Die Falschmünzer vom Mäuseweg
griff zum nächsten Karteiblatt.
Um die Durchsicht zu
beschleunigen, hatte Herr Glockner das Material in zwei Stapel geteilt.
Karl und Klößchen sahen den einen
durch, Gaby und Tarzan den anderen.
Viele Gesichter blickten ihnen
von den Fotos entgegen: Altejunge, verschlagene, brutale, scheinbar harmlose,
treuherzig dumme, tückische... Sogar zwei Frauen waren dabei.
Sie hätten für die Verbreitung
von Falschgeld gesorgt, erklärte Herr Glockner.
»Das ist er!«, rief Karl.
»Wir haben ihn!«, fiel Klößchen
in den Jubelruf ein.
Sie schwenkten ein Karteiblatt.
Jeder hielt es an einer Ecke — fast, dass sie’s durchgerissen hätten.
Gaby und Tarzan sahen sich das
Nussknackergesicht an. Es wirkte etwas jünger als in natura, war aber
zweifellos der Gesuchte.
»Ferdinand Marker, 48 Jahre
alt, zweimal vorbestraft, gewalttätig«, las Herr Glockner den stichwortartigen
Steckbrief vom Karteiblatt ab. »Kinder, hier steht auch, Marker wurde erst vor
vier Monaten aus zweijähriger Haft entlassen. Er ist sofort untergetaucht, sein
derzeitiger Aufenthalt unbekannt. Von der Technik des Geldfälschens versteht er
im Grunde nicht viel. Aber er hat Verbindungen zu Unterweltskreisen im Ausland,
kann das Papier beschaffen — und die Maschinen. Na, was sagt ihr nun! Euer
Einsatz lohnt sich bereits. Jetzt wissen wir, nach wem wir fahnden müssen.«
Als die TKKG-Bande eine
Viertelstunde später das Polizei-Präsidium verließ, fielen dicke Schneeflocken
vom Himmel.
Für Tarzan und Klößchen war es
an der Zeit, ins Internat zurückzufahren, wo bald die Arbeitsstunde begann,
während der die Hausaufgaben unter Aufsicht erledigt wurden.
Doch keinem kam in den Sinn,
damit den Tag ausklingen zu lassen.
»Es wäre doch toll«, schlug
Gaby vor, »wenn ihr um sieben heute Abend zu mir kämt. Wir basteln
Weihnachtssterne und probieren den Stollen, den meine Mami gebacken hat.«
»Das brauchst du nicht zweimal
sagen«, freute sich Klößchen. »Für mich bitte ein dickes Stück.«
Tarzan und Karl stimmten dem
Vorschlag mit der gleichen Begeisterung zu.
10. Das Hauptquartier am
Mäuseweg
Kowalske saß am Lenkrad,
Bruchdrexl neben ihm. Plasch, Zoppig und Florentine Huber quetschten sich in
den Fond der unauffälligen Limousine. Sie gehörte dem Boss und trug schon acht
Jahre auf ihrem Blechbuckel. Beim TÜV im Oktober schlug sicherlich ihr letztes
Stündchen, aber Kowalske hatte sich geschworen, die Rostlaube bis zum bitteren Ende
zu fahren — denn damit fiel er nicht auf.
Die Luft schien zu knistern —
so gespannt fühlten sich alle, und Kowalske rückte schon zum fünften Mal an
seiner blonden Lockenperücke.
Der Wagen rollte am GLORIA-Kino
vorbei, bog dann in den Mäuseweg ein.
»Hier ist Nummer 63«, sagte
Florentine. »Die Straße fängt auf der anderen Seite an.«
Langsam fuhren sie an den
Grundstücken vorbei. Schneeflocken wirbelten über weitläufige Gärten. Kahle
Bäume reckten ihre schwarzen Äste. An einer kleinen Edeltanne auf der Terrasse
eines Bungalows flammten eben die elektrischen Kerzen auf.
Die meisten Häuser am Mäuseweg
hatte man erbaut, als Grund und Boden noch nicht so knapp waren. Großzügige
Abmessungen prägten die Gegend.
»Das war Nr. 29«, sagte Plasch.
»Das nächste ist es.«
Es war eine alte, dreistöckige
Villa. Mindestens fünfzig Meter stand sie von der Straße entfernt. Ein
schadhafter Lattenzaun begrenzte den parkgroßen Garten. Einige dürre Büsche
bogen sich traurig unter der Schneelast. Die breite Einfahrt hatte wohl mal ein
Gartentor besessen, aber das existierte nicht mehr. Fahrzeugspuren führten zu
der Garage neben dem Haus.
»Seht ihr wen?«, fragte
Kowalske. Wegen seines Augenfehlers und der beschlagenen Seitenscheibe rechts,
mangelte es ihm an Übersicht.
»Nee«, sagte Zoppig. »Aber im
Parterre brennt Licht. Hinter Vorhängen. Sicherlich freuen die sich halbtot,
dass wir kommen, und füllen schon die Gläser.«
»Aber mit Gift«, meinte
Bruchdrexl, der in der linken Hosentasche ein Springmesser hatte und in der
rechten einen Schlagring.
Er konnte Kowalskes Optimismus
nicht teilen und wollte vorbereitet sein — falls ihnen die Geldfälscher einen
heißen Empfang bereiteten.
Aber der Boss knurrte:
»Blödsinn! Die werden begeistert sein! Von meinem Plan, meine ich. Auf einen
Schlag tauschen wir damit die Blüten um — und sind alle fein raus.«
Er hielt, parkte so dicht am
Zaun, dass Bruchdrexl kaum aussteigen konnte. Die andern kletterten links aus
dem
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