Die Falschmünzer vom Mäuseweg
lesen«, sagte er: »Meine Freunde haben einen Briefträger überfallen.
Eigentlich ne Sache ohne Sinn und Verstand; und ich dachte, mein Schwein
pfeift, als ich davon erfuhr — aber sie haben es halt gemacht, weil mit dem noch
ne Rechnung zu begleichen war.«
Kowalske erzählte.
Göbel nickte anerkennend und
meinte, das sei ‘n Ding!
Marker, der Nussknacker, mahlte
brummend mit den Zähnen, schliff die Kauflächen aufeinander, dass man denken konnte,
er knacke tatsächlich Nüsse. Im Übrigen blieb sein Gesicht so ausdruckslos, als
hätte er überhaupt nicht zugehört.
Echt, der als Graveur die
Druckplatten für unechte Banknoten stach, hatte runde Augen vor Entsetzen.
»Aber...«, flüsterte er, »war
das denn nötig, den Briefträger so derb zu schlagen?«
»Mich hat er auch geschlagen«,
sagte Rotschopf Plasch. Er hatte sein Schnapsglas schon geleert und schielte
nach der Flasche. »Und das nur, weil ich von seiner blöden Chaussee-Wanze die
Antenne abknicken wollte.«
Echts Miene verriet, dass er
das als Argument nicht gelten ließ, andererseits nicht streiten wollte. Er
sagte deshalb gar nichts mehr, sondern leckte an seinem Eierlikör.
Kowalske fragte, ob man nicht
Bruderschaft trinken wolle; denn wenn man »auf du« wäre, spräche sich’s besser.
Niemand hatte was einzuwenden.
Abermals wurden die Gläser gefüllt. Man stieß an miteinander und fortan duzten
sie sich.
»Da wir euch nun auf dem Hals
haben«, Göbel strich über sein Schnurrbärtchen, »müssen wir das Beste daraus
machen. Du sagtest, Kowalske, du hättest einen Plan, wie wir unsere Lappen in
echtes Geld verwandeln könnten.«
»Habe ich.«
»Dann lass hören, Junge.«
»Es hängt von der Qualität der
Blüten ab. Wie wäre es, wenn wir die erst mal besichtigen?«
»Von mir aus.« Göbel zuckte die
Achseln. Er vermutete, dass Kowalske nur einen Vorwand suchte, um die
Fälscherwerkstatt zu beäugen. Denn die falschen Hunderter — das hatte sogar die
Presse veröffentlicht — waren vorzüglich gemacht.
»Na schön«, meinte er. »Gehen
wir in den Keller.«
Alle folgten ihm — mit Ausnahme
von Marker.
Der setzte sich an den Kamin,
schob grimmig die Kinnlade vor und rieb die Knöchel seiner rechten Faust. In
Gedanken schien er sich mit jemandem zu beschäftigen, dem er diese Faust mit
höchster Wucht auf die Nase setzen wollte.
Göbel und Echt gingen voran.
Eine steile Treppe führte
hinab. Dicke, weiß gekalkte Mauern trugen die Villa.
»Um Gottes willen!«, kreischte
Florentine Huber. Scheinbar versehentlich drängte sie sich an Detlef Göbel.
»Was hast du denn?«, fragte er.
»Eine Spinne. Dort, an der
Wand! Eine fette Spinne.«
»Na und? Das ist Emilie, unser
einziges Haustier. Sie überwintert in der Ecke und ab und zu verlässt sie ihr
Netz.«
»Ich mag Spinnen nicht«,
behauptete Florentine. Vorsichtig rückte sie von Göbel ab, weil es aussah, als
wollte sie ihm unter die Jacke kriechen.
Aber Bruchdrexl, der von sich
behaupten konnte, ihr Macker (Freund) zu sein, verdarb ihr das
affektierte Getue.
»Seit wann denn das, Flori? Du
— und vor Spinnen Angst? Sonst spießt du doch die fettesten Viecher mit der
Stecknadel auf.«
»Ach, halt den Sabbel!«, fuhr
sie ihn an.
Aber niemand begriff, weshalb
sie so erbost war.
Eine schwere Stahltür war
verschlossen.
Echt hatte den Schlüssel.
Aus der Dunkelheit schlug ihnen
ein Geruchsgemisch aus Maschinenöl, Papier und Farbe entgegen.
Echt machte Licht. Leuchtröhren
unter der Decke flammten auf.
»Unsere Schatzkammer«, lächelte
der verhinderte Künstler. »Nicht Gold und Edelsteine, sondern selbst gemachte Banknoten.
Ich sage ja immer: Selber gemacht — macht doppelten Spaß. Und nur was man sich
im Schweiße seines Angesichts«, er wischte über seine rosige Stirn, »verdient,
kann man guten Gewissens annehmen.«
»Hähäh!«, lachte Kowalske. »Dir
sitzt wohl immer der Kobold im Nacken und ein Scherz auf der Lippe?«
Staunend beguckten die
Handtaschenräuber, womit das große Kellergewölbe eingerichtet war.
Mehrere kompliziert aussehende
Maschinen, an denen Stahl und Chrom blitzten, standen hier.
Kartons mit dem wertvollen —
beinahe echten — Papier waren gestapelt.
Vor den beiden Kellerfenstern
hingen dicke Wolldecken, um keine verräterischen Geräusche hinauszulassen.
»Das hier«, Göbel zeigte auf
die größte Maschine, »ist unsere Kleinoffsetmaschine. Mit ihr drucken wir die Blüten.
Dort an dem Schneidetisch werden dann die Scheine auf
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