzugrenzen, ob der Mann aus einem südlichen Land hierhergeflogen war oder hier lebte und schwedische Kleidung trug.
    Bo legte das Bild kopfschüttelnd auf den Tisch. »Aber ich habe einen anderen gesehen, der so ähnlich aussah. In den Tagen davor habe ich ihn zweimal in der Nähe des Hauses gesehen. Er hatte auch so stark zusammengewachsene Augenbrauen.«
    »Ich schicke dir einen Zeichner her. Aber das kann Zufall sein.«
    »War das der Mörder?«
    Henning entschied sich für die Wahrheit, während er weitere Fotos auspackte. »Das hier ist die Tote, auch eine RE-Aufnahme. Und das hier ist die Bewohnerin.«
    Bo kannte sie beide, jedoch nur vom Sehen im Treppenhaus.
    Wie in den Protokollen der früheren Befragungen zu lesen war, hatte Bo die Tote erst vor Kurzem zum ersten Mal gesehen. Josefin kannte er schon länger, war ihr aber schon seit einiger Zeit nicht mehr begegnet. Alles stimmte mit dem Szenario überein.
    »Und den hier?«
    Ein Blick genügte. Bo nickte. »Den habe ich öfter gesehen, von Anfang an. Er hat immer gegrüßt.«
    Es war ein Bild von Josefins Bruder Oskar. »Wann war er denn zum letzten Mal da?«
    Bo ging seine Erinnerung durch und kam auf denselben Zeitpunkt vor etwa drei Wochen. Bo war Oskar im Treppenhaus begegnet.
    »Hast du da den Vater erkannt?«
    »Den Vater?«
    »Ja, das hier ist der Bruder. Er war an dem Abend zusammen mit dem Vater da. Die drei waren zusammen beim Essen.«
    »Er war definitiv allein.«
    »Nach dem Protokoll kam er dir auf dem Weg zum Lift

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