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Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Titel: Die Falschmünzer vom Mäuseweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Nachttisch — hahahah! — liegt nachts der andere Schlüssel. Beide
werden wir uns holen. Beide Geldverwalter — Hehne und die Göttling — werden wir
kidnappen. Nur für die Dauer des Coups bleiben sie in unserer Gewalt. Mit
verbundenen Augen werden wir sie hierher bringen, gefesselt natürlich. Einer
von uns bewacht sie. Währenddessen spazieren wir in die Bank. Im Tresor nehmen
wir uns eine Million. Das Geld ist — wie immer bei Banken — gebündelt.
Papierbanderolen mit dem Aufdruck der Bank halten die Scheine zusammen. Die
Banderolen streifen wir ab. Und füllen sie mit unseren Blüten. Wir schichten
das vermeintliche Geld hin, wie es war, kommen hierher zurück und erklären
unseren Gefangenen, in letzter Minute hätte sich unser Gewissen gemeldet. Der
Gedanke, im Zuchthaus zu landen, sei doch so abschreckend, dass wir auf unser
Vorhaben verzichtet hätten. Nicht mal drin gewesen wären wir in der Bank. Dann
stecken wir ihnen die Schlüssel in die Tasche. Wir fahren sie irgendwohin,
immer noch gefesselt und mit verbundenen Augen, und setzen sie aus. Was für ein
Kuckucksei wir ihnen ins Nest gelegt haben, merken die gar nicht. Oder erst
nach Wochen! Und weil ja angeblich kein Schaden entstanden ist, reißt sich die
Polizei unseretwegen kein Bein aus. Die werden nach uns suchen wie nach einem
entlaufenen Schoßhund — und kein bisschen heftiger.«
    Sekundenlang schwiegen alle.

    Die Handtaschenräuber, die den
Plan bereits kannten, verständigten sich mit Blicken und fanden, Kowalskes
Ausführungen hätten sehr überzeugend geklungen.
    Markers Augen funkelten. Echt,
der verhinderte Künstler, hatte staunend zugehört.
    Göbel schob seine kurze
Oberlippe bis zum Zahnfleisch empor. Der Schnurrbart kräuselte sich. Ein Hauch
rosiger Vorfreude überzog das Gesicht.
    »Genial, Kowalske! Genial!«
    »Also einverstanden?«
    »Mensch, da fragst du! Dem
Zufall sei Dank, der euch unseren Brief zugespielt hat.«
    Kowalske grinste. »Dann ist ja
alles in Butter. Das heißt, aus organisatorischen Gründen hätte ich eine Bitte
an euch. Wir fünf hausen in einer ziemlich scheußlichen Bude. Die Nachbarn
sehen uns scheel an. Luftveränderung erscheint mir dringend erforderlich für
uns. Wir wohnen nämlich schwarz — ohne behördliche Anmeldung, sozusagen auf
Besuch bei nem Kumpel. Deshalb können wir morgen schon Ärger kriegen. Wenn es
euch recht ist, belegen wir hier eure leer stehenden Räume. Meinetwegen gegen
Miete. Außerdem — wenn jeder für jeden schnell erreichbar ist, kommt das uns
allen zugute.«
    »Selbstverständlich!«, sagte
Göbel. »Aber das von der Miete will ich nicht gehört haben. Für jeden ist ein
Zimmer da. Lind vertragen werden wir uns bestimmt.«
    »Dann ziehen wir heute noch
ein.« Kowalske rieb sich die Hände. Zu seinen vier Ledertypen sagte er: »Die
Krokotasche gestern — das war unser letzter Handtaschenraub. Damit ist Schluss.
Mit solchem Kleinkram geben wir uns jetzt nicht mehr ab. Wie man Banknoten
herstellt und in echte verwandelt, das wird in Zukunft unser Job sein. Und
einen besseren Schlupfwinkel als hier am Mäuseweg — mit unseren neuen Freunden
Göbel, Marker und Echt — also, einen besseren Schlupfwinkel können wir uns
wirklich nicht wünschen.«
    Darauf stießen sie mit ihren
Schnapsgläsern an.

11. Zu spät um eine Nasenlänge
     
    »Aber spätestens Viertel vor
neun seid ihr zurück!«, verfügte der EvD, der Erzieher vom Dienst.
    Tarzan nickte.
    Wer zur Mittelstufe gehörte und
abends Ausgang erhielt, musste um Viertel vor neun zurück sein — das war so
selbstverständlich, dass man es gar nicht mehr aussprechen brauchte.
    Aber Dr. Plümmer sagte häufig
Dinge, die alle schon wussten. Und er sagte sie zweimal und dreimal, als wäre
er von Trotteln umgeben, die nie was kapieren.
    Klößchen stand dabei und hatte
ein schiefes Gesicht. Es sah ein bisschen nach geschwollener Backe aus, aber
mit seinen Zähnen war trotz enormer Nascherei alles in Ordnung, noch
jedenfalls.
    Was sein Gesicht so verformte,
war ein mächtiger Brocken Schokolade, den er sich eben in die Backe geschoben
hatte. Nur langsam löste sich die Schokolade auf.
    Minuten später saßen beide auf
den Rädern und fuhren durch den pechschwarzen Winterabend zur Stadt.
    Stille umgab sie. Der frisch
gefallene Schnee dämpfte alle Geräusche. Selbst das Gekrächze der Raben klang,
als hätte man ihnen die Schnäbel zugebunden.
    Beide freuten sich auf das
Basteln bei Gaby. Klößchens Weihnachtssterne sahen

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